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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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schwülstig und schalt sich gleichzeitig einen Idioten, als er ihre verdrossene Miene bemerkte.
    Rasch legte er den rechten Arm um ihre Wespentaille, zog sie sanft an sich und flüsterte ihr ins Ohr: „Versuchen wir für ein paar Minuten die Welt zu vergessen? Schließen Sie die Augen, lauschen Sie der Musik, besonders dem sehnsüchtigen Seufzen der Geigen.“
    Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen wiegte sie sich in seinen Armen.
    „Sie tanzen hervorragend und Ihre Haltung ist formidabel. Waren Sie bei der Armee?“, lobte sie ihn nach den ersten Drehungen.
    „Darf ich mich vorstellen, Oberleutnant des k.u.k. Infanterieregiments Nr. 4 Seiner kaiserlichen Majestät.“
    Er entlockte ihr ein kleines süßes Lächeln.
    Für irgendwas müssen die vielen vergeudeten Jahre bei den Deutschmeistern ja schließlich gut gewesen sein, dachte Gustav. Voll Grauen erinnerte er sich an die unzähligen Bälle in der Provinz, bei denen er seine Tanzkünste an die tollpatschigen rotwangigen Töchter irgendwelcher ländlicher Honoratioren verschwendet hatte.
    Sein Großvater und seine Mutter hatten ihn von kleinauf gedrillt, mit eingezogenem Bauch und herausgestreckter Brust zu stolzieren. Eine gute Haltung wäre der halbe Erfolg im Leben, hatten beide oft behauptet. Beim Militär war ihm dann seine vornehme Haltung ebenso zugute gekommen wie beim Tanzen.
    Während er Margarete im Kreis drehte, sah er hinunter auf ihr liebliches Gesicht. Wie gern hätte er seine Lippen auf ihre gepresst. Seine Erregung steigerte sich mit jeder Drehung.
    Obwohl er noch leicht betrunken war, wirbelte er sie leichtfüßig über die Tanzfläche. Nicht nur ihr Kompliment, sondern auch die zahlreichen bewundernden Blicke, die er im Rücken spürte, spornten ihn an, ließen ihn fast tollkühn werden. Mit geradezu Schwindel erregenden Bewegungen schwebte er mit ihr über das Parkett. Zum Glück war sie ebenfalls eine ausgezeichnete und begeisterte Tänzerin. Sie folgte ihm wie in Trance und fühlte sich wie eine Feder in seinen Armen an. Alles um sie herum wurde zur Kulisse für ihren Walzer. Die sanfte Harmonie der vertrauten Klänge, gleich einer Hoffnung, die sich erfüllt, gleich einem Traum, der wahr wird.
    Sie ließen keinen der Tänze aus und verloren bis zur Pause kein Wort mehr über die Entführung und den Mord. Die grausame Realität schien tatsächlich vergessen.
    Als sie nach dem letzten Walzer die Bühne verließen, sagte Margarete leise und mit zärtlicher Stimme: „Ich war so lange nicht mehr Kahn fahren.“
    Gustav sah auf seine Taschenuhr.
    „Ist es dafür nicht etwas zu spät?“
    „Wir könnten es zumindest versuchen. Seien Sie kein Frosch, Herr Oberleutnant.“
    Der neckische Blick, den sie ihm bei diesen Worten zuwarf, ließ ihn keine weitere Sekunde mehr zögern. Er bot ihr seinen Arm an und sie schlenderten durch den dichten Blätterwald hinüber zum Heustadlwasser.
    Der Bootsverleiher wollte gerade zusperren. Gustav steckte ihm einen ordentlichen Schmattes zu. Seit er den Vorschuss und das Honorar von Margarete in der Tasche hatte, schmiss er mit dem Geld nur so um sich.
    „Sie können ruhig alles dichtmachen und heimgehen. Ich kenne mich mit Booten aus und werde ihr Ruderboot anständig versorgen, wenn wir zurückkommen.“ Nach diesem großspurigen Versprechen half er Margarete in den Kahn.
    Das Licht der untergehenden Sonne verlieh dem Rest des alten Donaukanals einen eigentümlichen, fast goldenen Glanz. Das spiegelglatte Wasser des langen Tümpels wurde höchstens durch das leise Plätschern einer Ente oder durch einen Ruderschlag in sanfte Schwingungen versetzt. Gustav bemühte sich, dass Margaretes elegantes Kleid keinen Spritzer abbekam. Mit langsamen gleichförmigen Schlägen ruderte er hinüber zum anderen Ufer des Tümpels, das durch die tief ins Wasser hängenden Weiden einem undurchdringlichen Dschungel glich. Hier war man von der Bootsvermietung aus nicht zu sehen. Das wusste Gustav von seinen früheren Kahnfahrten mit diversen Damen der besseren Gesellschaft.
    Als sie am versandeten Ufer angekommen waren, hob er die Ruder aus dem Wasser und legte sie ins Boot. Dann sprang er hinaus und zog den Kahn ein Stück an Land.
    Margarete saß nun im Schatten einer alten Weide. Als er sich über sie beugte, stieß sie einen leisen Schrei aus. Er ließ sich dadurch nicht beirren. Während er ihren Mund mit einem leidenschaftlichen Kuss zum Schweigen brachte, machte er sich an den vielen Knöpfen ihres

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