Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
Vom Netzwerk:
stehen und beobachtete sie.
    Sie hatte nicht nur auf den Witwenschleier verzichtet, sondern trug auch nicht mehr Schwarz, sondern ein entzückendes taubenblaues Kleid mit neckischen Rüschen am Kragen und an den Ärmeln. Auf ihren dunkelbraunen Locken thronte ein hellgraues Strohhütchen mit einem kurzen Schleier, der kaum ihre Augenpartie bedeckte. Sie sah verdammt jung, unschuldig und hilflos aus. Ihre Hilflosigkeit rührte ihn an. Obwohl er wusste, dass sie sehr kapriziös sein konnte und er ihre Arroganz bereits zu spüren bekommen hatte, erinnerte sie ihn dennoch an ein zerbrechliches, kleines Mädchen.
    Mit schuldbewusster Miene und treuherzigem Blick näherte er sich ihrem Tisch, bevor der Zahlkellner ihr verzweifeltes Winken bemerkte.
    „Ich bin wirklich untröstlich, gnädige Frau, es tut mir wahnsinnig leid, aber meiner alten Tante ging es nicht gut. Die Hitze macht ihr schwer zu schaffen“, log er völlig ungeniert.
    „Ich wollte gerade gehen“, sagte Margarete von Leiden indigniert und kehrte ihm den Rücken zu.
    „Das kann ich verstehen. Bitte hören Sie mich an! Ich musste den Arzt holen lassen“, log er weiter.
    „Wie können Sie es wagen, mich stundenlang warten zu lassen. Diese Demütigung, hier allein zu sitzen wie eine, eine dieser …“
    „Ich weiß, was Sie meinen. Und es gibt keine Entschuldigung für mein rücksichtsloses Verhalten Ihnen gegenüber. Ich kann Sie nur um Gnade anflehen.“
    Zögernd drehte sie sich um. Rasch ergriff er ihre Hand, beugte sich tief darüber.
    Ein mit Brillanten gefasster großer Rubin schmückte ihren rechten Mittelfinger. Er berührte den wertvollen Ring mit seinen Lippen. Dann überreichte er ihr den halbvertrockneten Veilchenstrauß.
    „Die Blume der Bescheidenheit, der Schüchternheit und Verschwiegenheit. Was wollen Sie mir damit sagen?“ Die Baronin legte das Sträußchen auf den Tisch und sah ihn mit hochgezogenen Brauen an.
    Ihr gespreiztes Getue ging ihm auf die Nerven. Sylvia würde sich bestimmt weniger geziert und affektiert benehmen, wenn er sich ausnahmsweise einmal verspätete.
    „Veilchen bitten auch um Geduld“, sagte er.
    „Ich hoffe, Ihrer Tante geht es mittlerweile wieder besser.“ Sie versuchte, die Veilchen an ihrem Kleid zu befestigen.
    Gewonnen, jubelte Gustav insgeheim. Obwohl er ihr zu gern dabei behilflich gewesen wäre, das Sträußchen auf ihren Busen zu stecken, ließ er es bleiben und sagte mit verzweifelter Miene: „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich musste Sie unbedingt sehen. Sobald der Arzt bei uns eintraf, bin ich zu Ihnen geeilt.“
    „Haben Sie den Doktor Lipschitz holen lassen?“
    Obwohl er betrunken war, erinnerte er sich zum Glück daran, dass sie den Lipschitz gut kannte.
    „Nein, der wohnt zu weit weg. Ich habe den Doktor Palme, einen alten Jugendfreund, der in der Nähe unserer Wohnung seine Ordination hat, verständigt.“ Auf die Schnelle war ihm kein anderer Name als der von Dorotheas Vater eingefallen. Er nahm an, dass Margarete nicht in den Lehmann’schen Adressbüchern nachprüfen würde, ob es in Wien einen Arzt namens Palme gab.
    „Darf ich Sie auf ein Gefrorenes einladen?“ Er winkte einen Kellner herbei. Der Piccolo räumte inzwischen Margaretes Kaffeetasse ab.
    „Dieses Kleid steht Ihnen ganz ausgezeichnet. Die Farbe bringt das Violett Ihrer Augen erst richtig zur Geltung“, schmeichelte er ihr.
    „Sie bilden sich wohl ein, mit Ihrem Charme jede Frau herumkriegen zu können, Sie kleiner Filou!“ Margarete schlug ihm mit ihrem Fächer sanft auf die Finger. Bestellte aber nun Pfirsich-, Erdbeer- und Mandelmilcheis.
    Gustav entschied sich für Schokolade und Maraschino. Was soll’s, mir ist ohnehin schlecht, dachte er.
    Da sie nach wie vor leicht verstimmt wirkte, machte er ihr weiter Komplimente.
    „Sie sehen wunder… wunderschön aus, oh… ohne Wit… Witwentracht“, stammelte er idiotisch grinsend.
    Sie dankte ihm mit einem entzückenden Augenaufschlag.
    Gustav hatte das Gefühl, genug Süßholz geraspelt zu haben, und begann über die Vorzüge und Nachteile der diversen Kaffeehäuser im Prater zu plaudern.
    „Ich bin froh, dass Sie das Zweite Kaffeehaus vorgeschlagen haben, denn das Dritte war nur so lange ein gut gehendes Lokal und florierendes Theaterunternehmen, wie Anton Ronacher es betrieben hat. Nachdem er das Ronachertheater in der Stadt eröffnet hat, ist es mit dem Dritten Kaffeehaus bergab gegangen.“
    „Sie haben Recht. In dem riesigen Veranstaltungssaal finden

Weitere Kostenlose Bücher