Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
Vom Netzwerk:
fassen war, dann hatten seine Augen etwas von einem Raubvogel, fand Honey. Die Farbe wirkte intensiver, sie schauten schärfer und in die weite Ferne, als wollte er gleich seine Klauen in das Opfer schlagen.
    Aber im Augenblick schien nichts dergleichen anzuliegen. Seine Gedanken waren jedenfalls nicht bei der Arbeit. Und bei dem Telefonat ging es auch nicht um Polizeiangelegenheiten. Aber das wollte sie sich bestätigen lassen.
    »Jetzt sag mir eins, liebster Schatz«, flötete sie mit ihrer lieblichsten, verführerischsten Stimme. »Sprichst du wirklich mit jemandem, oder tust du nur so, weil du nicht mit den Agatha-Christie-Freunden zu Mittag essen willst?«
    »Augenblick bitte«, sagte er, ehe er das Telefon vom Ohr nahm. »Ein Notfall«, erklärte er ihr.
    »Aber natürlich, Schatz.« Sie fuhr mit den Fingern seine Kinnlinie nach.
    »Hör mal, ich muss ...«
    Er kam ins Stottern und musste sich eingestehen, dass er Wachs in ihren Händen war. So etwas erlebte er nur selten und sonst eigentlich nur nach besonders intensivem Liebesspiel. Ihre List tat ihre Wirkung so gründlich, dass sich sein Griff um das Telefon lockerte.
    Honey schnappte es sich, drehte es um und schaute auf das Display. Sie deutete mit dem Finger darauf: »Tot. Nicht einmal angeschaltet ist das Ding.«
    Er riss es ihr aus der Hand. »Bitte spiel mit. Bitte.«
    Er machte weiter wie gehabt, gab vor, mit jemandem ein Telefonat zu führen. Er schritt wichtig vor dem Empfangstresen auf und ab. Honey kehrte hinter den Tresen zurück.
    »Was hat der denn vor?«, wollte Lindsey wissen.
    »Ablenkmanöver.« Sie stieß ihrer Tochter den Ellbogen in die Seite. Lindsey schaute sich die Szene vor dem Konferenzraum an. Der Grund für Dohertys merkwürdiges Verhalten war deutlich zu sehen. Menschenmengen strömten aus dem Raum, und die meisten machten sich auf den Weg ins Restaurant zum Mittagessen. Drei Damen standen noch da und warteten höflich darauf, dass er sein Gespräch beenden würde.
    Eine von ihnen, eine Dame in einem Blümchenkleid mit passendem Haarband in einem kantig geschnittenen Bob, kam zum Empfang und flüsterte hinter vorgehaltener Hand: »Wir bestehen darauf, dass er beim Mittagessen an unserem Tisch sitzt. Wir wollen ihn uns schnappen, ehe jemand anders ihn uns wegnimmt.«
    Genau wie ich, überlegte Honey. Aber sie sorgte sich nicht. Sie würde gern in der langen Schlange auf ihn warten.
    Sie lächelte strahlend. »Drei Damen als Gesellschaft beim Essen. Wie wunderbar. Er wird sein Glück kaum fassen können.«
    »Endlich berühmt. Doherty hat seine ersten Groupies«, murmelte Lindsey.
    »Er wird begeistert sein«, zischelte Honey zurück.
    Kaum hatte er das Gespräch beendet, da stürzten sich die drei Damen schon auf ihn. Wie Hyänen auf einen verwundeten Büffel, überlegte Honey.
    »Wir bestehen darauf, dass Sie mit uns zu Mittag essen«, rief die Erste mit schriller Stimme.
    »Wir bestehen darauf«, wiederholte die andere.
    »Wir lassen da nicht mit uns reden«, tirilierte eine Dritte.
    Doherty schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir leid, meine Damen. Die Pflicht ruft.«
    Honey schaute unbeteiligt zu. Ihr Ellbogen glitt ein wenig über die polierte Platte des Empfangstresens, die Hand hatte sie vor den Mund gelegt, damit niemand ihr Grinsen sehen konnte.
    Die drei Damen nahmen die Ablehnung ihrer Einladung mit stoischer Ruhe entgegen, wenn Honey auch meinte, ein kleines nervöses Flattern der Lider und ein leichtes nervöses Erröten auf den seidenweichen Wangen zu bemerken. Alte Erinnerungen sterben nie, dachte sie, und alte Leidenschaften auch nicht.
    Die Mienen der drei waren trotzdem natürlich enttäuscht. »Wie schade. Wir hätten Sie am reichen Schatz unserer Erfahrungen teilnehmen lassen«, sagte die Erste, die eine Baskenmütze trug und abgrundtiefe Fältchen um die Augen hatte.
    »Zweifellos«, erwiderte Doherty galant.
    »Natürlich hätten wir das gekonnt«, bestätigte die Zweite. »Wir haben alle Bücher von Agatha gelesen. Wir wissen, dass wir Ausschau nach kleinen Fäden an Büschen halten müssen und nach Fußabdrücken im Rosenbeet.«
    »Großartig«, lobte Doherty und lächelte tapfer weiter, obwohl Honey von seinen Augen ablesen konnte: Hol mich hier raus!
    Die drei Damen steuerten auf das Restaurant zu, blieben aber noch einmal stehen und wandten sich zu Doherty um. »Nicht vergessen, wenn Sie mal Hilfe bei einem Ihrer Fälle brauchen, Anruf genügt.«
    »Das merke ich mir.«
    Lindsey verschränkte die Arme

Weitere Kostenlose Bücher