Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)
sehr viel«, gestand Anne. »Sie ist … sie war Friseurin in Oberhausen.«
»Hatte sie früher schon einmal Urlaub auf de Grevelinge gemacht?«
»Ja, sie war auch im Vorjahr schon hier, damals noch mit ihrem Mann. Sie lebte in Scheidung. Das hat sie mir erzählt.«
Der Inspecteur wurde ungeduldig. »Gab es irgendeine Beziehung zwischen Andrea Heinrichs und Coen Rimmel?«
Anne zögerte. Unsere Blicke trafen sich, und ich hoffte, dass sie in meinen Augen erkannte, was ich ihr zu verstehen geben wollte: Sag es!
»Es gab eine besondere Beziehung von Coen Rimmel zu jeder von uns. Wir waren jeden Abend in der Kantine.« Anne schaute mich an. Vielleicht nickte ich, aber ich weiß es nicht mehr. »Die Kinder spielten Billard, oder sie haben gekickert«, erzählte sie dann, »und wir haben Bier getrunken, Grimbergen . Jeden Abend. Aber es war gar nicht so viel Alkohol im Spiel. Ich glaube, beim Papa-Urlaub ging es ganz anders zur Sache.«
Der Inspecteur winkte ab. »Aber es ging trotzdem zur Sache.«
»Das weiß ich nicht.« Anne hob die Schultern. »Wir haben ein bisschen geflirtet …«
»Mit Coen?«, fragte die Polizistin.
»Mit wem sonst?« Anne wirkte jetzt beinahe trotzig. »Wir haben getanzt, wir haben getrunken, wir haben geflirtet.«
»Und mehr war da nicht?«
»Das weiß ich nicht.«
» Was wissen Sie nicht?«
Anne legte das Sudoku-Heft zur Seite, vielleicht um zu demonstrieren, dass sie jetzt reinen Tisch machen würde. »Am letzten Abend, nach dem ›Maag ik de Rekening van U?‹ , da verabschiedete sich Coen mit den Worten: › Ich hoffe, ihr hattet alle schöne Tage in Holland. Eine von euch hatte jedenfalls eine wunderbare Nacht mit mir! ‹
»Haben Sie mit Coen geschlafen?«
»Nein, das habe ich nicht! Und auch wenn Sie mir diese Frage gestellt hätten, wenn mein Mann nicht dabei gewesen wäre«, sie warf mir einen kurzen Blick zu, »dann wäre die Antwort dieselbe gewesen. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich kann Ihnen wirklich nicht sagen, wer es gewesen sein könnte. Ich weiß es nicht.«
»Andrea Heinrichs?«
Anne schüttelte den Kopf. »Kann ich mir nicht vorstellen. Sie hatte mir erzählt, dass sie gerade in Scheidung lebt. Weil sie diesen Mann getroffen hat, der so ganz anders war. Ich glaube nicht, dass das die Situation ist, in der man mal eben so im Urlaub ein bisschen fremdgeht.«
Der Inspecteur stand demonstrativ auf.
Ich war gerade sehr stolz auf meine Ehefrau, und trotzdem hatte ich das Gefühl, ich müsste ihr noch irgendwie helfen. Auch ich stand auf und sagte: »Wir sind erst an dem Tag angereist, als der Mord an Coen passierte, und als wir auf den Platz kamen, da war die Polizei schon da.«
»Ich glaube, ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Noch brauchen Sie kein Alibi«, antwortete der Inspecteur.
Die beiden ungleichen Polizisten gingen so unangemeldet, wie sie gekommen waren. Ich nahm Anne in den Arm, und sie legte ihren Kopf an meine Schulter. »Ich habe ihnen alles gesagt«, flüsterte sie.
42
Dieses Vorzelt war grün-grau-weiß. Das war – wie schon bei den Schreiners - etwas Besonderes. Fast alle anderen hatten Blau als Grundfarbe. Aber es war nicht die einzige Besonderheit. Hier wohnten Gerd und Uschi Balkenhol aus Duisburg. Wenn man so hieß, konnte man durchaus auch in Middelburg wohnen, aber das wäre sicher nicht das gewesen, was Piet im Gedächtnis geblieben wäre. Nein, es war etwas anderes: Gerd Balkenhol war Arzt. Das war doch bekloppt! Warum machte jemand, der so einen Job hatte, Campingurlaub in Holland? Warum lag der nicht gerade auf der Sonnenterrasse vom Robinson Club auf Fuerteventura?
Das war die erste Frage, die Piet stellte, als er und Annemieke in den Sesseln in Gerds Vorzelt Platz genommen hatten.
Uschi hatte Kaffee gemacht. Sie hatte sich vorher erkundigt, welche Geschmacksrichtung denn genehm sein würde: Vienna, Rio de Janeiro oder Sevilla? Piet hatte sich für Vienna entschieden, denn Wien war die einzige Stadt, die er mit einem Kaffee verband: Er hatte mal im Café Hawelka einen unglaublich guten Kaffee getrunken. Der Kaffee, den Uschi ihnen in lustigen, mit der Flagge Zeelands verzierten Tassen servierte, hatte mit der beim Hawelka kredenzten Melange aber auch mal gar nichts zu tun, aber schlecht war er nicht. Mit irgendwas parfümiert, aber nicht schlecht.
Das Vorzelt von Uschi und Gerd Balkenhol war mit einer Rattansitzgruppe bestuhlt, ein Weichholz-Sideboard bot Platz für den Fernseher und zwei
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