Der Tod hat einen Namen
nicht darüber sprechen, Miß Lindsay?"
"Nein, ich weiß noch nichts", sagte die Pianistin niedergeschlagen. Niemand sehnte das Ende dieses Spuks mehr herbei als sie. Pamela wollte endlich wieder ganz sie selbst sein, nicht mehr ständig von Dinahs Sinfonie verfolgt werden.
Victor Callison stand auf, als seine Freundin das Zimmer b etrat. Er ging ihr entgegen. "Hast du heute schon etwas Besonderes vor, Pamela?" fragte er. "Bei dem schönen Wetter könnten wir nach Tintagel fahren. Ich bin schon eine Ewigkeit nicht mehr dort gewesen."
"Einverstanden." Pamela nahm ihm gegenüber Platz, nachdem sie seine Eltern begrüßt hatte. Eigentlich hatte sie keinen Appetit, aber sie befürchtete unangenehme Fragen, wenn sie nur eine Tasse Tee trank, so griff sie widerwillig nach einer Scheibe Toast.
Charles Callison, der ein sehr umgänglicher Mann war, soweit es nicht das Verschwinden seiner Stieftochter betraf, sprach von den beiden Araberhengsten, die er für sein Gestüt kaufen wollte, und erkundigte sich bei Pamela, ob sie nicht Lust hätte, sich das Gestüt anzusehen. "Auch für jemanden, der nicht reiten kann, ist es vielleicht ganz interessant", meinte er. "Zudem lieben Sie ja Tiere."
Erfreut stimmte Pamela zu. "Wann wäre es Ihnen denn recht, M ister Callison?" fragte sie.
"Wann immer Sie Lust haben", erwiderte er und zwinkerte se inem Sohn zu. "Wie ich dich kenne, wirst du Miß Lindsay bei ihrem Besuch begleiten wollen, Victor."
"Kannst du hellsehen, Dad?" Victor wandte sich an seine Stiefmutter: "Was hast du heute vor, Kathl een?"
Bevor Mrs. Callison ihm antworten konnte, trat Liz Roberts ins Zimmer. Ihr Gesicht war ein einziges Strahlen. "Sie werden es nicht glauben, wer gerade vorgefahren ist", meinte sie. "Ich wollte meinen Augen nicht trauen. Ich dachte, ich träume."
"Dann überzeugte ich unsere gute Liz aber vom Gegenteil", sagte der große, hellblonde Mann, der plötzlich hinter der Haushälterin auftauchte. Seine Haut war sonnengebräunt, was die wasserblaue Farbe seiner Augen noch besonders hervorhob. Er trug einen beigefarbenen Tropenanzug, dem man ansah, daß er zwar alt war, aber aus einem erstklassigen Geschäft stammte.
"William!" stieß Charles Callison fassungslos hervor. Er machte mit der Rechten eine fahrige Bewegung und hätte fast seine Teetasse umgestoßen, wenn seine Frau sie nicht im letzten Moment noch hätte halten können.
Victor sprang auf. "Ich kann es nicht glauben, Onkel William", sagte er und fiel dem Mann in die Arme. "Warum hast du so lange nichts von dir hören lassen? Wir haben uns bereits Sorgen um dich gemacht."
"Das war sehr rücksichtslos von dir, William", meinte Kathleen Callison. Zum ersten Mal, seit Pamela sie kannte, strahlten ihre Augen vor Freude.
"Es tut gut, auf Windhaven willkommen geheißen zu werden", meinte William Callison. Er drückte seinen Neffen herzhaft an sich, dann trat er zu Kathleen, ergriff ihre Hand und führte sie an die Lippen. Schließlich wandte er sich seinem Bruder zu. "Wir haben uns lange nicht gesehen, Charles." Er schlug ihm auf die Schulter.
"Du hättest uns wenigstens ein Telegramm schicken können."
"Du weißt, daß ich Überraschungen liebe, Bruder", lachte William Callison. Sein Blick wanderte zu Pamela. Die junge Frau zuckte unwillkürlich zusammen. "Du wirst doch nicht inzwischen geheiratet haben, Victor?" fragte er. "Sollte mich freuen."
Pamela errötete. William Callison war ihr von der ersten S ekunden an unsympathisch, obwohl sie nicht einmal sagen konnte, warum.
"Miß Lindsay ist unser Gast, William", sagte Mrs. Callison und machte Pamela mit ihrem Schwager b ekannt.
"Ich habe bereits von Ihnen gehört, Miß Lindsay", meinte Wi lliam Callison. "Als Sie letztes Jahr in New York ein Konzert gaben, hielt ich mich auch zufällig dort auf. Wäre mir nicht etwas dazwischengekommen, hätte ich das Konzert besucht."
Liz Roberts hatte inzwischen eigenhändig ein weiteres Gedeck aufgelegt. Sie erkundigte sich bei Victors Onkel, ob er zum Frü hstück besondere Wünsche hatte. "Zwei der Mädchen sind bereits dabei, Ihre alten Räume herzurichten, Mister Callison", sagte sie.
"Wie lange wirst du bleiben, William?" fragte Charles Callison. Sein Ton offenbarte, daß er seinen Bruder möglichst weit weg von Windhaven wünschte.
"Ich weiß noch nicht", erwiderte dieser. "Kommt darauf an. Ich arbeite zur Zeit an einem Buch über die Indianer im Amazonasgebiet. Alle Vorarbeiten sind abgeschlossen. Was jetzt noch bleibt, ist reine
Weitere Kostenlose Bücher