Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Heiler, den ich hoffentlich in die Mitte unserer fürsorglichen Gemeinschaft locken kann –
Während er das alles sagte, führte er einen kleinen Jig auf, um seine Gesundung zu demonstrieren. Esthers Antlitz hatte sich bei der Erwähnung des Wortes
Heiler
zusammengezogen wie ein Schweinearsch – & als sie den Jig sah, glaubte ich, sie könnte jeden Moment vor Abscheu kotzen. Zum Glück für die auf Hochglanz polierten Bodendielen klingelte in diesem Moment ihr Handy. Sie sah aufs Display – & ihre Miene veränderte sich so schnell, als wäre sie computeranimiert.
– Tante Daphne – trällerte sie – wie geht es dir? –
Sie erhob sich & entfernte sich – nicht ohne das übliche
Tut mir leid
zu äußern, das die meisten von sich geben, wenn sie in Gesellschaft anderer von ihrem Handy überrascht werden – sie jedoch sagte es, als hätte sie es vorgezogen, wenn
wir
den Raum verlassen hätten &
sie
hätte sitzen bleiben können!
Ihr veränderter Gesichtsausdruck aber rief erneut meinen ersten Eindruck wach – jetzt war ich mir nämlich ziemlich sicher, sie – oder ihren Zwilling – schon mal gesehen zu haben. Du erinnerst dich – letzten Dezember – beim Skifahren in der Schweiz in der Nähe von Davos – ich habe dir
ausführlich
von mir & dem lausigen Liam berichtet – anders als das zensierte Zeug, das du mir schickst! Dad sprang im Dreieck – bis ich ihm zusagte, ich würde Weihnachten zu Hause sein – außerdem kostete es kaum was – Fahrt mit dem Bus – Übernachtung in der Jugendherberge – Stockbetten in Schlafsälen – was ihn – fälschlicherweise – zu der Annahme verleitete, dass nichts Unanständiges passieren würde. Aber erst als George fragte, ob er mitkönne, rang sich Dad seine Zustimmung ab. Der RS glaubte, George würde die Anstandsdame geben – ich glaubte, ich müsste ihn immer mitschleifen – wir sollten uns beide täuschen! Letztendlich bekam er – wie ich dir erzählt habe – genauso viel Action ab wie ich!
Wie auch immer – unser
Après-Ski
bestand aus einer biergeschwängerten Disco in der Bengel-Bar – eine Mischung aus Willingden Village Hall & dem Schwarzen Loch von Kalkutta – dort traf sich die abgebrannte Jugend – & dort sah ich auch diese säuerliche Visage – nur war sie nicht säuerlich – sie lachte, bis ihr die Tränen kamen – & zog eine heiße Dirty-Dancing-Nummer ab – mit einem dürren blonden Typen – dem reichten die Haare bis zu den Schultern & er hatte einen Schnurrbart, mit dem er Suppe filtern konnte. Er hieß Emil – Nachname laut George zufolge Geiger-Zähler – aber das war bloß eine Verballhornung von Künzli-Geiger oder Ähnlichem. G. lernte ihn irgendwie kennen – ich glaube, sie waren gemeinsam beim Pinkeln – so schließen Typen Bekanntschaft, steht alles in den Lehrbüchern! – & am nächsten Tag traf er ihn auf der Piste & sie fuhren eine Art Rennen – das G. verlor. G. war sichtlich beeindruckt, das ein so dürrer Typ wie Emil ihn beim Skifahren schlagen – & – vermute ich – obwohl er das nicht offen aussprach – noch dazu einen so großen Pimmel haben konnte! Muss G. danach fragen, wenn ich zu Hause anrufe.
Sie
hatte keinen Namen – nur eine Initiale – Ess – & eine von meinen Freundinnen taufte die beiden Ess & Em, nachdem sie sie tanzen sah – was ich George erklären musste – der das für das witzigste Wortspiel seit »Madam I’m Adam« hielt – du erinnerst dich? – & meine Freundin entsprechend belohnte.
Trotzdem fiel es mir schwer zu glauben, dass Dirty-Dancing-Ess & Sauertopf-Esther ein & dieselbe Person sein konnten – auch wenn ich mich daran erinnere, dass Mary erwähnt hatte, Lady D. habe die Denhams vergangene Weihnachten zu einem Skiurlaub eingeladen. Sie war in den Flur hinausgegangen – ihre Stimme aber blieb auf der Upperclass-Lautstärke, die nahelegte, dass Dienstpersonal & andere von dieser Sorte wie ich & die Parkers stocktaub sind – oder sein sollten. Wir hörten also sehr deutlich, wie sie sagte – nein – macht überhaupt nichts – nein – nur ein Höflichkeitsbesuch – unter diesen Umständen kannst du es als Krankenbesuch bezeichnen – eine verdrießliche Pflicht – aber eine Pflicht nichtsdestotrotz – wie du doch sehr gut verstehen wirst – Tante Daphne. Fünf Minuten – kaum länger –
Tom hatte unterdessen Sir Teddy gefragt, wie es mit der Arbeit stehe – & der Baronet verzog das
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