Der Tod hat einen Namen
Stimme des Hausherrn vibrierte vor Kälte. "Wann reist du wieder ab?"
"Du scheinst zu vergessen, daß ich genau wie du ein Callison bin, lieber Bruder", antwortete William. Pamela glaubte vor sich zu sehen, wie er sich auf den Schreibtisch seines Bruders stützte. "Was hast du gegen mich, Charles? Was habe ich dir getan?" Er lachte auf. "Befürchtest du etwa, ich könnte Kathleen oder Victor verraten, was du für Dinah empfunden hast?"
"Verschwinde, William!" stieß Charles Callison hervor. "Verschwinde endlich!"
"Nicht ohne den Rolls", erwiderte William Callison ruhig. "Warum regst du dich so auf, lieber Charles. Du bist schließlich nicht der einzige, dem Dinah den Kopf verdreht hatte. Dein Sohn lag ihr auch zu Füßen." Lachend ging er hinaus. Laut fiel die Tür hinter ihm zu.
Pamela lehnte sich gegen eines der Bücherregale. Hatte sie vorhin noch William Callison in Verdacht gehabt, womöglich Dinahs Mörder zu sein, so gab es plötzlich zwei weitere Verdächtige. Natürlich hatte sie hin und wieder auch schon an Charles Callison als möglichen Täter gedacht, doch niemals an Victor.
Sie preßte die Hände gegen den Mund. "Es kann nicht sein", flüsterte sie angstvoll. "Es darf nicht sein." Sie schloß die Augen und versuchte der Schattengestalt, die sie gesehen hatte, ein G esicht zu geben, aber es wollte ihr nicht gelingen.
17.
Einige Tage später kam Pamela Lindsay an Dr. Callisons Seite aus der kleinen Kapelle, die zu Windhaven gehörte. Vor einiger Zeit hatte Victor ihr erzählt, daß sein Vater und seine Stiefmutter in dieser Kapelle getraut worden waren. Er und Dinah hatten d amals vom Haus bis zur Kapelle Blumen gestreut.
Doch an diesem Vormittag erinnerte nichts an jene glücklichen Stunden. Die Kapelle war mit weißen Lilien und Immergrün g eschmückt. Auf dem Altar standen die schönsten Rosen aus Victors Zucht. Sie ahnte, daß es ihm sehr schwer gefallen war, sie abzuschneiden, aber zum Gedenken an Dinah hatte er dieses Opfer gebracht.
Während der kurzen Gedenkfeier hatten sich Pamelas Geda nken unablässig um Dinahs Mörder gedreht. Sie war sich sicher, daß sie ihn unter den Menschen, die in der Kapelle gewesen waren, finden würde.
Während der letzten Nächte hatte die junge Frau nur schlecht geschlafen. Immer wieder glaubte sie das Gespräch zwischen Charles und William Callison zu hören. Auch wenn sie überzeugt war, daß Victor seine Stiefschwester nicht ermordet hatte, tief in ihrem Herzen fragte sie sich, ob sie es nur nicht wahrhaben wollte, weil sie ihn liebte.
Ein roter Sportwagen stand vor dem Portal. Dr. Robin Graven lehnte scheinbar lässig am Kotflügel. Als er jetzt Pamela und Victor kommen sah, ging er auf sie zu. "Ich hatte keine Ahnung, daß hier so etwas wie eine Feier stattfindet", meinte er. "Ich wollte nur einmal wieder nach dir sehen, Pamela." Er nickte Victor Callison flüchtig zu und beugte sich vor, um seine Freundin auf die Wange zu küssen.
Pamela wehrte ihn ab. "Du kommst etwas ungelegen, Robin", meinte sie.
"Wie es aussieht, komme ich stets ungelegen, Darling." Dr. Graven blickte Victor an. "Sie haben sicher nichts dagegen, wenn ich mit Pamela unter vier Augen spreche, Doktor Callison?"
"Einen Augenblick, Victor", bat Pamela. "Komm", sagte sie zu Robin. Sie wollte nicht, daß Victors Eltern und William Callison, die jetzt ebenfalls aus der Kapelle kamen, etwas von ihrer Unte rredung mit Robin hörten.
"Was ist hier eigentlich los?" fragte Robin. "Du trägst ein dunkles Kleid. Ist jemand gestorben?" Er schaute zur Kapelle.
"Dinah Callison hätte heute Geburtstag gehabt", erwiderte Pamela. Sie wandte sich halb um. William Callison war bei seinem Neffen stehengeblieben und unterhielt sich mit ihm. "Jedes Jahr findet an diesem Tag auf Windhaven eine Gedenkfeier statt."
"Etwa dieselbe Dinah, die dir angeblich als Geist erscheint?" spottete Robin.
"Laß das!"
"Schon gut, schon gut, Darling." Er lächelte ihr zu. "In London ist es einsam ohne dich. Wann kommst du zurück? Ich vermisse dich, Pamela. Kannst du das nicht verstehen?" Sanft berührte er ihre Wange. "Ich liebe dich, auch wenn du das nicht wahrhaben willst."
"Aber ich liebe dich nicht, Robin, begreife das doch endlich", bat Pamela der Verzweiflung nahe. "Haben wir nicht oft genug darüber gesprochen? Du hättest nicht kommen dürfen."
"Ich habe dir schon einmal gesagt, daß du mich nicht so schnell los wirst, Darling." Seine Augen wurden dunkel vor Zorn. "Ich mache dieses Theater nicht länger
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