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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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deine Schönheit und deine Jugend und dein zärtliches Herz...«
    »Weshalb hast du mir das nicht schon längst gesagt? Weshalb hast du mich so lange zappeln lassen? Aber du hast mich einfach ins Wasser geschmissen. Und ich schwöre dir, daß ich ertrunken wäre, wenn du mich nicht herausgezogen hättest. Ich hätte mich einfach vor deinen Augen ertränkt.«
    »Aber Kind!«
    »Vielleicht wäre ich auch von selber wieder herausgekrabbelt«, sagte sie nachdenklich. »Aber sag nicht immer Kind zu mir, und sag auch nicht Herzchen und Liebling. Das klingt mir wie eine alte, allzu oft gespielte Platte in die Ohren. Erfinde für mich einen ganz neuen Namen, etwas, was du noch zu keiner anderen Frau gesagt hast. Als Schriftsteller fällt dir das sicherlich nicht schwer, nicht wahr?«
    »Ich schreibe doch keine Liebesromane.«
    »Gott sei Dank! Ich wäre vor Eifersucht verrückt geworden. Bleibe ruhig bei deinem Carolus ten Gracht, für den dir doch Herr Wildermuth mit seinen Froschaugen Modell gestanden hat, nicht wahr?«
    »Ich bin froh, daß du auf die Frauen, die in meinen Romanen eine Rolle spielen, nicht eifersüchtig zu sein scheinst.«
    »Sei mir nicht böse, Paul, aber es sind solch grauenhafte Weiber, daß es sie in Wirklichkeit gar nicht geben kann. Und das hat mich immer beruhigt, daß du von Frauen, wie sie wirklich sind, keine Ahnung hast...«
    Ich zog es vor, das Gespräch zu beenden, und verschwand in meinem Schlafzimmer, um mich zu rasieren. Zum nachtblauen Anzug und zum weißen Hemd wählte ich eine quergestreifte Krawatte. Als ich mir dann vor dem Garderobenspiegel des Korridors die Haare bürstete, trat Hansi hinter mich und schaute mir über die Schulter. Ihre Augen musterten unser beider Spiegelbild aufmerksam und kritisch.
    »Deine grauen Schläfen stehen dir fabelhaft. Findest du nicht auch, daß wir beide großartig zueinander passen?«
    »In zehn Jahren werde ich einen grauen Kopf und überm Wirbel vielleicht eine kleine Glatze haben.«
    »Und wenn du einen spiegelblanken Kugelschädel wie unser Gendarm Veitl bekommst, werde ich dich genauso lieben wie heute. Aber du bekommst keine Glatze. Du wirst einmal schneeweiß werden, und dann werde ich wie Vimmy aussehen und mir ein paar elegante helle Strähnen ins Haar machen lassen. Oder hast du geglaubt, Vimmys weiße Strähnen wären echt? Die läßt sie sich doch nur wegen Paps einfärben... Siehst du, Paul, das ist wahre Liebe! Und wenn wir beide nur halb so gut miteinander leben werden wie Vimmy und Paps, dann will ich schon glücklich und zufrieden sein.«
    Wir verließen die Wohnung. Ich trug Hansis Koffer. Auf der Straße hängte sie sich bei mir ein. Ich hätte wetten mögen, daß Frau Justizrat Arndt uns im Spion an ihrem Fenster bis zum Wagen verfolgte und sich über meine Nichte ihre eigenen Gedanken machte. Während ich anfuhr, öffnete Hansi den Handschuhkasten.
    »Da lag er drin!« sagte sie giftig.
    »Wer?« fragte ich gedankenlos.
    »Der Brief von deiner Gaby! »Meine Schulter ist noch ganz bunt von deinen Küssen, Liebling...< Das stand wortwörtlich darin! Schämst du dich wenigstens?«
    »Ja-hm-gewiß...«
    »Am liebsten möchte ich deinen Ottokar mit Benzin übergießen und verbrennen! Und ich möchte gar nicht wissen, wer alles hier auf meinem Sitz schon gesessen hat! Schwörst du mir, daß von jetzt an keine andere Frau jemals hier einen Lippenstift oder eine Puderdose vergessen wird? Eine silberne Puderdose war nämlich auch drin! Ich habe sie in den See gefeuert!«
    »Ich schwöre es!« sagte ich feierlich.
    »Du nimmst es anscheinend als Spaß. Aber mir ist die Sache sehr, sehr ernst!«
    »Mir auch!« sagte ich und zog ihre Hand an meine Lippen. Ein Verkehrsschutzmann, der uns beobachtete, hob drohend seinen Zeigefinger.
    Der Dachgarten im »Königshof« war, wie immer um diese Zeit, überfüllt, aber unser kleiner Fenstertisch war reserviert worden, obwohl wir uns verspäteten. Der Oberkellner begrüßte uns und nickte mir zu, als wollte er sagen, die junge Dame an meiner Seite überträfe die kühnsten Erwartungen, die er je bei meinen Tischbestellungen an meine Partnerin geknüpft habe. Und ich spürte mit einem lächerlichen Stolz die Blicke, die Hansi und mir von den Tischen ringsum folgten.
    Unsere Unterhaltung während des Essens drehte sich, soweit sie nicht persönliche Dinge berührte, um Theaterstücke, Bilder und Bücher, und immer wieder verblüffte mich bei Hansi eine seltsame Mischung aus Naivität, die ihrem Alter

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