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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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emanzipiert ist. Daß sie sich auch oft für das entscheidet, worauf sie Bock hat.
    Worauf ich Bock habe, weiß ich. Ich will lieb zu Arne sein. Daß Emanzipation was anderes ist, ist mir bewußt. Ich entscheide mich für meinen Bock.
    Als Arne das nächste Mal bei mir schläft, traue ich mich, ihn morgens ganz lange zu streicheln. Ganz lange. Und ganz lieb. Arne rührt sich nicht. Arne schafft es, die ganze Zeit unbeweglich wie ein Sack Kohlen neben mir zu liegen. |

    wenn
    meine hände
    deine sanfte
    unbewegliche haut streicheln

    dann
    wünsche ich mir
    nichts mehr
    als daß nur ein kleiner teil
    meiner zärtlichkeit
    deine poren durchdringt
    und nicht

    am metall zersplittert,
    prinz eisenherz

    Als Arne geht, verabreden wir uns für Sonntag. «Ich komm dann aber ’n bißchen früher. Dann können wir mal wieder spazierengehen.»
    «Was heißt denn ’n bißchen früher?» frage ich.
    «So gegen zehn, halb elf», meint Arne, «ich ruf dich aber noch vorher an.»
    Ich freue mich auf Sonntag. Komme ich endlich doch noch zu meinem Spaziergang mit Arne. Ich will nach Aumühle. Im bunten Herbstlaub spazierengehen. Am Sonnabend kaufe ich noch Leber, weil er auch bei mir essen wollte am Sonntag. Können wir mal wieder zusammen kochen. Toll.
    Am Sonntag so gegen neun denk ich: ab jetzt könnte er anrufen, wenn er zehn, halb elf kommen wollte und sagt: ich ruf noch vorher an. So gegen zehn denk ich, ist ja ’n bißchen spät zum Anrufen, wenn er halb elf hier sein will. Ab halb elf denk ich, na ja. Er ruft vielleicht nicht mehr vorher an, sondern kommt gleich so her. So ab zwölf werden meine Versuche, mich mit trickreichen Gedankenkonstruktionen zu beruhigen, erfolgloser. Ich kann meine Zweifel, ob er überhaupt noch so rechtzeitig kommt, daß wir spazierengehen können, nicht mehr vor mir selber verstecken.
    Ich brate mir die Hälfte der Leber. Ärgere mich, daß ich extra was zum Mittagessen für ihn mit kaufe und er dann nicht kommt. Würge mir die Leber runter, weil ich Hunger habe. Schmecken tut es mir nicht besonders. Ich habe überhaupt keinen Appetit. Hatte mich auf das Essen mit ihm gefreut. So gegen ein Uhr nachmittags bin ich mir sicher, daß wir nicht mehr zum Spazierengehen kommen. Um vier wird es dunkel sein. Ist das Telefon kaputt? Nein. Es ist so heil wie immer. Er ruft nicht an. Deshalb klingelt es nicht.
    Irgendwann rufe ich dann bei Brigitte an, weil das die einzige Telefonnummer ist, die ich von Arne habe. Bei den anderen meldet sich im Moment keiner. Brigitte meldet sich. Ich kenne Brigitte nicht. Habe sie noch nie gesehen. Ich frage sie, ob sie mir sagen könne, wo Arne ist. Nee. Das weiß sie auch nicht. «Aber er wollte heute nachmittag um fünf herkommen», sagt sie.

    Das ist ja nicht wahr. Das ist einfach nicht wahr. Der ist heute mit mir verabredet und kommt nicht nur nicht, sondern sagt sich auch noch für fünf Uhr woanders an.
    «Wann hat er das denn mit dir abgemacht?» frage ich. In der Hoffnung, daß das war, bevor er sich mit mir verabredet hat.
    «Das hat er gestern gesagt», meint sie.
    «Ja, danke», sage ich und lege auf.

    Dieser Scheißkerl. Obwohl er mit mir verabredet war, sagt er gestern zu Brigitte, daß er heute um fünf «bei ihr vorbeikommt». In einer etwas unverbindlichen Formulierung zwar. Aber jedenfalls sagt er das. Obwohl er zu dem Zeitpunkt schon eine Verabredung mit mir hatte. Das gibt es doch nicht! Wozu hab ich das eigentlich mit ihm diskutiert? Wenn er mich jetzt doch wieder stundenlang sitzen und warten läßt. Schwein!
    Als ich das zweite Mal bei Brigitte anrufe, ob sie in der Zwischenzeit was von Arne gehört hat, frage ich sie, ob sie einen Augenblick Zeit hat. Ich möchte etwas länger mit ihr telefonieren. Ich kenne Brigitte nicht. Ich habe sie noch nie gesehen. Weiß nur, daß sie in Arnes BI ist und ihn in ihrer Wohnung hat wohnen lassen, während sie im Urlaub war. Brigitte ist eine Frau. Eine Frau, die in einer Anti-AKW-Initiative mitarbeitet. Eine linke Frau also. Auch unter linken Frauen gibt es viele, die mit Frauenbewegung nicht viel am Hut haben. Sich im Konkreten manchmal ziemlich unsolidarisch anderen Frauen gegenüber verhalten. Da hab ich genug Erfahrung mit. Aber sie muß ja nun nicht ausgerechnet eine von denen sein. Wenn es für mich überhaupt einen Weg gegen Arnes Mackertum gibt, dann den, sich an Frauen aus seiner BI zu wenden. Der Typ verhält sich ja bestimmt nicht nur in unserer Beziehung so. In der politischen Arbeit wird er auch

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