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Der Tod hat einen Namen

Der Tod hat einen Namen

Titel: Der Tod hat einen Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon de Winter
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erwachte Pamela von einer fremdart igen Melodie. Mit geschlossenen Augen lauschte sie. Es klang, als würde der Flügel direkt neben ihrem Bett stehen. Vergeblich bemühte sie sich, das Stück, das gespielt wurde, einzuordnen. Für alles, was Musik betraf, hatte sie ein fast unfehlbares Gedächtnis. Schon als Kind hatte sie ein Stück nur einmal hören müssen und nie wieder vergessen. Und diese Melodie kannte sie nicht.Nein, eigentlich war es viel mehr, als eine Melodie, fast schon eine Sinfonie.
    Die junge Frau schlug die Augen auf. Der Sturm hatte sich g elegt und der Mond schien hell in ihr Zimmer. Sie erblickte den Flügel, der unten im Salon stand. Ein Mädchen mit langen, braunen Haaren saß an ihm, seine Finger glitten schwerelos über die Tasten.
    Pamela wußte, daß nicht sein konnte, was sie sah, trotzdem fragte sie: "Wer sind Sie?"
    Langsam drehte sich das Mädchen um. Im selben Moment löste es sich auf. Auch der Flügel verschwand und Pamelas Blick fiel auf die Kommode, die er verdeckt hatte.
    "Das gibt es doch nicht", sagte sie halblaut vor sich hin. Sie rieb sich die Augen. Nein, sie hatte nicht geträumt. Sie hatte dieses Mädchen ganz deutlich gesehen. Noch immer schien diese frem dartige Melodie im Raum zu liegen.
    Pamela stand auf. Barfuß ging sie zur Kommode, strich über das polierte Holz, drehte sich um und schaute zum Fenster. Konnte das Mondlicht sie genarrt haben? Hatte es ihr etwas vo rgegaukelt, was gar nicht existierte?
    Und was war dann mit dieser Melodie? Pamela summte sie le ise vor sich hin. Als sie die Augen schloß, glaubte sie wieder das Mädchen vor dem Flügel sitzen zu sehen.
    Die Pianistin kehrte zum Bett zurück und ließ sich darauf ni eder. Obwohl sie es sich nicht erklären konnte, fühlte sie, daß es Dinah gewesen war, die sie gesehen hatte.Aber warum? Bis zu diesem Tag war sie niemals auf Windhaven gewesen, hatte keinen der Bewohner jemals zuvor kennengelernt.
    Pamela kroch unter ihre Decke und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Die Melodie lag noch immer im Raum, schien alles einzuhüllen.Ob sie mit Victor Callison über ihr Erlebnis sprechen sollte?Nein, besser nicht! Die Geschichte klang zu u nwahrscheinlich. Der Gedanke, der junge Arzt könnte glauben, sie wollte sich lediglich interessant machen, war ihr unerträglich.
    Pamela versuchte wieder einzuschlafen, doch erst gegen Mo rgen gelang es ihr. Im Traum sah sie sich von Musik getragen über Windhaven gleiten. Eine Hand streckte sich ihr entgegen. Sie wollte sie ergreifen, aber obwohl ihre Finger schon die anderen berührten, gelang es ihr nicht.

6.
    "Guten Morgen, Miß Lindsay. Ich hoffe, Sie haben gut g eschlafen", meinte Dr. Victor Callison, als Pamela am nächsten Morgen das Frühstückszimmer betrat. Er stand auf und ging ihr entgegen. "Kathleen und meinen Vater müssen Sie entschuldigen. Meine Stiefmutter frühstückt stets in ihrem Schlafzimmer und was meinen Vater betrifft, so ist er schon in aller Frühe zu den Stallungen gefahren."
    In Pamela klang noch immer die Melodie nach, die sie in der Nacht gehört hatte. Sie setzte sich mit Victor an den Tisch. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, sie war froh, ihn für sich alleine zu haben.
    "Müssen Sie Samstags nicht in die Klinik, Doktor Callison?" fragte sie und nahm sich von den geschmorten Kalbsnierchen.
    "Es kommt darauf an", erwiderte er. "Meine Kollegen und ich wechseln uns gewöhnlich ab." Über den Rand seiner Tasse hinweg sah er sie an. "Ich hätte den ganzen Tag Zeit, um Sie noch ein bißchen herumz uführen."
    "Sie vergessen die Ausstellung", erinnerte sie ihn amüsiert.
    Victor schlug sich gegen die Stirn. "Wie kann man nur so vergeßlich sein?" lachte er. "Aber keine Angst. Meine Stiefmutter hätte schon dafür gesorgt, daß wir pünktlich erscheinen." Wie absichtslos berührte er ihre Hand, als er nach der Konfitüre griff. "Ich freue mich schon darauf, Sie spielen zu hören."
    "Lieben Sie Musik?"
    "Ich bin mit Musik großgeworden", sagte er. "Meine Mutter hat Geige gespielt. Ich war zwar noch ziemlich klein, als sie starb, gerade fünf, aber ich kann mich noch genau daran erinnern, wie sie abends oft in mein Zimmer gekommen ist, um mir vorzuspielen. Später hat mir Mistreß Roberts die Bänder geschenkt, die sie vom Spiel meiner Mutter aufgenommen hat. Mein Vater durfte nichts davon wissen. Jahrelang hat er versucht, jede Erinnerung an meine Mutter aus seinem Gedächtnis zu bannen."
    "Warum?" Pamela sah ihn ungläubig an.

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