Der Tod hat einen Namen
nicht ein einziges Mal nach En gland zurückgekehrt?"
"Da bin ich überfragt." Victor hob die Schultern. "Wir haben Onkel William jedenfalls seit über neun Jahren nicht mehr ges ehen. Vielleicht kommt er auch nur nicht nach Windhaven. Er und mein Vater sind nicht gerade Freunde." Der junge Mann nahm ihren Arm. "Aber jetzt haben wir genug von meinem Onkel gesprochen", meinte er. "Unterhalten wir uns etwas über Sie." Herausfordernd sah er sie an. "Was tun Sie, wenn Sie mal nicht gerade am Flügel sitzen und spielen?"
"Ich führe ein ganz normales Leben", erwiderte Pamela.
"Und teilen Sie es mit jemanden?"
Pamela errötete. "Im Moment bin ich mir darüber nicht ganz im klaren." Sie bückte sich nach einer Muschel und hielt sie an ihr Ohr. "Man hört in ihr das Meer rauschen." Bevor der Arzt wußte, wie ihm geschah, hatte sie ihm die Muschel in die Hand gedrückt.
"Gut, unterhalten wir uns über Muscheln", lachte er und ergriff Pamelas Hand. "Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Muschelsammlung, die ich als Kind angelegt habe. Es sind ein paar schöne Stücke darunter." Er schaute ihr in die Augen. "Oder würden Sie lieber noch etwas mit mir am Strand bleiben?"
Auf was läßt du dich da nur ein, dachte Pamela. Es machte ihr Spaß, mit Victor zu flirten, obwohl sie fühlte, daß es besser war, beizeiten damit Schluß zu machen. Aber sie brachte es nicht fertig. Mit jedem Wort, mit jeder Geste zog sie der junge Arzt weiter in seinen Bann.
"Ich glaube, wir sollten wieder ins Haus gehen, Doktor Callison", erwiderte sie. "Man wird sich schon fragen, wo wir bleiben."
"Was ist daran so schlimm?" Er hob mit zwei Fingern ihr Kinn an. "Oder fürchten Sie sich vor mir? Sehe ich etwa wie ein reiße nder Wolf aus?"
"Also gut, bleiben wir noch etwas am Strand, Doktor Callison", gab sie nach.
"Fein." Er ließ sie los. "Was würden Sie davon halten, mich Victor zu nennen? Doktor Callison bin ich für meine Patienten und dazu zählen Sie ja nicht."
"Und was sollen Ihre Eltern dazu sagen, wenn wir einander so vertraut ansprechen?" fragte Pamela und hoffte, daß er ihre B edenken einfach zur Seite schieben würde.
"Meine Eltern haben garantiert nichts dagegen, im übrigen sind wir beide wohl längst volljährig." Er zog sie an sich. "Also, ich bin Victor, Pamela."
"Was bleibt mir anderes übrig, als damit einverstanden zu sein?" fragte sie und wollte sich aus seinem Arm winden, doch Victor ließ es nicht zu. Sanft küßte er sie auf die Stirn.
7.
Der Ballsaal war bis zum letzten Platz gefüllt. Seit dem Lunch war der Strom der Besucher nicht abgerissen. Mrs. Callison hatte zufrieden festgestellt, daß keiner der geladenen Gäste abgesagt hatte. Man hatte sogar noch zusätzliche Stühle für die Vertreter der Presse aufstellen müssen.
Pamela Lindsay, die neben Victor Callison in der ersten Reihe saß, beobachtete die beiden Künstler. Sie standen etwas verloren zwischen ihren Werken und schienen nicht recht zu wissen, wie sie sich verhalten sollten. Sie konnte es ihnen nachfühlen. Wahrscheinlich machten ihnen die vielen Menschen Angst. Auch sie hatte noch immer Lampenfieber vor einem Auftritt, auch wenn sie es gelernt hatte, damit zu leben.
"Miß Race und Mister Harbuck sehen aus, als wollte meine Mutter sie den Löwen zum Fraß vorwerfen", scherzte Dr. Callison.
"So kommen sie sich auch ganz bestimmt vor", erwiderte Pamela. Sie blickte zu Mrs. Callison, die mit ihrem Mann gerade eine ältere Frau begrüßte.
"Entschuldigen Sie mich bitte, Pamela." Dr. Callison stand auf. "Lady Farley gehört zu meinen Patientinnen." Er nickte der jungen Frau zu und trat zu seinen Eltern.
Pamela lehnte sich zurück und schloß für einen Moment die Augen. Zusammen mit Kathleen Callison hatte sie einige Stücke von Chopin ausgesucht. In Gedanken begann sie bereits zu spielen. Besonders eine der Balladen hatte es ihr angetan. Sie spielte sie zu Hause oft zu ihrem Vergnügen.
Victor Callison kam mit seinem Vater zurück. Seine Stiefmu tter stieg auf das Podium. Sie trug ein elegantes Kleid aus violetter Seide. Es kaschierte ihre Figur so geschickt, daß sie beinahe schlank wirkte. Auch an diesem Nachmittag hatte sie kaum Schmuck angelegt. Um ihren Hals lag nur eine einfache Perlenschnur, die den Schick des Kleides noch betonte.
Pamela bemerkte, wie bewundernd Charles Callison seine Frau anblickte. Sie spürte etwas von der tiefen Liebe, die er für Kathl een empfand. Er würde für sie durch's Feuer gehen, dachte sie. Ob jemals ein Mann
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