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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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eine Sense, vielleicht der Hausknecht, der irgendwo im Mauerschatten sitzen mochte, den kleinen Amboß zwischen den Knien. Es klang, als hämmere ein Specht mit stählernem Schnabel pausenlos auf Metall.
    Ich spürte ein leises Frösteln, das mir den Rücken herunterkroch, ein Schwindelgefühl, als beugte ich mich über die Brüstung eines hohen Turms, hervorgerufen durch eine merkwürdige Saugwirkung, die der leere Hofplatz und die dunkel gähnenden Schlünde der Scheunentore auf mich ausübten. Hier gab es für mich nichts zu entdecken oder zu erfahren; ich wandte mich ab, ein wenig unbehaglich, als folgten mir aus der Dunkelheit viele Augen, und ging zu meinem Wagen.

    Tagelang verfolgte mich das Rätsel. Ich besorgte mir alle Zeitungen, die über den Fall Manueli Bericht gebracht hatten, ohne darin mehr zu finden, als was ich nicht schon wußte. Und ich sorgte mich um Victoria Textor. Wenn es ihr Wagen gewesen war, den die alte Frau Empfenzeder, die Witwe des Achenreuther Postboten und eine wichtige Quelle für allen Dorftratsch, in der Nähe des »Bodenwirt« gesehen haben wollte — was hatte dann Victoria Textor für einen Grund, abzustreiten, daß es ihr Wagen gewesen sei? Hatte ein Zufall sie noch zu später Stunde nach Achenreuth geführt, die Besorgung eines wichtigen Briefes vielleicht, und fürchtete sie nun, daß ihr Aufenthalt in Achenreuth mit dem Mord an Manueli in Zusammenhang gebracht werden und ihr Unannehmlichkeiten bringen könnte? Es wäre eine gefährliche Kopflosigkeit gewesen. War ihr im Dorf irgend etwas Besonderes aufgefallen, das sie verschweigen wollte, um nicht in endlose Vernehmungen verwickelt zu werden? Die Annahme war zu abwegig, um ernsthaft in Betracht gezogen zu werden. Denn was hätte ihr schon geschehen können, wenn sie zugegeben hätte, um die fragliche Zeit in Achenreuth gewesen zu sein? Nichts. Kein Staatsanwalt der Welt hätte sie, eine untadelige Frau, auch nur in Gedanken mit diesem Gewaltverbrechen in Verbindung zu bringen gewagt.
    Er hätte ihr zum mindesten ein Motiv nachweisen müssen, das ihre Urheberschaft an dieser unseligen Tat wahrscheinlich machte. Aber wo sollte dieses Motiv zu finden sein? Ich stellte, um mir ihre auffallende Verstörtheit zu erklären, die absurdesten Vermutungen an und spulte in meinem Kopf Filme ab, die immer mehr Vorstadtniveau bekamen, je länger ich mich damit beschäftigte. Ich sah Stephan Textor nach Pertach zurückkommen, um seinen Paß zu holen, und sah ihn in eine Situation von höchster Pikanterie hineinplatzen — eine Szene, zu der mich die diabolische Schönheit Manuelis verführte. Vor Victoria Textor schämte ich mich bis auf den Grund meiner Seele, mit solch einem wahnsinnigen Einfall auch nur in Gedanken gespielt zu haben. In diesem Falle aber hätte Stephan Textor — um im Stil alter Gartenlaube-Romane zu sprechen — »der Rächer seiner Ehre« sein müssen. Lieber Gott, was für eine platte Verrücktheit! Wahrhaftig, ich hatte ein schlechtes Gewissen vor Vicky, wenn ich sie von Zeit zu Zeit anrief, um sie wegen Stephan Textor zu trösten und zu ermutigen. Es ging mit ihm aufwärts, wenn es die Ärzte auch für richtig hielten, ihm vorläufig noch jeden Besuch zu verbieten. In den Zeitungen schlief der Fall Manueli, inzwischen durch neue Sensationen, Morde, Flugzeugabstürze, Erdbebenkatastrophen und Prozesse abgelöst, allmählich völlig ein.
    Ich widerstand der hartnäckigen Versuchung, Kriminalrat Wil-dermuth aufzusuchen, einen alten Bekannten, dem ich viele Anregungen für meine Bücher verdankte und der nicht allzu heftig beglückt war, sich in dem genial scharfsinnigen Hüter der Gerechtigkeit, Carolus ten Gracht, der Figur des Detektivs in meinen Romanen, porträtgetreu wiederzufinden. Sicherlich wußte er als Leiter des Morddezernats über den Fall Manueli genau Bescheid, vielleicht verfolgte und bearbeitete er ihn sogar persönlich. Aber er kannte meine engen Beziehungen zu den Textors genau — und daß er mich nicht anrief und auch nie in jenem Café auftauchte, in dem wir uns häufig trafen, um zu plaudern oder eine Partie Schach zu spielen, ließ mich vermuten, daß er mir absichtlich aus dem Weg ging. Entweder um Fragen auszuweichen, die er weder beantworten konnte noch wollte, oder um es mir zu ersparen, von ihm ausgehorcht zu werden; obwohl er das, was er von mir erfahren konnte, gewiß längst aus anderen Quellen bezogen hatte. Mir war es sehr recht, daß ich ihn nicht sah, denn vielleicht hätte er

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