Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
Vom Netzwerk:
entschuldigend.
    Schweren Herzens trennte er sich von ihr. Sobald er jedoch allein in der Kutsche war, musste er unwillkürlich an die schöne Zigeunerin denken.
    „Zurück in den Wurstelprater“, befahl er dem Kutscher.
    7
    Rund um das Riesenrad drängten sich nach wie vor hunderte Schaulustige, obwohl es nicht mehr viel zu sehen gab. Die Wachmänner hatten alle Hände voll zu tun, die Menge vom Tatort fernzuhalten. Es kam nicht nur zu heftigen Wortwechseln zwischen Polizei und Gaffern, sondern auch zu kleineren Rangeleien.
    Gustav machte einen Bogen um das abgesperrte Gelände und spazierte hinüber zum „Englischen Reiter“, da diese Gaststätte einst Freddys Stammlokal gewesen war.
    Es war unerträglich schwül. Als er sich bei einem Limonadenhändler eine Erfrischung kaufte und seine Geldbörse gerade zurück in seine Hosentasche stecken wollte, spürte er eine Hand an seiner Hüfte. Der Wurstelprater war ein Dorado für Taschlzieher. Blitzschnell drehte er sich um und packte die Hand des Diebes. Ließ sie aber augenblicklich wieder los, als er in das lachende Gesicht des berühmtesten österreichischen Jockeys blickte.
    „Wollt schauen, ob der Herr Baron noch so schnell sind wie früher“, sagte Freddy Mars und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Was treibt dich denn in den Wurstelprater? Hab dich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Interessierst dich nicht mehr für die Rennen?“
    Gustav und Freddy kannten sich von früher. Zwar waren sie nie miteinander befreundet gewesen, aber sie hatten in jungen Jahren denselben Fechtmeister gehabt und nach dem Training so manche Partie Billard im Café Sperl miteinander gespielt. Freddy war ein Spieler wie Gustav, und Spieler hatten nicht viele Freunde. Freddy Mars stand damals am Beginn seiner Karriere. Gustav, der verrückt nach Pferderennen und vor allem nach Wetten gewesen war, hatte das große Talent des jungen Jockeys bald erkannt und nicht nur einmal auf ihn und seinen schwarzen Hengst Phantom gesetzt und gewonnen.
    Gustav reagierte eher reserviert auf die freundliche Begrüßung. Seit er wusste, dass Margarete von Leiden mit Freddy Mars ein Kind hatte, war ihm der Jockey weniger sympathisch. Er bemerkte sofort, dass Freddy kein blau-weiß getupftes Tüchlein trug. Der helle Streifen an seinem Hals war deutlich zu sehen, da sein Gesicht wie immer sonnenverbrannt war.
    „Bist im Ausland gewesen, in England, hab ich gehört.“ Freddy grinste ihn fragend an.
    „Bin seit einem Jahr wieder da.“
    „Und warum hast dich nie anschauen lassen?“
    „Ich wett nicht mehr. Die Zeiten sind schlecht, weißt eh.“
    Freddy musterte ihn abschätzig. „Und was treibst sonst so?“
    „Ich arbeite als Privatdetektiv.“
    „Waas? Das gibt’s nicht. Sag mal, was ist denn mit dir los?“
    Während Gustav überlegte, wie er den Jockey am geschicktesten nach seinem Halstuch fragen sollte, schlug Freddy vor: „Lass uns auf ein Bier gehen.“
    Gustav wunderte sich, dass der Jockey die Ermordung Napoleons mit keinem Wort erwähnte. Wusste er womöglich noch nichts davon? Unvorstellbar. Nachrichten, vor allem so sensationelle, verbreiteten sich im Wurstelprater in Windeseile. Aber vielleicht war er gerade erst gekommen?
    Die Bier- und Weinschenken im Prater waren jahrein, jahraus gut besucht. Meist fand man aber irgendeinen Platz an einem der langen Holztische.
    Als sich der große Gustav und der um knappe fünfundzwanzig Zentimeter kleinere Freddy der „Schweizer Meierei“ näherten, rückten die Leute an den Tischen im Gastgarten sofort zusammen. Gustav schrieb ihre Freundlichkeit nicht seiner eleganten Erscheinung zu, sondern Freddys Bekanntheit. Wahrscheinlich betrachteten sie es als Ehre, neben dem berühmten Jockey sitzen zu dürfen.
    Da sie bestimmt jedes Wort, das zwischen ihnen fiel, andächtig in sich aufsogen, fand Gustav es unmöglich, die Sprache auf den Mord an Napoleon zu bringen. Allerdings redeten ihre Tischgenossen von nichts anderem. Sie stellten die wildesten Vermutungen an und gaben so manch interessanten Klatsch und Tratsch über Napoleon und seine geliebte Senide, die berühmte Löwenbändigerin, von sich.
    Gustav spitzte die Ohren, während Freddy in einem fort auf ihn einredete: „Erzähl von England. Ich war ja früher einige Male dort. Hab außer den Rennbahnen nicht viel gesehen.“
    „Ich kenne nur London.“
    „Sind diese exotischen Menagerien in London auch so beliebt wie in Wien?“ Freddy deutete auf ein vergilbtes Plakat,

Weitere Kostenlose Bücher