Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
rosa Tutus die Marklinie auf und ab zu hüpfen und
Fass mich nicht an, du Grobian!
zu plärren. Wir hatten viel gemeinsam, ich und Stompy.
Sie setzen mich vor dem Pub ab. Das Hope and Anchor. Ich habe kein Geld dabei. Höchstwahrscheinlich hätte ich den Wirt überreden können, es aufschreiben zu lassen, aber der Typ im Wagen, Tom, pumpt mir gleich freiwillig einen Zwanziger, ich muss also gar nicht meinen Charme spielenlassen. Ich gehe ins Pub. Der Hauptraum ist voll mit Ausflüglern, die Sandwiches und Hühnchen-Tikka und solche Sachen verputzen. Auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite befindet sich ein Nebenraum mit einem halben Dutzend Tischen, von denen nur einer besetzt ist, zwei alte Knacker, die an ihrem Pint nuckeln. Ich gehe rein, lege den Zwanziger auf den Tresen und sage: »Von deinem besten Pint, Wirt.«
Nehme an, er bekommt nicht viele Gäste in ihrem Schlafgewand zu Gesicht, aber ich muss ihm zugutehalten, dass er nicht zögert. Keine Sekunde. Zapft mir ein Pint, stellt es vor mich hin.
Ich nehme das Glas, setze es an die Lippen und trinke. Will ja kein Gierschlund sein, aber irgendwie ist das Glas, als ich es abstelle, leer.
»Dann brauchen Sie noch eins«, sagt er mit freundlichem Lächeln.
Ich kann mich für den Mann richtig erwärmen.
»Aye, und einen Scotch zur Gesellschaft«, sage ich. »Und eine Tüte Schweinekrusten.«
Ich nicke den alten Knackern zu, die ebenfalls nicken, als ich meine Getränke zu einem Tisch in der dunklen Ecke bringe. Wenn ein Wirt mich anständig behandelt, bin ich auch nett zu seinen Gästen.
Ich knabbere meine Schweinekrusten, nippe an meinem Scotch, stürze mein Bier hinunter und sehe mich um. Netter Raum, viel Eichenpaneel, kein Fernseher, keine Musikberieselung, überm Tresen ein farbiges Poster, das irgendein Festival der Gesundheit anpreist. Bei einer Medizin wie dieser, denke ich, kann nichts schiefgehen. Und zum vielleicht ersten Mal seit der Explosion in der verdammten Mill Street bin ich richtiggehend glücklich.
Es hält aber nicht lange an. Tut es selten. Laut Vater Joe ist dem so, weil Gott es gern sieht, wenn wir immer auf Trab sind.
Jedenfalls hält er mich auf Trab.
Hab kaum Zeit, den Augenblick zu genießen, als die Tür zum Barraum aufgeht und ein Mann im Rollstuhl hereinkommt.
Er bleibt kurz nach der Tür im einzigen Lichtstrahl stehen, der durch das Fenster fällt. Sein Kopf ist so glattrasiert, dass das Licht davon abprallt und ihm eine Art Heiligenschein verpasst. Sein Blick schweift durch den Raum, bis er an mir hängenbleibt.
Vielleicht liegt was in der Luft von Sandytown, das die Leute davon abhält, ihre Überraschung zu zeigen. Der Wirt hat ungerührt dreingeschaut, als ein leicht blutender Mann im Schlafanzug und mit nur einem Pantoffel am Fuß in sein Pub marschiert kommt.
Der Typ im Rollstuhl setzt noch eins drauf. Sein Gesicht erhellt sich bei meinem Anblick tatsächlich vor Freude, als würde ich ihm Geld schulden und als hätten wir vereinbart, uns hier für die Rückzahlung zu treffen.
»Mr. Dalziel!«, ruft er aus und rollt auf mich zu. »Von allen Schnaps-Spelunken in der Welt müssen Sie ausgerechnet in meine kommen! Wie schön, Sie wiederzusehen.«
Ich muss zweimal hinsehen und traue meinen Augen nicht. Oder will ihnen vielleicht nicht trauen.
»Verfluchte Scheiße«, sage ich. »Franny Roote. Du solltest doch längst tot sein!«
6
Hab ein Nickerchen gehalten. Die verfluchten Tabletten!
Wo war ich stehengeblieben?
Oh aye. Bei Franny Roote.
Ich hab ihn in diesem College kennengelernt, das nicht weit von hier an der Küste liegt und in dem Ellie Pascoe gearbeitet hat. Man hat dort die Leiche des alten Rektors unter der Gedenkstatue verscharrt gefunden. Roote war Vorsitzender der Studentengewerkschaft. Eine illustre Persönlichkeit. Hat schwer Eindruck auf alle gemacht. Besonders auf mich, als er auf meinem Schädel eine Flasche Scotch zertrümmerte. Zum Tatbestand des tätlichen Angriffs kam noch Beleidigung, es war nämlich meine eigene Flasche.
Er wurde eingesperrt – nicht für den tätlichen Angriff, sondern weil er am Tod des Rektors beteiligt gewesen war. Als er ein paar Jahre darauf rauskommt, taucht er wieder in Mid-Yorkshire auf, wo er an der Uni Recherchen für eine Doktorarbeit betreibt. Dann wird sein Doktorvater ermordet. Und noch ein paar andere Leute.
Wenn Roote in der Nähe ist, fallen die Leute immer reihenweise tot um.
Pete Pascoe war überzeugt, dass er was damit zu tun hat, was sich
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