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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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herum, spähte durch die kleinen Fenster, doch selbst dort, wo die Sonne auf die schmalen Scheiben fiel, waren sie zu sehr verstaubt und von der Witterung verdreckt, um im Inneren irgendetwas erkennen zu können.
    Die Hintertür war von einfacher Natur. Kein Schloss, nur ein Riegel. Der innen natürlich mit schweren Schrauben befestigt war, damit der misstrauische Yorkshire-Bauer nachts ruhig in seinem Bette schlafen konnte.
    Er hob den Riegel an. Kein Widerstand. Knarrend ging die Tür auf.
    Jetzt konnte selbst ein so sturköpfiger, alternder Yorkshire-Sergeant wie er nicht verhindern, dass seine Gedanken einige Schritte zu einer höchst unliebsamen Schlussfolgerung vorauseilten.
    Er betrat die große Küche des Bauernhauses.
    Hier hatte sich der Lebensmittelpunkt befunden, als die Hollis-Familie noch auf Millstone gewohnt hatte. Dort stand der alte Küchenherd, auf dem die alte Ma Hollis die Mahlzeiten zubereitet hatte, hier der lange, verschrammte Tisch, wo die Männer sich niedergelassen hatten, um das Essen einzunehmen, hier der hohe, gewölbte offene Kamin, vor den man sich drängte, um sich nach einem Tag im kalten Nieselregen trocknen zu lassen, oder vor dem man saß, um an kalten Winterabenden aus der rötlichen Glut die Zukunft zu lesen.
    Auf einer Tischecke stand ein überfüllter Aschenbecher. Daneben ein umgedrehtes Glas. Und genau in der Mitte beschwerte eine leere Whiskyflasche ein Blatt Papier.
    Whitby beachtete es nicht. Es würde noch Zeit genug sein, es zu lesen – dann, wenn er sich sicher war, dass außer der Lektüre nichts anderes mehr zu tun war.
    Aus langer Erfahrung wusste er, dass ein Bauer, falls er sich nicht mehr zu helfen wusste und die Familie anwesend war, in die Scheune oder in den Stall ging, wo nur die Tiere Zeuge davon wurden, wenn er sich das Gewehr unters Kinn hielt.
    War er aber allein, würde er hier am heimischen Herd seinen Abschied nehmen.
    Daher war es ein Grund zur Erleichterung, dass die Küche leer war.
    Du lässt dich von dieser düsteren Bruchbude nur verrückt machen, tadelte Sergeant Whitby sich selbst. Er meinte, warum zum Teufel sollte Hen ausgerechnet dann, nachdem Daph Breretons Tod sein eigenes Leben so verbessert hatte, beschließen, diesem ein Ende zu setzen?
    Vielleicht hatte er die Rückgewinnung des Familienhofs durch ein typisch einsames Gelage gefeiert, war nach oben getorkelt und lag jetzt bewusstlos in seinem alten, verstaubten Bett.
    »Hen? Bist du da?«, rief er.
    So laut er auch rief, er konnte damit den Gedanken nicht übertönen, dass Hen sich ja schlecht erschießen konnte, weil er kein Gewehr mehr besaß. Das wusste er, weil er es im Jahr nach Hens Zwangsräumung selbst konfisziert hatte. Waffenbesitz wurde in den letzten Jahren von der Polizei sehr genau kontrolliert. Als Hen seinen Waffenschein nicht verlängern ließ, war Whitby ihn besuchen gekommen und hatte, nachdem er sich einen langen Katalog von Beschwerden anhören musste, das Gewehr mitgenommen.
    Daher hatte er sich im unwahrscheinlichen Fall eines beabsichtigten Selbstmords also nicht erschießen können.
    Und erneut ließ seine lange Erfahrung mit den Traumata bäuerlichen Lebens gewisse Bilder vor sein geistiges Auge treten.
    Wenn nicht das Gewehr, dann der Strick. Das Gebälk einer hohen Scheune war in diesem Fall der bevorzugte Ort. Den meisten niedrigen Bauernhäusern fehlte es an vertikalem Raum, damit ein erwachsener Mann genügend Spielraum nach unten hatte, nur manchmal erlaubte es die Lage der Treppe, ein kurzes Seil sorgfältig an einem Balken über dem Treppenabsatz zu befestigen, damit ein entschlossener Bauer sodann im eigenen Stiegenhaus baumeln konnte.
    Aber, drehten sich seine Gedanken im Kreis, es gab für Hen ja keinen Grund, sich umzubringen, nicht jetzt, nicht hier! Überhaupt keinen Grund.
    Es blieb nur eine Möglichkeit, sich dessen zu versichern.
    Langsam drückte Whitby die Klinke der Tür nach unten, die zum Treppenhaus führte. Langsam schob er sie auf.
    »O Scheiße«, entfuhr es ihm. »O Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße!«

14
    A ndy Dalziel saß im morgendlichen Sonnenschein auf den Treppenstufen der Millstone Farm und las den Brief, der in einem transparenten Beweisbeutel steckte.
    Er war mit Bleistift geschrieben, in runder, wackliger Handschrift.
    Es war alles bloß ein Unfall ich war nur da um Ollie zu helfen weil der ein Problem mit dem Grill gehabt und mich angerufen hat ob ich ihm nicht zur Hand gehen kann.
    Dann hat Daph mich

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