Der Tod hat einen Namen
Pamela konkurrieren. Sie erklärte mir erst kürzlich, daß wir in verschiedenen Welten leben würden. Wahrscheinlich wollte sie damit ausdrücken, daß ein Künstler ständig irgendwo in den Wolken schwebt."
"Keineswegs, Robin, wie du sehr genau weißt", mischte sich die junge Frau ein. "Ich wollte damit etwas anderes ausdrücken." Ärgerlich stand sie auf. "Bitte, entschuldigt mich." Sie verließ die Terrasse, bevor einer der beiden Männer noch auf ihre Worte re agieren konnte.
Robin Graven blickte ihr nach, dann wandte er langsam den Kopf. "Ich werde Miß Lindsay heiraten, Doktor Callison", sagte er g efährlich leise.
"Mit anderen Worten, ich soll mich Miß Lindsay gegenüber z urückhalten", meinte Victor spöttisch. "Tut mir leid, Doktor Graven, aber ich gehöre nicht zu den Männern, die kampflos aufgeben. Davon abgesehen, hatte ich eben nicht den Eindruck, als würde Pamela allzuviel an Ihnen liegen."
Robin preßte die Hände zusammen. Seine Knöchel traten weiß hervor. "Warten wir es ab, Doktor Callison", erklärte er. "Warten wir es ab."
13.
An diesem Abend erwies sich das Dinner als eine einzige Katastrophe. Obwohl sich Mrs. Callison große Mühe gab, die Atmosphäre bei Tisch zu entspannen, herrschte zwischen ihrem Stiefsohn und Dr. Graven offene Feindschaft. Sie sprachen zwar miteinander, doch jedes Wort schien eine versteckte Kriegserklärung zu sein. Pamela hatte das Gefühl, als würde Charles Callison die Situation genießen. Er schien zu hoffen, daß es Robin gelingen würde, sie zu einer Rückkehr nach London zu bewegen. Die Freundschaft, die Victor für sie empfand, schien ihm ohnehin ein Dorn im Auge zu sein. Victors Vater konnte ihr nicht verzeihen, daß sie Dinahs Verschwinden aufklären wollte. Sie hatte sich schon oft gefragt, ob wirklich nur seine Sorge um Kathleen dahintersteckte.
"Spielen Sie Bridge, Doktor Graven?" fragte Kathleen Callison. Pamela nahm an, daß sie ihre Einladung an Robin längst bereute.
Robin nickte. "Leidenschaftlich gerne sogar", erwiderte er. "Pamela ist auch eine gute Spielerin."
"Das haben wir inzwischen festgestellt." Victor berührte den Arm der jungen Frau.
"Fein, dann haben Sie sicher nichts dagegen, wenn wir nach dem Kaffee spielen", sagte Mrs. Callison. Sie warf ihrem Mann einen liebevollen Blick zu. "Das heißt, daß du vom Spiel heute abend befreit bist, Charles."
"Ich weiß es zu schätzen, Kathleen", erwiderte der Hausherr.
Aber es kam nicht zum Bridge. Charles Callison hatte sich gerade in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, als sein Sohn wegen eines Patienten in die Klinik gerufen wurde. "Mister Smith ist heute morgen operiert worden", erklärte Victor. "Mit Komplikationen hat niemand von uns gerechnet."
"Wie das Leben so spielt." Dr. Graven wandte sich an Kathl een: "Was wird jetzt aus dem Bridge, Mistreß Callison. Wir sind nur noch zu dritt, es sei denn, Sie könnten Ihren Mann überreden, doch mitzuspielen."
"Dazu ist es zu spät", meinte Kathleen bedauernd. Sie hob die Schultern. "Im Fernsehen wird ein Shakespeares-Stück übertragen. Hätten Sie Lust, es sich anzusehen?" Sie lächelte ihm zu. "Sie könnten mir dabei Gesellschaft leisten."
"Aber gerne", erwiderte er freundlich. Er wußte, daß Pamela Shakespeares liebte und war überzeugt, daß sie sich das Stück ebenfalls ansehen würde.
"Ich für meinen Teil werde noch einen Spaziergang machen", sagte die junge Frau zu seiner Überraschung. "Ich hole mir nur einen Schal." Sie verließ den Salon.
Statt sofort zu ihrem Zimmer hinaufzugehen, verließ Pamela das Haus, weil sie hoffte, noch Victor zu sehen, bevor er zur Klinik fuhr, doch sie kam zu spät. Die Rücklichter seines Wagens verschwanden gerade in der Dunkelheit.
Ein kühler Wind strich durch den Park. Pamela wußte, daß es vernünftiger gewesen wäre, wenigstens jetzt den Schal zu holen, doch sie kehrte nicht zurück, sondern ging in Richtung Klippen. Das Haus erschien ihr plötzlich viel zu eng und zu klein. Sie brauchte Luft um sich herum. Seit Robin am Nachmittag eing etroffen war, glaubte sie in Windhaven zu ersticken.
Das Meer schlug in sanften Wellen ans Ufer. Dinahs Sinfonie schien durch den Park zu schweben. Pamela dachte an den Mo rgen, an dem Victor und sie unten am Strand spazierengegangen waren. Sie sehnte sich nach ihm und bedauerte, nicht nach Newquay mitgefahren zu sein.
"Pamela!"
Aufseufzend drehte sich die junge Frau um. "Was willst du denn, Robin?" fragte sie unhöflich. "Ich würde gerne etwas
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