Der Tod ist mein Beruf
ausgezeichneter Gedanke. Ich empfehle Ihnen, Ihre Tätigkeit auf dieses Gebiet zu verlegen, und ich beauftrage Sie, von jetzt an in Verbindung mit den Führern des Bundes und der Partei eine Reiterabteilung zu bilden."
Während er sprach, blickte er starr über meinen Kopf hinweg auf einen bestimmten Punkt im Raum, und ich hatte den wunderlichen Eindruck, daß er dort abläse, was er mir zu sagen hätte. Er machte eine Pause, ich sagte: "Jawohl", und er fuhr sogleich fort: "Es wird gut sein, Ihre Milizen geistig darauf vorzubereiten, daß sie gegebenenfalls zu SS-Reitern umgebildet werden. Indessen unterlassen Sie ja, mit ihnen über meinen Besuch zu sprechen. Er darf nur den Führern des Bundes und Ihnen selbst bekannt sein."
Er legte beide Hände flach an seinen Ledermantel und steckte die Daumen in den Gürtel. "Es ist wichtig, Ihre Reiter gut auszuwählen. Lassen Sie mir einen Bericht über ihre physischen Fähigkeiten, ihre rassische Reinheit und ihre religiösen Überzeugungen zugehen. Es empfiehlt sich, von vornherein alle die fernzuhalten, die die Religion zu ernst nehmen. Wir wollen keine SS-Leute mit Gewissenskonflikten."
Von Jeseritz brach in lautes Lachen aus. Himmler blieb davon unberührt. Sein Kopf war leicht nach rechts geneigt, sein Blick immer noch auf denselben Punkt im Raum geheftet. Es sah aus, als warte er geduldig, bis Jeseritz mit Lachen aufhörte, um dann seine Rede genau an derselben Stelle wiederaufzunehmen, wo er aufgehört hatte. "Nein, nein", brachte Jeseritz unter Lachen heraus, "wir wollen keine SS-Männer mit Gewissenskonflikten."
Dann schwieg er. "Es ist wichtig", fuhr Himmler sogleich fort, "daß Sie auch größten Wert auf die moralische Schulung Ihrer Männer legen. Die müssen begreifen, daß ein SS-Mann bereit sein muß, seine eigene Mutter hinzurichten, wenn ihm dieser Befehl gegeben wird."
Er machte eine Pause und knöpfte seine schwarzen Handschuhe zu. An jedem Handschuh waren drei Knöpfe, und er knöpfte sie alle drei zu. Dann hob er den Kopf wieder, und sein Kneifer blitzte auf. "Ich erinnere Sie daran, daß dies alles geheim ist."
Er machte nochmals eine Pause und sagte dann: "Das ist alles."
Ich grüßte, er erwiderte meinen Gruß in tadelloser Weise, und ich ging hinaus.
Nach dem Jungen wurden zwei Töchter geboren, und ich fühlte meine Verantwortlichkeit wachsen. Elsie und ich arbeiteten sehr schwer, aber endlich begriff ich, daß der Bruch uns zwar zur Not den Lebensunterhalt sicherte, aber keine Zukunft versprach, weder uns noch unsern Kindern. Wenn die Pferde uns gehört hätten oder wenn Jeseritz uns an der Zucht beteiligt hätte, sei es auch nur mit wenigem, hätten wir zurechtkommen können. Aber was die Schweine, das Geflügel und das bißchen Acker einbrachten, würde uns später, wenn die Kinder größer wurden, nicht erlauben, sie anständig zu erziehen. Doch ich hatte trotzdem nicht die Absicht, die Landarbeit aufzugeben. Ganz im Gegenteil lag für mich in der Tatsache, daß ich Gutspächter war, etwas wirklich Wunderbares: Ich hatte die Gewißheit, mich immer satt essen zu können. Das war ein Gefühl, das Elsie nicht begreifen konnte, weil sie immer auf einem Gut gelebt hatte. Ich hatte ein anderes Leben gekannt, und nachts träumte ich manchmal mit Entsetzen davon, daß Jeseritz mich wegjagte (wie er gedroht hatte, als ich mich weigerte zu heiraten) und ich von neuem auf schwachen Beinen durch die Straßen von M. lief, ohne Arbeit und ohne ein Dach über dem Kopf, und mein Magen von Krämpfen gequält wurde. Ich wachte auf, zitternd, in Schweiß gebadet, und selbst dann brauchte ich noch eine ganze Weile, um mir klarzumachen, daß ich in meiner Kammer im Bruch war und Elsie neben mir lag. Der Tag brach an, ich versorgte meine Tiere, aber die Träume hinterließen eine peinliche Erinnerung. Dann dachte ich daran, daß Jeseritz sich geweigert hatte, mit mir einen förmlichen Vertrag zu schließen, und daß er uns folglich von einem Tag zum andern vor die Tür setzen konnte. Ich sprach oft mit Elsie darüber, und anfangs beruhigte sie mich, indem sie sagte, es sei wenig wahrscheinlich, daß Jeseritz uns fortschicke, denn er würde sicherlich niemanden finden, der sich so mit den Pferden abgäbe, wie ich es täte, und zugleich die harten Bedingungen annähme, die er uns auferlegt hatte. Aber schließlich kam ich so oft auf diese Sorge zurück, daß meine Furcht sie ansteckte, und es wurde beschlossen, Geld zurückzulegen, um eines Tages ein kleines
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