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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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underdressed.
    Von ihm noch immer keinerlei Regung und kein Wort. Dann sagt der Wirt warnend: »Hen.«
    Jetzt lächelt er. Nacktes Zahnfleisch vor allem, und die wenigen Zähne, die man durchs Gestrüpp hindurch zu Gesicht bekommt, sind grün-gelblich und verfärben sich zu den Wurzeln hin ins Schwärzliche. Ich erwarte fast, dass Katzenjammer in Ohnmacht fällt.
    Dann tritt er zur Seite, vollführt eine lächerliche Verbeugung und sagt: »Ach, das tut mir leid, Eure Ladyschaft, sehr leid. Wie schrecklich, würde Eurer Ladyschaft doch nie im Weg stehen wollen.«
    »Das werden Sie auch nicht«, sagt sie und rauscht an ihm vorbei. Die junge Clara, ein wenig peinlich berührt, ihr hinterher.
    Der alte Knacker tritt die Tür hinter sich zu. »Vorsicht, Hen«, sagt der Wirt. »Schließlich muss ich für die Einrichtungsgegenstände aufkommen. Das Übliche, Dr. Feldenhammer?«
    Der Yank, der den Zwischenfall mit Interesse beobachtet hat, nickt. Das Übliche für ihn ist ein Kurzer. Dunkelbernsteinfarben, mit genügend Eis, um die
Titanic
zu versenken. Jack Daniel’s vielleicht. Wenigstes ist er nicht purpurn. Lester schlürft daran, dreht sich um und lehnt sich an den Tresen. Sein Gesicht spaltet sich zu seinem Porzellanlächeln auf, während er so tut, als hätte er uns erst jetzt bemerkt.
    »Na, hallo, Franny«, ruft er. »Und Mr. Dalziel, Sie sind auch hier? Schön, dass Sie etwas rumkommen, Sir. Sie sehen gut aus.«
    Roote verpasst meinem Oberschenkel unter dem Tisch einen Hab-ich-doch-gesagt-Patsch. Ich hätte mit einem Erst-mal-abwarten-Tritt gekontert, aber da er sowieso kein Gefühl in den Beinen hat, erscheint es mir die Anstrengung nicht wert.
    »Aye, es geht mir nicht schlecht«, lüge ich. Die Wahrheit lautet: Mir ist ziemlich schwindlig. Der komische Kauz hat sich zu einem Pint verholfen, ohne dass er dafür den Mund aufmachen oder Geld rüberschieben musste, soweit ich sehen konnte. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte es mich brennend interessiert, was da gerade abgegangen ist, im Moment aber interessiert es mich nicht die Bohne.
    »Schön. Und Sie, Franny, wie geht es Ihnen? Ich hoffe, Sie kommen am Freitag zu Toms Treffen.«
    »Aber natürlich. Aufregende Zeiten, Lester. Wollen Sie sich nicht zu uns setzen?«
    Franny und Lester. Wie eine alte Music-Hall-Nummer. Roote scheint hier wirklich wieder auf seine nutzlosen Beine gekommen zu sein. Klingt, als wäre sein gesellschaftlicher Kalender ziemlich voll.
    »Danke, aber ich kann nicht bleiben«, sagt der Yank. »Musste nur eine Expresssendung zur Post bringen. Meine Nichte in den Staaten hat Geburtstag. Fast hätte ich ein Kapitalverbrechen begangen und es vergessen. Einen kleinen Drink, dachte ich, hätte ich mir darauf verdient. Ich muss aber umgehend zur Klinik zurück.«
    Das sind verdammt noch mal zu viele Details – so schlecht geht es mir noch nicht, dass ich das nicht bemerken würde. Dachte, ein Seelenpfuscher wüsste so was. Außerdem haben die meisten Postämter auf dem Land samstagmittags geschlossen.
    Erneut geht die Tür auf. Langsam wird das zu einer französischen Farce. Der Neuankömmling ist ein gutsituierter junger Typ, einer von denen, in deren zerfurchtem Gesicht sich schon um halb zwei ein Fünf-Uhr-Schatten abzeichnet. Er benimmt sich, als schuldete ihm die Welt ein Vermögen und jede Frau einen Koitus.
    »Alan, zufällig meine Tante gesehen?«, fragt er.
    »War hier und ist schon wieder weg. Sagte, sie wartet auf Sie im Moby’s.«
    »O mein Gott. Sie war angearscht, oder? Das heißt Hummer Thermidor, fürchte ich. Aber die Flunder hätte sie ja sowieso nicht genommen!«
    Er verzieht das Gesicht, um anzudeuten, dass er nur Spaß gemacht hat. Aber das hat er nicht.
    Jetzt erst lässt er sich dazu herab, die anderen im Raum in Augenschein zu nehmen. Catweazel ignoriert er, mir und Roote wirft er ein großspuriges Grinsen hin und sagt, »ah, Franny, die Krankenschwester hat Sie auf einen Spaziergang mitgenommen?«, dann stutzt er zweimal, als würde er jetzt erst Lester bemerken, und ruft: »Sind Sie das, Dr. Feldenhammer? Hab Sie gar nicht erkannt, so sitzend, Sir. Ich hoffe, es ist alles in Ordnung. Darf Tantchen nicht warten lassen.«
    Dann geht er, wüst vor sich hin pfeifend.
    Lesters Gesicht läuft so dunkel an wie alter Port. Entweder ist er ziemlich narkotisiert, oder er steht kurz vor einem Schlaganfall.
    Er kippt den Rest seines Drinks, als hätte er ihn bitter nötig, die Eiswürfel klappern so hart gegen die schneeweißen

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