Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
Vom Netzwerk:
machte sich daran, sich nach allen Regeln der Kunst zu betrinken. Je mehr er trank, desto lebhafter wurden seine Phantasien. Er war in der Zeit zurückgereist, überhaupt nicht mehr in der Gegenwart. Die gemurmelten Gespräche, die schreienden Kinder und die Schritte, das war alles weit weg. Selbst die als römische Steinmetze verkleideten Studenten, die ab und zu lateinische Sprüche von sich gaben, hatten Mittagspause.
    Eine Weile genoss er das Gefühl, ganz allein und an einem völlig anderen Ort zu sein. Leider dauerte das nicht an. Hinter ihm waren johlende Stimmen zu hören, der Klang polterte wie Kies und loses Geröll durch die Gänge.
    »Verdammte Touristen«, zischte er leise.
    Zunächst sah er nur ihre Schatten, lang und schwarz im Gegenlicht.
    Vier junge Männer taumelten auf ihn zu und zerstörten mit ihrem Lärm und ihrer Massigkeit die andere Welt, dieer sich zusammengeträumt hatte und in der er sich so angenehm eingerichtet hatte. Ihre Stimmen hallten von den uralten Steinen wider.
    Einer von ihnen trug einen Schal, der ihn als Student der Universität von Bath auswies. Er hatte dunkles Haar und ein rosiges Gesicht und pflügte sich voran wie ein Außenverteidiger im Rugby. Auch die anderen sahen so aus, als wären sie gut in diesem Sport. Bath war im Rugby ziemlich erfolgreich. C. A. hatte für Spiele und Sport nichts übrig. Er mochte nur Kriegsspiele, und die zählten ja nicht.
    Wright schaute grimmig. Er nahm den vieren ihr Eindringen übel. Ihm stieß es sauer auf, gleichermaßen vom Whisky und vom Ärger.
    Vier fröhliche Gesichter wandten sich zu ihm hin. Er roch den Alkohol und ahnte, dass sie mehr als nur ein kleines Gläschen intus hatten. Seltsam, er merkte es immer, wenn jemand anders getrunken hatte, obwohl er selbst ja auch ganz schön voll war.
    Einer der jungen Männer klatschte ihm die Hand auf die Schulter. »Alles in Ordnung, Kumpel.«
    Colin wedelte die Hand weg, wie er eine Schmeißfliege vertreiben würde. »Ich bin nicht dein Kumpel.«
    »Oho. Sind wir aber empfindlich.«
    Wright wurde noch mürrischer. Er hatte sich so wohl gefühlt. Diese Jungs hier hatten auch ihren Spaß gehabt, sich aber bestimmt gemeinsam besoffen, während er lieber allein trank.
    Ein Mundwinkel verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. »Ich will euch mal eins sagen, ihr versoffenen Grünschnäbel, ihr könnt euch verpissen!«
    »Grünschnabel? Und ich soll mich verpissen?«, fragte der junge Mann mit dem schwarzen Haar und den rosigen Wangen.
    »Ganz genau, Schneewittchen«, antwortete Colin und wandte sich von ihm ab.
    Hinter seinem Rücken runzelte der junge Mann die Stirn. Mit einem hatte Wright recht. Er hatte getrunken – sogar ziemlich viel. So viel, dass er wegen seiner eigenen Fahne Wrights Whiskyatem nicht bemerkt hatte. Nicht dass es etwas ausgemacht hätte, ob der Mann, der ihn so ärgerte, besoffen war oder nicht. Der Alkohol und die Beschimpfungen hatten seine Wut nur noch weiter entfacht. Genau wie bei Wright war sein gesunder Menschenverstand ausgeschaltet.
    »Schneewittchen? Was zum Teufel soll das denn heißen?«
    »Lass es gut sein, Deke.«
    Einer seiner Freunde hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und versuchte ihn wegzuziehen.
    Deke schüttelte die Hand ab. Er war ein jähzorniger Typ, und seine von Natur aus rosigen Wangen waren inzwischen feuerrot. Seine schwarzen Augen sprühten Funken.
    »Der verarscht mich, verdammt!«
    Seine zornigen Worte hallten von dem unterirdischen Gewölbe wider. Normalerweise hätte er einen solchen Kerl mit hocherhobenem Kopf einfach ignoriert, aber heute nicht. Das hatte sicherlich mit der vielen Zeit zu tun, die er im Saracen’s Head, im Pulteney Arms und im Foresters verbracht hatte – und damit, dass ihm dieser Kerl auf Anhieb unsympathisch gewesen war. Mit gesenktem Kopf und angespannten Schultern stürmte er los. Zum Glück für Wright packten die drei Freunde den jungen Mann und zogen ihn zurück.
    »Ich warne dich!«, knurrte der Student, während ihm sein gegeltes schwarzes Haar in Strähnen feucht in die Stirn fiel. »Halt deine dämliche Klappe, sonst ramm ich dir meine Faust in die Zähne.«
    Vom Alkohol beflügelt und in der sicheren Gewissheit, dass Dekes Freunde ihn zurückhalten konnten, schimpfte und schmähte Wright ihn unvermindert weiter. Nüchtern hätte er das nie gewagt. Auch jetzt floss nicht das Blut eines mutigen Helden, sondern nur der Whisky durch seine Adern. Das machte ihm alles einen Heidenspaß. »Tiere dürfen

Weitere Kostenlose Bücher