Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
suchte Pascoe etwas zum Kritteln.
»Tut mir leid, Wieldy. Ich bezweifle es ja nicht«, knickte er ein. »Aber
Franny Roote!
Ich dachte, der ist tot.«
»Lady Denham ist tot«, sagte Wield. »Laut dem Arzt mit bloßen Händen erwürgt. Todeszeitpunkt, ein bis drei Stunden bevor er sie zu Gesicht bekam. Dass sie über Holzkohle gegrillt wurde, macht die Zeitbestimmung nicht einfacher.«
Sein Ton passte zu seiner Miene. So neutral wie der von Jeeves. Kein Anflug von Auflehnung gegen den jungen Herrn. Trotzdem fühlte Pascoe sich getadelt.
Er wusste, er hatte es allemal verdient.
Ein Detective Chief Inspector, der neunzig Minuten nach seinem Sergeant am Tatort eintraf – dank eines platten Reifens und eines noch platteren Ersatzreifens – und feststellte, dass eine provisorische Einsatzzentrale eingerichtet war, Zeugenaussagen aufgenommen wurden und eine Einheit der Spurensicherung, in mystisches, reinweißes Nylon gekleidet, geschäftig ihrer Arbeit nachging, hätte auf die Knie fallen und seinen Dank bekunden sollen.
Klar, der Sergeant hieß Edgar Wield, und das bedeutete, dass seine Vorgesetzten vom Mid-Yorkshire CID nichts anderes erwarten konnten. Für sie war er in er Tat genau das, was Jeeves für Bertie Wooster war. Er wirkte Wunder, still und effizient, sein Verstand verarbeitete Information mit der Geschwindigkeit von Siliziumchips, und er achtete darauf, dass seine Überlegenheit die Vorgesetzten nicht in Verlegenheit stürzte.
»Außerdem«, wie Andy Dalziel bemerkt hatte, als ihm die Parallelität nahegelegt worden war, »brauchst du Jeeves’ Kater-Kur nicht mehr, wenn du am Morgen als Erstes sein Gesicht zu sehen bekommst.«
Pascoe holte tief Luft und riss sich zusammen. Er sollte sich auf die über dem eigenen Grill geröstete adelige Lady konzentrieren.
»Also, Wieldy, bring mich auf den aktuellen Stand.«
Wield brauchte dafür zwei Minuten. Andy Dalziel hätte wahrscheinlich drei gebraucht, Pascoe selbst dreieinhalb, die meisten anderen CID -Beamten um die fünf, Streifenpolizisten sechs oder sieben, ein eloquenter Zivilist mindestens zehn Minuten, und Molly, die in der Zentrale den Tee kochte, eineinhalb Stunden.
»Das Opfer«, schloss Wield, »wurde nach bestätigten Berichten zum letzten Mal gegen halb drei gesehen – da hat es sich mit einem der Gäste, einem Mr. Godley, lebhaft unterhalten.«
»Lebhaft wie in
Wenn mir die Worte ausgehen, erwürg ich dich?
«
Wield zuckte mit den Schultern. Er zog es vor, sich so lang wie möglich auf dem festen Boden der Tatsachen aufzuhalten, bevor er sich in den Morast der Spekulationen begab.
»Er ist so was wie ein Heiler«, sagte er.
»Und ist der Tod nicht das Heilmittel aller Gebrechen?«, sagte Pascoe. »Ich freue mich darauf, mit ihm zu reden. Ich nehme an, du hast, wie im Goldenen Zeitalter üblich, Mr. Godley und die anderen Gäste in die Bibliothek gepfercht, wo sie die Ankunft des Großen Detective erwarten?«
»Wusste nicht, dass er kommen würde«, sagte Wield. »Nein, tut mir leid. Erstens, es gibt keine Bibliothek. Zweitens, viele von ihnen scheinen schon nach Hause gefahren zu sein, bevor der Sergeant vor Ort, Whitby, hier eintraf. Und von denen, die da noch übrig waren, hatten sich die meisten, bis ich kam, auch schon verzogen.«
»Dieser Whitby hat keine Anstalten gemacht, sie aufzuhalten?«, fragte Pascoe.
»Wie auch?«, sagte Wield, der sich immer hinter die Sergeants stellte. »Einer allein kann nicht viel ausrichten. Man kann es ihnen ja auch kaum verdenken, dass sie bei
dem da draußen
nicht weiter rumhängen wollten.«
Sie standen am Fenster der Einsatzzentrale, die in einer leerstehenden Wohnung über den Ställen eingerichtet worden war. Sie bestand aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einer winzigen Küche und einer Toilette. Im Gegensatz zu den gepflegten Ställen unten machte die Wohnung einen verwahrlosten Eindruck, auch nachdem man das Schlimmste an Staub und Unrat rausgefegt hatte.
Pascoe und der Sergeant hielten sich im Schlafzimmer auf. Durch die rissige, verdreckte Fensterscheibe konnten sie über den Rasen zu den Sträuchern sehen, hinten denen sich, gerade noch zu erkennen, das graue Zelt wölbte, das über den fürchterlichen Grill gespannt worden war.
»Was macht Sergeant Whitby jetzt?«, fragte Pascoe, um den Moment hinauszuzögern, an dem er die schreckliche Szenerie selbst in Augenschein nehmen musste. »Nach Hause gefahren, um Tee zu trinken?«
»Nein, ich hab ihn weggeschickt, er soll
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