Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
einem Pub herumsaß.
Erneut ging die Tür auf, und herein kam Sergeant Whitby. Er hatte den Tunnelblick desjenigen, dem viel zu lange die Vision eines Getränks vor Augen gestanden hatte, das so kalt war, dass man seinen Namen ins Kondenswasser malen konnte.
Ohne auch nur einen Blick auf die Runde am Tisch zu werfen, marschierte er zur Theke, sank auf einem Hocker nieder und sagte: »Ein Pint, wie üblich, Alan. Das hab ich mir verdammt noch mal verdient.«
»Keinen guten Tag gehabt, Beißer?«, fragte der Wirt, der, kaum war die Tür aufgegangen, das Pint bereits gezapft hatte.
»Keinen guten Tag?«, wiederholte der Sergeant. »Ich bin die halbe Grafschaft abgelaufen, um diesen Dämlack von deinem Verwandten aufzutreiben, und das nur, weil dieser Schnösel vom CID meint,
es ist zwingend nötig, dass wir mit Mr. Hen Hollis reden.
«
Als Parodie auf Pascoe war das gar nicht schlecht, ging Dalziel durch den Kopf. Kurz überlegte er, ob er den Sergeant unterbrechen sollte, bevor es ins Persönliche ging, beschloss aber, noch etwas zu warten, was ganz amüsant werden konnte.
»Der Kerl ist nirgends zu finden, also geb ich’s auf und geh zur Hall, um mich zu melden. Und was seh ich da? Sie haben diesen Ted Denham und seine Schwester verhaftet und verfrachten sie ins Präsidium zum Verhör. Glaubst du, irgendeiner hat mich angerufen und mir Bescheid gesagt? Irgendeiner von diesen Wichsern? Nein, dieser Haufen Möwenscheiße, dieser Schwulenverein denkt doch nur …«
»Beißer!«
Das Wort traf auf Whitbys Ohren wie das Donnerkrachen des Jüngsten Gerichts.
Er fuhr auf seinem Hocker herum. Gegenüber seiner Miene war Munchs
Schrei
das reinste Lächeln.
»Mr. Dalziel«, stammelte er.
»Raus«, sagte der Dicke.
Er knallte so fest die Tür hinter sich zu, dass die Gäste drinnen den Luftzug spürten.
»Wie lange noch bis zur Rente, Beißer?«, fragte er.
»Neun Monate, Sir.«
»Die volle Sergeantpension?«
»Ja, Sir.«
»Nein, Sir! Wenn mir auch nur der Hauch eines Gerüchts zu Ohren kommt, dass du in einem Pub herumlungerst, über deine Vorgesetzten herziehst und vertrauliche Informationen preisgibst, dann bekommst du einen Tritt in den Arsch und wirst so hochkant rausgeschmissen, dass du ein Kissen brauchst, wenn du auf dem Sozialamt um deine Stütze bettelst. Hast du mich verstanden, Bursche?«
»Ja, Sir.«
»Gut. So, jetzt wieder rein mit dir und trink dein Bier aus. Und kein Wort, zu niemandem. Und wenn das Pub in Flammen aufgeht, will ich noch nicht einmal ›Feuer‹ hören! Verstanden?«
»Verstanden, Sir.«
Er wartete, bis der zusammengestauchte Sergeant wieder im Nebenzimmer verschwunden war, dann ging er hinaus auf die Straße und drückte mit dem Daumen auf die Tasten seines Handys. »Pascoe.«
»Was zum Teufel geht da vor?«
»Dir auch einen schönen Tag, Andy. Schön, dass du anrufst. Ich wollte mich gerade bei dir melden und dich auf den neuesten Stand bringen. Ich habe beschlossen, die Dinge etwas zu beschleunigen. Die Denhams wurden beide verhaftet und sind im Augenblick unterwegs zum Polizeipräsidium, um offiziell verhört zu werden. Hier fehlen uns die nötigen Einrichtungen, außerdem können wir natürlich nicht für ihre sichere Unterbringung sorgen.«
»Du willst sie einsperren?«, fragte Dalziel ungläubig.
»Ich habe nicht vor, sie in den nächsten Stunden wieder freizulassen«, erwiderte Pascoe vorsichtig.
»Was hat dich dazu bewogen?«
Pascoe erzählte Esthers Version von der Entdeckung der toten Lady Denham.
»Sie hält daran fest. Und ihr Bruder hält an seiner Geschichte fest, das heißt, er hätte Sidney Parker gevögelt, bis das Unwetter aufzog. Und sowohl Ted als auch Esther versichern mir, sie seien den gesamten Tag zusammen gewesen, bis du sie aufgegriffen hast, womit sie ihm ein Alibi für Clara Brereton verschafft.«
»Die Telefonanrufe?«
»Ach ja. Auch hier hat er auf alles eine hübsche Antwort. Er rief sie am Morgen an, um nachzufragen, wie es ihr ging. Sie wurde dabei gestört, versprach aber, ihn später zurückzurufen. Das tat sie und sagte ihm, dass es ihr gutging.«
»Ein wenig riskant für eine Lüge, wenn er nicht weiß, was sie sagen wird, wenn sie wieder aufwacht.«
»Vielleicht wusste er davon. Wir haben sein Handy sichergestellt. Der letzte Anruf, bevor du und Novello bei ihnen zu Hause aufgetaucht seid, galt dem Avalon. Wahrscheinlich hat er Feldenhammer ein paar Takte von diesem schweinischen Lied vorgeflötet, von dem du mir erzählt
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