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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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das singende und tanzende Samoaner ankündigte.
    Gustav nickte und bestellte ein Budweiser Bier.
    „Mir kommt vor, dass Krüppel und Missgeburten nicht mehr so gefragt sind.“
    „Im Gegenteil, in London sind Schaustellungen von Menschen mit körperlichen Gebrechen oder Absonderlichkeiten groß in Mode.“
    „Dafür gibt es bei uns nicht nur Ausgestopfte, sondern auch die Habsburgermajestäten in Wachs.“
    „Ein Wachsfigurenkabinett?“
    „Sag ich doch. Den englischen König und den deutschen Kaiser haben s’ ebenfalls in Wachs gegossen. Sensationell, sag ich dir! Wovon die Leut’ aber nie genug kriegen können, sind diese Exoten, vor allem die Neger. Alles rennt seit einem Jahr Neger schauen ins Aschanti-Dorf. Und ich weiß auch warum.“
    Gustav hatte den Eindruck, dass Freddy es partout vermeiden wollte, mit ihm über Leonie von Leiden und die Ermordung Napoleons zu reden, denn das Getratsche von ihren Tischnachbarn musste er mitbekommen haben.
    „Ich war auch schon dort. Ist ja wirklich interessant zu sehen, wie andere Völker so leben“, sagte Gustav in gelangweiltem Ton. „Soviel ich gehört habe, kann man sogar bei Geburten zuschauen und den Alten beim Sterben zusehen.“
    „Geh, das meinst du wohl nicht im Ernst. Wegen der Nackerten rennen s’ hin! Der bekannte Schriftsteller, wie heißt er …“
    „Du meinst Peter Altenberg?“
    „Ja genau. Der treibt sich andauernd dort herum und schwärmt in seinen Artikeln von der Erotik der schwarzen Frau.“
    „Da mag ja durchaus was dran sein“, warf Gustav eine Spur interessierter ein.
    „Und unsere Frauen fühlen sich bestimmt schaurig erregt beim Anblick der stolzen Manneskraft dieser Neger.“
    Gustav konnte sich schwer vorstellen, dass einer der Aschantis Margarete von Leiden erschaudern ließ.
    Die Leute an ihrem Tisch schienen das Interesse an dem Mord verloren zu haben. Sie lachten jetzt lautstark über ihre eigenen Scherze.
    Als Gustav an einer gegenüberliegenden Hütte ein Plakat erblickte, auf dem das Schaustück „Der Mädchenraub“ von Original-Sioux-Indianern angekündigt wurde, überlegte er ein paar Sekunden, ob die Indianer Leonie geraubt haben könnten. Sogleich verwarf er diesen lächerlichen Gedanken.
    „Du weißt, dass deine Tochter verschwunden ist?“ Es war eigentlich keine Frage.
    Das Lächeln verschwand augenblicklich aus Freddys gutmütigem Gesicht.
    „Was weißt du darüber“, fragte er mit gesenkter Stimme.
    „Ihre Mutter hat mich beauftragt, sie zu suchen.“
    Freddy schwieg eine Weile.
    „Du bist also tatsächlich ein privater Ermittler. Ich hab das zuerst für einen blöden Schmäh gehalten. Hast du schon eine Spur?“
    „Mehrere. Du hast nicht zufällig einen Verdacht, wo sie sein könnte?“
    „Nein! Ich hab selber überall herumgefragt. Bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht im Prater ist, sonst hätt’s mir bestimmt einer verraten.“
    Er sprach nach wie vor leise, wirkte aber auf Gustav nicht allzu betrübt.
    „Machst du dir keine Sorgen? Sie ist erst fünfzehn.“
    „Natürlich mach ich mir Sorgen. Doch ich kenn meinen kleinen Teufelsbraten. Sie hält es in diesem Schwabenauer Gefängnis schon lang nicht mehr aus. Hast du mal mit ihrem Großvater zu tun gehabt?“
    „Ja.“
    „Und?“
    Gustav zuckte mit den Achseln.
    „Würdest du vor diesem alten Grobian nicht auch davonrennen?“
    „Sie hat eine Mutter …“
    „Margarete ist eine wundervolle Frau, aber eben eine typische Vertreterin des schwachen Geschlechts. Sie hat sich gegenüber ihrem Vater nie durchsetzen können, tut heute noch alles, was er von ihr verlangt.“
    Gustav war zusammengezuckt, als Freddy in so nonchalantem Ton von seiner angebeteten Klientin sprach. Er fand, dass es an der Zeit war, die Rede auf den ermordeten Napoleon zu bringen.
    Zum Glück kam der Jockey selbst auf den Zwerg zu sprechen: „Ich fürchte, dass Napoleon beim Verschwinden meiner kleinen Leonie seine Finger mit im Spiel gehabt hat. Da die beiden die besten Freunde waren, glaub ich nicht, dass er ihr etwas angetan hat.“ Freddy hielt kurz inne und zog die Stirn in Falten. „Seit er tot ist, könnte sie ernsthaft in Gefahr …“ Er ließ den Satz unbeendet.
    „Was wolltest du sagen?“
    Freddy schaute ihn lange an, bevor er weitersprach: „Ich hab meine eigene Theorie, aber ich bin kein Privatschnüffler, wer weiß, ob ich mit meinem Verdacht richtig liege.“
    „Sag schon!“
    „Ich glaub, dass der Schwabenau Napoleon umbringen hat lassen.

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