Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
mich vergewissert hatte, dass sie tot war, wollte ich Hilfe rufen. Doch dann bemerkte ich eine Herren-Armbanduhr, die sich in ihrer Bluse verhakt hatte. Bei näherer Betrachtung erkannte ich, dass sie meinem Bruder gehörte, Sir Edward Denham. Da ich wusste, dass er sich zuvor wegen Änderungen an ihrem Testament sehr mit Lady Denham gestritten hatte, kam mir der fürchterliche Verdacht, er könnte etwas mit ihrem Tod zu tun haben. Spuren am Hals der Leiche deuteten auf eine Auseinandersetzung hin. Hätte ich Zeit gehabt, mir alles in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen, wäre ich sicherlich zu dem Schluss gekommen, dass mein Bruder zu einer solchen Tat nicht fähig gewesen wäre. Diese Zeit aber fehlte mir. Alle meine Gedanken drehten sich ausschließlich um Edward. Ich nahm die Uhr an mich. Dann überlegte ich, wie ich die polizeilichen Ermittlungen in die falsche Richtung lenken konnte. Aufgrund ihrer langjährigen Feindschaft mit den Tierschützern suchte ich nach einer Möglichkeit, den Anschein zu erwecken, dass sie etwas damit zu tun hatten. Der Grill war nicht weit. Mir kam der Gedanke, wenn ich das Schwein im Grillkorb durch Lady Denham ersetzte, könnte dies als eindeutiger Verweis auf das dem Mord zugrundeliegende Motiv aufgefasst werden. Von Ollie Hollis, der für den Grill verantwortlich zeichnete, war nichts zu sehen, und durch das aufziehende Gewitter schien es wenig wahrscheinlich, dass jemand auftauchen und mich stören würde. Also kurbelte ich den Korb von der Grillstelle, entfernte mit Hilfe der schweren Grillhandschuhe, die ich in der Hütte gefunden hatte, das Schwein und brachte an seiner Stelle die Tote an, wobei ich mich leicht am Unterarm verbrannte.
Daraufhin kehrte ich zur Hall zurück, betrat sie unbemerkt durch eine Hintertür und ging in das Zimmer, in dem sich mein Bruder umzuziehen pflegt, wenn er zum Schwimmen geht. Dort traf ich ihn an, während er sich gerade abtrocknete. Als ich ihm von meinem Tun berichtete, stellte sich schnell heraus, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wovon ich eigentlich sprach. Er hatte die vergangene Stunde in Gesellschaft von Sidney Parker verbracht, seinem Geliebten. Als ich ihm von Lady Denham erzählte, fiel er aus allen Wolken. Ich war von seiner Unschuld überzeugt. Und mir wurde klar, dass jemand durch die Uhr, die am Tatort lag, den Verdacht auf ihn lenken wollte. Da ich nicht wusste, welche weiteren falschen Indizien möglicherweise ausgestreut waren, erschien es mir das Beste, nichts verlauten zu lassen, sondern herauszufinden, wer der Täter war. Zu diesem Zweck einigten wir uns darauf, dass Edward, wenn der Leichnam entdeckt wurde, unter den Ersten am Tatort sein musste, damit weitere auf seine Beteiligung hinweisende Indizien, die dort möglicherweise abgelegt waren, erklärt werden konnten. Edward, obgleich nicht unbedingt mit einem klaren Denkvermögen gesegnet, zeichnet sich jedoch unter fordernden Umständen stets durch ein hohes Maß an Selbstbeherrschung aus, so fiel ihm die Durchführung dessen, obwohl er natürlich äußerst erschüttert war, relativ leicht.
Ich hatte gehofft, die polizeilichen Ermittlungen würden schnell zur Ergreifung des wahren Täters führen, so dass meine Rolle in der Angelegenheit niemals offenkundig werden würde. Das jedoch trat nicht ein. Im Grunde bin ich froh um diese Gelegenheit, mich von der Bürde meiner heimlichen Tat zu befreien.
Ich bedaure zutiefst, durch mein Eingreifen mögliche Spuren vernichtet zu haben, und hoffe, durch diese freiwillig abgegebene Aussage für die Polizei den Weg freizuräumen, um den wirklichen Täter zu ergreifen.
Pascoe seufzte tief auf, als er zu Ende gelesen hatte. »Miss Denham, Ihnen ist klar, dass Sie sich durch diese Aussage, falls wir sie akzeptieren, selbst einer sehr schwerwiegenden Straftat bezichtigen?«
»Ja.«
»Und dass Sie sich einer noch schwerwiegenderen Straftat schuldig machen, falls Ihre Zusicherung, Sie hätten fälschlicherweise versucht, Ihren Bruder zu decken, lediglich der Versuch sein sollte, Ihren Bruder zu decken?«
»Ich habe das alles genau durchexerziert. Meine Aussage entspricht der Wahrheit.«
»Wirklich? Sie exerzieren eine ganze Menge durch, nicht wahr, Miss Denham?«
»Ich verstehe Sie nicht.«
»Zwei-, dreimal pro Woche ins Fitnessstudio? Hanteltraining, solche Dinge?«
»Sicherlich nicht.«
»Stimmt. Ich sehe bei Ihnen keinen besonders ausgeprägten Bizeps oder Trizeps, wie es bei einem solchen Training gewöhnlich der
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