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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Vorname mit einem S begann. Plötzlich dämmerte es ihm. Natürlich, wer sollte es sonst sein! Hatte er sie nicht gebeten, ihm eine Nachricht ins Café Schwarzenberg zu schicken, wenn ihr noch etwas einfallen sollte? Freudig erregt las er die Notiz noch einmal. Und jetzt konnte er auch die Unterschrift einwandfrei lesen: Sylvia – die schöne Zigeunerin. Also konnte sie doch lesen und schreiben.
    Lächelnd bestellte er einen Mocca, trank ihn in einem Zug aus, zahlte und verließ das Schwarzenberg fast ohne Kopfschmerzen.
    Alle Spuren führen in den Wurstelprater, dachte er beinahe vergnügt.
    „Weißt du eigentlich, woher der Wurstelprater seinen Namen hat?“, fragte er den jungen Tschechen, der vor dem Café auf ihn gewartet hatte.
    Edi schüttelte den Kopf.
    „Als der ‚Wurstel‘ aus den städtischen Theatern vertrieben wurde, hat er in den Praterhütten eine neue Heimat gefunden und ist so populär geworden, dass dieser Teil des Pratergeländes nach ihm bezeichnet worden ist. Zwar hat man ihn anlässlich der Weltausstellung in Volksprater umbenannt, doch für uns Wiener blieb es eben der Wurstelprater.“
    Edi reagierte nicht auf diese Erklärung. Gustav war sich nicht im Klaren, ob der junge Mann schlecht hörte oder nicht gern redete.
    „Fahr langsamer“, ermahnte er ihn, als er einstieg.
    Kaum näherten sie sich dem Eingang zum Wurstelprater, kamen Gustav angesichts all des Trubels Zweifel, ob es so schlau war, sich gleich ins Getümmel zu stürzen. Der Kaffee im Schwarzenberg hatte seine Kopfschmerzen fast kuriert. Ein leises Klopfen in seinen Schläfen und eine gewisse Dumpfheit waren jedoch noch spürbar. Die Hellseherin würde ihm schon nicht davonlaufen. Er wollte lieber die schöne Sylvia auf der Vermählungswiese besuchen. Sie war ja auch so eine Art Wahrsagerin.
    „Ich habe es mir anders überlegt, fahr noch ein Stück weiter, Richtung Feuerwerksmais.“
    Als Kind hatte Gustav mit seinem Großvater manchmal zugesehen, wenn hier die riesigen Gerüste für die Feuerwerkskörper errichtet worden waren, die zum Thronjubiläum oder zum Geburtstag des Kaisers den Himmel über Wien zum Leuchten brachten.
    Als die Vermählungswiese in Sicht kam, gebot er Edi, die Pferde anzuhalten.
    Edi musste ja nicht unbedingt wissen, dass er schon wieder die Zigeuner besuchte. Womöglich berichtete er seiner Vermieterin brühwarm, wohin er den jungen Herrn täglich kutschierte. Zwar unterstellte Gustav seiner Tante nicht, dass sie ihm nachspionierte, aber sie war eben sehr neugierig. Und über die schöne Sylvia wollte er ihr nun wirklich nicht Rede und Antwort stehen.
    „Ich spazier rüber zur Rotunde“, sagte er deshalb zu Edi.
    „Ich kann Sie hinbringen, Herr. Es ist heut ein bisserl sehr windig.“
    „Nein danke, Edi.“
    Gustav wollte sich in Ruhe überlegen, mit wem aller er reden und wie er seine Befragungen am besten durchführen sollte. Außerdem würden sich seine Kopfschmerzen in der frischen Luft bestimmt endgültig verabschieden.
    Kaum war der Fiaker hinter den Bäumen verschwunden, schritt er schnurstracks auf Sylvias Wagen zu. Er hatte sich gemerkt, aus welchem der Fuhrwerke sie letztens gestiegen war, und rief ihren Namen. Unter der Plane rührte sich nichts.
    Der Alte mit dem mächtigen Schnauzbart, der ihm schon einmal geholfen hatte, grinste ihn an und sagte: „Sie ist nicht da.“
    „Und wo finde ich sie?“
    Der Zigeuner deutete Richtung Wurstelprater.
    „Danke.“
    Gustav schlug jedoch eine andere Richtung ein, spazierte tatsächlich zur Rotunde und weiter in die Krieau. Wind und Sonne spielten mit den alten hochstämmigen Silberpappeln, verliehen ihnen einen zauberhaften Glanz.
    Seit fast zehn Jahren gab es diesen Trabrennplatz neben der Rotunde. Gustav war wegen seiner langjährigen Abwesenheit aus der Kaiserstadt noch nie bei einem Rennen hier gewesen. Soviel er gehört hatte, ging man nach den Rennen auf eine Jause in die vornehme Meierei. Heute war zwar kein Trabrennen, aber gegen eine kleine Jause hatte er nichts einzu-wenden.
    An Renntagen wäre die Straße von der Hauptallee bis zur Meierei mit Equipagen und wartenden Fiakern völlig zugeparkt, hatte ihm Rudi erzählt. Keine einzige Kutsche weit und breit. Die Meierei hatte geschlossen.
    Er ließ sich treiben, schlenderte ziellos weiter. Der Wind hielt die Mittagssonne im Zaum. Im Schatten der alten Bäume war es angenehm kühl. Die erholsame Stille in diesem majestätischen Wald wurde nur durch das Rascheln der Blätter

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