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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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unbelehrbar.
    Endlich fand Gustav Margarete von Leiden in all dem Gewühle wieder. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, sie trug ihren Witwenschleier, erkannte sie aber an ihrer Figur und ihrem Kleid. Mit Fäusten und Tritten bahnte er sich den Weg zu ihr, packte sie am Arm und versuchte, sie von der hysterischen Menge wegzubringen.
    Herr von Schwabenau, eingekeilt zwischen Polizisten und Neugierigen, schrie: „Lassen Sie gefälligst meine Tochter in Frieden!“
    Gustav ignorierte ihn und zerrte Margarete hinter sich her Richtung Ausgang.
    „Er war Leonies Freund“, schluchzte die Baronin.
    „Ich weiß. Haben Sie ihn sich genauer angesehen? Ich glaube, er ist mit einem blau-weiß getupften Seidentuch erdrosselt worden. Es muss in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden passiert sein …“
    Heftiges Schluchzen statt einer Antwort.
    „Ich kenne dieses Tüchlein. Freddy Mars trägt das gleiche bei jedem Rennen. Es ist sein Glücksbringer.“
    Sie erstarrte.
    „Ein sehr ungewöhnliches Accessoire für einen Jockey. Eigentlich gehört es zur Adjustierung der Fiaker, nur sind deren Tücher nicht aus wertvoller Seide. Freddy tut immer sehr geheimnisvoll, wenn er nach seinem Talisman gefragt wird. Die Sportjournalisten haben alle möglichen Vermutungen angestellt, was die eigentliche Besitzerin des hübschen Halstuchs betrifft …“
    „Quälen Sie mich nicht weiter, wenn Sie ohnehin Bescheid wissen.“
    „Es ist also Ihr Tuch?“
    „Ich befürchte ja. Aber Freddy hat nichts mit dem Mord zu tun. Für ihn lege ich meine Hand ins Feuer.“
    „Lieber nicht.“
    „Sie glauben nicht im Ernst …?“
    „Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche, wir sollten besser gehen, bevor die Polizei beginnt, neugierige Fragen zu stellen. Sie wollen doch keine Polizei, oder?“
    Schweigend folgte ihm Margarete von Leiden zum Praterstern. Dort winkte er einen Fiaker heran und half ihr hinein.
    „Begleiten Sie mich nicht nach Hause?“
    „Nein, ich muss in die Freudenau.“
    „Warum? Was wollen Sie dort?“
    „Mit Freddy wegen des Halstuchs reden.“
    „Er war’s nicht. Freddy könnte nie jemandem ein Leid antun.“
    „Trotzdem muss ich mit ihm reden. Der Zwerg hat sich nicht selbst erdrosselt.“
    „Freddy war es sicher nicht! Sie müssen mir glauben.“ Ihre Tränen schienen echt.
    Sie ergriff seine Hand und zog ihn zu sich in die Kutsche.
    Gustav legte den Arm um ihre zitternden Schultern und flüsterte ihr ins Ohr: „Das tue ich doch. Und ich behaupte ja nicht, dass Freddy Mars den kleinen Mann umgebracht hat. Aber vielleicht weiß er, wo sich Ihre Tochter befindet.“ Seit er über den wahren Vater von Leonie Bescheid wusste, plagte ihn die Eifersucht. „Womöglich hat er sie entführt“, entschlüpfte es ihm gegen seinen Willen.
    „Ihr Verdacht ist völlig absurd. Ich vertraue Freddy. Er hat mich nie belogen. Als Leonie vor zwei Jahren bei den Zigeunern untertauchte und er davon Wind bekam, verständigte er mich am nächsten Morgen sofort per Boten. Da er dieses Mal auch nicht weiß, wo sie ist, muss ihr etwas passiert sein.“
    Die Frau Baronin scheint sich ja mit ihrem früheren Liebhaber recht gut zu verstehen, dachte Gustav neidisch. Ihm war es nie gelungen, mit einer seiner Verflossenen in freundschaftlichem Kontakt zu bleiben. Bei dem Gedanken an seine früheren Liebschaften entkam ihm ein kleines Lächeln. Er riss sich sofort zusammen, als er Margaretes irritierten Blick bemerkte. Lächeln war angesichts dieser Katastrophe sicher nicht angebracht.
    Sie nahm Hut und Schleier ab, sah ihm aber nicht mehr in die Augen. Er hatte das Gefühl, dass sie ihm etwas verschwieg, drang jedoch nicht weiter in sie, da sie ihren Kopf an seine Brust sinken ließ. Zärtlich streichelte er ihr Haar und ihren weißen Nacken.
    Als sie mit nassen Augen zu ihm aufblickte, konnte er nicht länger an sich halten und presste seine Lippen auf ihren Mund. Zu seiner Überraschung erwiderte sie seinen Kuss, umarmte ihn sogar leidenschaftlich. Sogleich vergaß er auf Mord und Totschlag. Während sie in enger Umarmung zurück in die Innenstadt fuhren und sich ihre Lippen nicht mehr voneinander lösten, bis sie beim Palais der Schwabenaus angekommen waren, wechselten sie kein Wort miteinander.
    Zum Abschied reichte sie ihm ihre behandschuhte Hand zum Kuss. Er sah sie flehend an. Sie schüttelte den Kopf, erlaubte ihm nicht, sie in das Palais zu begleiten.
    „Mein Vater wird bestimmt gleich hier sein“, flüsterte sie

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