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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Selbstverständlich kann ich das nicht beweisen. Es ist eine reine Vermutung, ein Gespür, wenn du willst.“
    „Wie kommst du denn darauf?“
    „Na vielleicht hat Napoleon den fetten alten Geldsack erpresst?“
    „Der Schwabenau hätte doch Angst haben müssen, seine Enkelin niemals wiederzusehen, wenn er ihren Entführer beseitigen lässt. Außer Napoleon hatte einen Komplizen …?“
    „Genau das frage ich mich auch die ganze Zeit.“ Freddy trank den letzten Rest seines Biers aus und stand auf. „Ich muss zum Training. Halt mich am Laufenden. Du kannst mir jederzeit eine Nachricht in der Freudenau hinterlassen. Bin froh, dass du den Fall übernommen hast, alter Spezi.“ Er eilte von dannen.
    Gustav blieb noch eine Weile sitzen, rauchte eine Zigarette und dachte über das Gespräch mit Freddy nach. Er ärgerte sich ein bisschen, weil er es nicht geschafft hatte, den Jockey nach dem blau-weiß getupften Halstuch zu fragen. Aber Freddy hatte weder einen verlogenen noch einen schuldbewussten Eindruck auf ihn gemacht. Dennoch, wem konnte man bei diesem schwierigen Fall wirklich vertrauen?
    Die Hitze war auch jetzt am frühen Abend unerträglich. Müde schleppte er sich zum Ausgang des Wurstelpraters und nahm eine Droschke.
    „Zu den Hofstallungen“, befahl er dem Kutscher.
    Er kam viel zu spät zum Essen. Es war bereits acht Uhr, als er zu Hause eintraf.
    „War Rudi da?“, fragte er Josefa, die ihm die gefüllten Paprika aufwärmte. Zum Glück schmeckten sie auch aufgewärmt exzellent.
    „Nein. Hab den Herrn Polizeikommissär heut nicht gesehen.“ Gustav hatte sich schon öfter gefragt, warum Josefa seinen Freund nicht mochte. Er vermutete, dass es an Rudis Profession lag. Josefa hatte für Ordnungshüter nicht viel übrig.
    Seine Tante, die gerade an einem weiteren Artikel über das Recht der Frauen auf universitäre Bildung arbeitete, gesellte sich erst, nachdem er gegessen hatte, zu ihm in die Küche. Beim Kaffee erzählte er ihr von der Ermordung Napoleons und was er sonst noch erfahren hatte. Sein Tête-à-tête mit Margarete und sein Treffen mit Freddy Mars erwähnte er nur kurz.
    Seine Tante war entsetzt über den Mord, jedoch nicht sehr überrascht, als er ihr mitteilte, dass Freddy Mars der Vater von Leonie war.
    „Wer hat es dir gesagt?“
    „Der Rumpfmensch. Der Kleine ist ein fürchterlicher Angeber, ich wollte ihm zuerst gar nicht glauben …“
    „Der arme Kerl hofft halt, man übersieht seine körperlichen Mängel, wenn er gescheit daherredet. Warum regt dich das auf?“
    „Er hat versucht, mich für blöd zu verkaufen.“
    „Oder du hast dich ungeschickt angestellt.“
    „Hab ich nicht.“
    „Missgebildete Menschen werden in unserem Land sehr schlecht behandelt“, begann ihm seine Tante eine ihrer Moralpredigten zu halten. „Findest du nicht, dass die Begeisterung der Wiener für das Abnorme pervers ist? Ich kann mit dieser Sensationsgier der Leute nichts anfangen, obwohl ich durchaus ein neugieriger Mensch bin, aber diese Menschenschauen im Tiergarten finde ich ungustiös.“
    Gustav gab zu, dass auch ihm die Zurschaustellung von kleingewachsenen Menschen und Riesen, neben zweiköpfigen Schafen und tanzenden Flöhen miss-fiel.
    „Napoleon war aber ein Original. Wenn er seinen Dreispitz aufgesetzt, die rechte Hand aufs Herz gehalten hat und mit viel Ernst und Würde lauter Blödsinn von sich gegeben hat, dann hat jeder lachen müssen.“
    „Der Prater wird eben ewig Vorstadt bleiben, in der das ganze Jahr über Fasching gefeiert wird“, sagte Vera abfällig.
    „Sei nicht so streng. Die Leute wollen sich halt amüsieren, haben sonst eh nicht viel zu lachen. Du hättest die Massen heute erleben sollen. Selbst dem Lutzi Wutzi haben s’ zugejubelt, als wär’s der Kaiser höchstpersönlich.“
    Das hätte er besser nicht gesagt, denn nun kam seine Tante auf ihren Artikel zu sprechen und hielt ihm einen Vortrag über ihr Lieblingsthema, das Patriarchat: „Dorothea hat mich nachmittags besucht und mir eine englische Zeitung mitgebracht. Wir hatten ein hochinteressantes Gespräch. Sie lässt dich übrigens schön grüßen.“
    Gustav hatte schon seit einiger Zeit den Verdacht, dass ihn seine Tante mit der Tochter ihrer vor zwei Jahren verstorbenen besten Freundin verkuppeln wollte.
    „Und was sagte die zukünftige Frau Professor?“
    „Deinen Hang zur Ironie in Ehren, aber mach dich nicht über Dorothea lustig. Sie ist eine ausnehmend kluge junge Frau. Du wirst sehen, eines Tages

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