Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Ehe erhalten hat, ist ein echter Adelstitel.«
»Wirklich? Du überraschst mich, Wieldy. Ich dachte, heutzutage wären alle Titel auf die eine oder andere Art käuflich. Und in diesem Elendsquartier, das uns Sir Edward so generös überlassen hat, wohnt doch hoffentlich niemand?«
»Jetzt nicht mehr«, sagte Wield. »Früher, als sie noch viele Pferde hatten, war hier der Stallmeister oder so untergebracht.«
»Gibt es noch Personal?«
»Niemanden, der hier wohnt, außer du rechnest Miss Brereton dazu. Sie scheint hier das Sagen zu haben.«
»Und da sie eine Verwandte ist, macht sie es wahrscheinlich für Kost und Logis«, mutmaßte Pascoe. »Also, wenn Sandytown Hall zum Hollis-Erbe des Opfers gehört und diese Cousine zweiten Grades und Gesellschafterin das Sagen hat, warum meint dann der Neffe überhaupt, dass er dich rumscheuchen kann?«
Und warum lässt du dich überhaupt rumscheuchen?
– diese Frage hing in der Luft.
Aber wenigstens schien Pascoe nun ganz bei der Sache zu sein.
»Ich habe Miss Brereton gefragt, wo es am besten wäre«, sagte Wield. »Bevor sie darauf antworten konnte, mischte sich Sir Edward ein. Als wollte er Besitzansprüche geltend machen.«
»Das heißt, er glaubt, das Haus wird ihm zufallen«, sinnierte Pascoe. »Eine Information, die jemand, der schuldig ist, eher kaschieren würde, richtig?«
»Es sei denn, er ist ein ganz Schlauer, so wie du«, sagte der Sergeant.
»Herzlichen Dank«, erwiderte Pascoe, obwohl er sich nicht sicher war, ob es wirklich so herzlich gemeint war. »Aber leider bin ich nicht schlau genug, um den schrecklichen Moment noch weiter hinauszuzögern. Ich sollte mich also mal lieber am Tatort blicken lassen und mir den Appetit verderben. Ist der Arzt da?«
»War da und ist schon wieder weg. Hat den Tod bestätigt und, wie gesagt, auf Erwürgen getippt, vermutlich zwischen vier und sechs. Sagte ihm, ich würde ihn anrufen, falls du noch was wissen willst, aber er hat Gäste zum Abendessen.«
»Hoffentlich gibt es keinen Schweinebraten«, erwiderte Pascoe. »Und du hast alles in die Wege geleitet, um die flüchtigen Gäste zu befragen? Gut. Wen haben wir eigentlich in unserem Team?«
»Glück gehabt. Bowler, Novello und Seymour waren alle verfügbar. Hab ihnen gesagt, sie sollen mit den Parkers anfangen. Alteingesessene Familie, außerdem bestehen, soweit ich mitbekommen habe, enge Geschäftsverbindungen mit der Verschiedenen. Habe es für das Beste gehalten, sie gleich zu befragen, bevor sie lange herumsitzen und die Ereignisse durchkauen können, um dann alle mit der gleichen Version der Geschichte zu kommen.«
Pascoe zog eine Augenbraue hoch, ein Trick, den er nach jahrelanger Übung nun endlich beherrschte.
»Eine Verschwörung, meinst du?«
»Nein. Nur die menschliche Natur«, sagte Wield. »Einige Gäste von der Avalon-Klinik. Chef und Oberschwester. Dachte mir, die willst du dir selber vorknöpfen.«
»Weil der Superintendent bei denen ist, meinst du?«, interpretierte Pascoe. »Cap Marvell sagt, er will noch keine Besucher sehen.«
»Mag sein, aber wenn vor seiner Haustür ein Mord geschieht, dann wird er uns wahrscheinlich besuchen kommen, falls er nicht bald ins Bild gesetzt wird.«
Pascoe schauderte.
»Du hast recht. Ich werde rübergehen, sobald ich mir den Tatort angesehen und mit der CSI gesprochen habe.«
Pascoe, immer schon ein wenig pedantisch, hatte sich lange dieses amerikanischen Ausdrucks verwehrt, schließlich aber hatte sogar er sich der Macht des Fernsehens beugen müssen.
»Eines noch«, sagte Wield. »Sammy Ruddlesdin ist hier. Ist kurz nach mir aufgetaucht.«
»Hat uns wieder abgehört. Der alte Schlingel«, sagte Pascoe. »Was hast du mit ihm gemacht?«
Ruddlesdin war Mid-Yorkshires erster Kriminalreporter. Er und Pascoe pflegten seit langem gute Beziehungen, was sich wieder mal auszahlte. Andere Journalisten hätten es skrupellos ausgeschlachtet, dass sie eine Stunde vor dem obersten Ermittlungsbeamten am Tatort eingetroffen waren.
»Hab ihn rausgeschmissen. Wahrscheinlich zieht er gerade durch die Stadt für Hintergrundrecherchen. Meinte, er würde wiederkommen.«
»Könnte noch nützlich sein«, sagte Pascoe.
»Vielleicht«, kam es von Wield, der aber nicht sehr überzeugt klang. »Was Roote angeht, Pete. Soll ich seine Aussage aufnehmen?«
»Dafür wäre ich dir dankbar.«
»Ich sage ihm, du würdest später mit ihm reden, ja?«
»Was meinst du? Was ich ihm schulde, kann ich ihm nie und nimmer
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