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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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verschwand die Opposition. Ich konnte dann ganz nach meinem Belieben zugleich die politische und militärische Ausbildung meiner Jungen durchführen. Die Ergebnisse waren ausgezeichnet, und nach einiger Zeit unternahm ich es, aus ihnen eine Art berittener Miliz zu bilden, die es mir erlaubte, in den benachbarten Dörfern rasch einzugreifen, wenn der örtliche Bund oder die Partei sich in Schwierigkeiten befand. Tatsächlich wurde diese Schar sehr bald so kriegstüchtig, daß ihr nur die Waffen fehlten, um eine wirkliche Truppe zu sein. Indessen war ich sicher, daß es diese Waffen irgendwo gab und daß, wenn "der Tag"
    für Deutschland anbrechen würde, von dieser Seite her nichts zu wünschen übrigbleiben würde.
    Die Schwangerschaft strengte Elsie sehr an. Sie schleppte sich an ihre Arbeit mit abgespanntem Gesicht und kurzem Atem. Eines Abends nach dem Essen saß ich vor dem Küchenofen und war dabei, mir eine Pfeife zu stopfen (ich war seit kurzem dazu übergegangen), und sie

    saß strickend auf einem niedrigen Stuhl neben mir, als sie plötzlich ihr Gesicht in den Händen verbarg und in Schluchzen ausbrach. Ich sagte zärtlich: "Aber, Elsie!"
    Ihr Schluchzen wurde stärker. Ich stand auf, nahm mit der Feuerzange ein Stückchen Glut aus dem Ofen und legte es auf den Tabak. Als er brannte, schüttelte ich die Pfeife leicht über dem Feuer, damit die Glut wieder herunterfiel. Das Schluchzen hörte auf, ich setzte mich wieder und sah zu Elsie hinüber. Sie tupfte sich die Backen mit ihrem Taschentuch ab. Als sie damit fertig war, knäulte sie es zusammen, steckte es in ihre Schürzentasche und nahm ihre Strickerei wieder auf. Ich sagte sanft: "Elsie."
    Sie blickte auf, und ich fuhr fort: "Kannst du es mir erklären?"
    Sie sagte: "Ach, es ist weiter nichts."
    Ich sah sie an, ohne etwas zu sagen, und sie wiederholte: "Es ist weiter nichts."
    Ich glaubte, sie wolle wieder zu weinen anfangen. Ich sah sie an. Sie mußte wohl verstehen, daß ich wirklich eine Erklärung wünschte, denn nach einer Weile sagte sie, ohne aufzublicken und ohne mit Stricken aufzuhören: "Ich habe nur das Gefühl, daß du mit mir nicht zufrieden bist."
    Ich erwiderte lebhaft: "
    Was für ein Gedanke, Elsie! Ich habe dir nichts vorzuwerfen, das weißt du doch."
    Sie schnüffelte wie ein kleines Mädchen, zog dann von neuem ihr Tuch aus der Schürzentasche und schneuzte sich. "Oh, ich weiß wohl, daß ich bei der Arbeit tue, was ich kann. Aber das ist es nicht, was ich meine."
    Ich wartete, und nach einer Weile sagte sie, ohne die Augen zu erheben: "Du bist mir so fern."
    Ich sah sie an; endlich hob sie den Kopf, und unsere Blicke trafen sich. "
    Was willst du damit sagen, Elsie ?"
    "Du bist so schweigsam, Rudolf."
    Ich dachte darüber nach und sagte: "Aber du auch, Elsie, du bist auch nicht redselig."
    Sie legte das Strickzeug auf ihre Knie und lehnte sich im Stuhl weit zurück, wobei sie ihren Körper nach vorn schob, als ob der Unterleib ihr Beschwerden mache. "Bei mir ist es nicht dasselbe. Ich schweige, weil ich darauf warte, daß du sprichst."
    Ich sagte leise: "Ich bin nicht redselig, das ist alles."
    Es folgte ein Schweigen, dann begann sie wieder: "Ach, Rudolf, glaube ja nicht, daß ich dir Vorwürfe machen will. Ich versuche es nur zu erklären."

    Ich fühlte mich durch ihren Blick verwirrt, senkte die Augen und starrte auf meine Pfeife. "Nun, dann erkläre es, Elsie."
    "Es geht nicht so sehr darum, daß du nicht sprichst, Rudolf ..."
    Sie stockte, ich hörte ihren Atem pfeifen, und sie sagte leidenschaftlich: "
    Du bist mir so fern, Rudolf. Manchmal, wenn du am Tisch sitzt, und mit deinen kalten Augen ins Leere blickst, habe ich das Gefühl, daß ich für dich überhaupt nicht zähle."
    Meine kalten Augen -auch Schrader hatte von meinen kalten Augen gesprochen. Ich sagte mit Überwindung: "Das ist meine Natur."
    "Ach, Rudolf", sagte sie, anscheinend ohne es zu hören, wenn du wüßtest, wie schrecklich es für mich ist, das Gefühl zu haben, beiseite geschoben zu sein. Für dich gibt es nur den Damm, die Pferde und den Bund auf der Welt. Und manchmal, wenn du dich im Stall verspätest, um noch deine Pferde zu pflegen, siehst du sie so liebevoll an, daß ich den Eindruck habe, du liebst nur sie. .."
    Ich zwang mich zu einem Lachen. "Ach, dummes Zeug, Elsie! Natürlich hab' ich dich lieb. Du bist doch meine Frau."
    Sie blickte mich an, und ihre Augen standen voll Tränen. "Hast du mich wirklich lieb?"
    "Aber ja, Elsie,

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