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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Übels?«
    »Der heilige Paul?«, sage ich. »Dachte, das wäre von Ringo. Nein, tut mir leid, liegt wohl etwas länger zurück. Adam Faith, richtig?«
    Roote ist nicht oft zum Schweigen zu bringen, aber dieses Mal hab ich einen Volltreffer gelandet.
    Die Frauen trinken aus und gleiten von ihren Hockern, das Mädel wie eine Schneeflocke, die alte Lady wie eine Lawine.
    Clara winkt verhalten, während ihre Tante sagt: »Alan, vielleicht ist mein Wirrkopf von Neffe direkt ins Moby’s. Falls er hier auftauchen sollte, sagen Sie ihm, dass wir dort sind. Und vergessen Sie nicht, sich von ihm unsere Drinks bezahlen zu lassen. Ein Gentleman, der Gäste einlädt, kann nicht erwarten, dass diese selber bezahlen. Apropos, Ihre Ideen über die Renovierung des Kellers, ich denke, wir brauchen dafür eine eingehende Kalkulation. Ich brauche Berechnungen, keine Schätzungen. Falls ich Zeit finde, komme ich später noch mal vorbei, um mir die Sache genauer anzusehen.«
    Der Wirt neigt ehrfürchtig den Kopf, vielleicht hat er aber auch nur Angst, man könnte ihm ansehen, dass das nicht die besten Neuigkeiten sind, die er an diesem Tag gehört hat.
    »Natürlich, Lady Denham«, sagt er.
    Dann sieht sie in unsere Richtung. »Tschüsschen, Franny. Vergessen Sie nicht, Sie sind diese Woche noch bei mir zum Mittagessen eingeladen.«
    »Ist in meinem Herzen eingraviert, Lady D.«, sagt Roote.
    Ihr Blick wandert zu mir, sie zieht den Kopf ein und stößt ein Prusten aus, als überlegte sie, ob sie auf mich losgehen soll, schlägt dann allerdings den Weg zur Tür ein.
    »Zu Hummer im Moby’s?«, murmle ich.
    »Leider nicht. Schweinebauch in Sandytown Hall, fürchte ich«, sagt Roote mit leichtem Schauder.
    Bevor ich fragen kann, was er damit meint, geht die Tür auf, der sich die beiden Frauen gerade nähern, und eine Yankee-Stimme überschlägt sich fast.
    »Daphne, Clara, wie schön, Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen, meine lieben Damen?«
    Grinsegesicht Lester.
    Na, wenigstens haben sie Prince Charming geschickt, um mich einzusammeln, nicht irgendeinen rotznäsigen Pfleger. Immer vorausgesetzt, dass er deswegen gekommen ist. Roote scheint sich genau das zu denken. Er sieht mich an. Fragend, glaub ich, nennt man so einen Blick. Genau wie Pascoe es manchmal tut. Vielleicht haben er und Roote mehr gemeinsam, als mir bewusst ist.
    Katzenjammer tritt ein, richtet sein Scheinwerferstrahlen auf das junge Mädel und wird dann in den Armen der Büffelfrau zusammengefaltet. Es ist, als würde man den Cumberland-Ringern zusehen, nur patschen die nicht ihre Schnauze aufs Gesicht ihres Gegners und verabreichen deren Mandeln keine Zungenmassage. Jetzt wird mir klar, worauf Roote so verstohlen angespielt hat.
    Schließlich befreit er sich und torkelt ein wenig wie ein Taucher, der zu schnell hochgekommen ist. Aber man muss ihm zugutehalten, er erholt sich schnell, und bald darauf plaudern er und Lady D. drauflos wie ein Elefantenballett in einem alten Disney-Cartoon – er ganz der Yankee-Charmeur, sie mädchenhaft flirtend. Der gute Katzenjammer tut mir fast leid. Habe den Eindruck, als könnte sie ihn zum Frühstück verspeisen und über der Couch in seinem Sprechzimmer wieder ausspucken. Schließlich gibt sie ihm einen Abschiedskuss, dem gegenüber sich der erste wie ein Probelauf ausnahm, und will los, bleibt aber wie angewurzelt stehen, da erneut die Tür aufgeht. Auf der Schwelle steht ein Mann.
    Aber der ist anders. Hier gibt es keine Gefühlsergüsse, keine Küsschen. Wenn ich Gesichter lesen kann, dann würde ich sagen, keiner von beiden hätte auch nur unruhig geschlafen, wenn einer von ihnen auf der Stelle tot umgefallen wäre!
    Der Neuankömmling steht mitten der Tür, so dass sie nicht vorbeikann.
    »Wenn Sie erlauben«, sagt sie, arrogant wie eine Herzogin zu ihrem Wildhüter, den sie nicht vögeln will.
    Er rührt sich nicht. Er sieht aus, als wäre er an die neunzig. Ich habe bei Exhumierungen schon gesündere Gesichter gesehen. Seine Augen sitzen in tiefen Höhlen, die wenigen Haarsträhnen krallen sich an den Schädel wie Schimmel auf einer Pflaume, und sein Bart gleicht einem Naturschutzgebiet. Trotz der Hitze trägt er eine angeranzte alte dicke Jacke, ein altmodisches gestreiftes Hemd ohne Kragen und eine dieser ausgebeulten Hosen, die sich Bauern früher mit einem Strick umgebunden haben, nur würde jede Ratte, die etwas auf sich hält, davon absehen, auch nur hineinzuschnuppern.
    Plötzlich fühle ich mich gar nicht mehr so

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