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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Hand auf den Arm des jüngeren Kollegen gelegt. Es war eine seltsame Vertraulichkeit, die aus dieser Haltung sprach und die ihn, Denis Cornford, ausschloß.
    Könnte was Unanständiges sein.
    Aber auch völlig harmlos …
     
    »Würdest du mich auch lieben, wenn ich einen Pickel auf der Nase hätte?«
    »Käme auf die Größe an, mein Schatz.«
    »Aber auf meinen Körper hast du nach wie vor Lust, nicht? Trotz der Krampfadern …«
    Sir Clixby machte bildlich gesprochen einen eleganten Schritt zur Seite, um ihrem Frontalangriff auszuweichen.
    »Du bist eine sehr begehrenswerte Frau, und das weißt du auch.« Er ließ seine Hände über ihre nackten Schultern gleiten und streichelte die Rundung ihrer Brüste.
    »Ich hoffe, ich kann noch was für dich tun«, flüsterte sie. »Schließlich hast du ja versprochen, daß du für mich auch was tust.«
    An Sir Clixby war ein Diplomat verlorengegangen.
    »Ich dachte, der Bischof würde heute abend nie aufhören. Bei nächster Gelegenheit muß ich mir den Kaplan vorknöpfen. Weiß der Himmel, wo er den Mann aufgetrieben hat.«
    Sie rückte noch ein Stück näher an ihn heran. »Komm schon, wir haben nicht die ganze Nacht Zeit. Julians Zug kommt zehn nach zehn an.«
     
    Zwei Professoren standen auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Lonsdale College zusammen, als die Uhr von Great Saint Mary’s zehn schlug, und ein Student, der in diesem Moment durch das Haupttor ging, schnappte einen kurzen Gesprächsfetzen auf:
    »Eine Frau wie sie in der Lodge? Undenkbar.« Aber welche Frau gemeint war, sollte der Passant nicht erfahren.

32
     
    Montag, 26. Februar
     
    Was soll ich aus dir machen, Ephraim?
    Wie soll ich dich schützen, Israel?
    (Hosea 11 , 8)
     
    Um 8.45 Uhr saßen Morse und Lewis zusammen und tauschten ihre Gedanken über den Fall aus, als die blonde junge Schreibkraft, die bereits die Aufmerksamkeit von Superintendent Strange erregt hatte, mit der Post hereinkam. Sie war neu im Schreibzimmer, bestens empfohlen von der angesehenen Marlborough-Sekretärinnenakademie auf der High Street und mit einer eindrucksvollen Urkunde ausgestattet, die ihr bescheinigte, daß sie 120 Wörter pro Minute stenographieren konnte.
    »Ihre Post, Sir.« Sie sah ihn verängstigt an. »Der oberste Brief da … ich hatte einfach nicht gesehen …«
    Aber Morse hatte das Briefblatt schon aus dem weißen Umschlag genommen, der in der linken oberen Ecke den Vermerk persönlich und streng vertraulich trug.
     
    Hallo Morse!
    Weihnachten hab ich versucht, Dich an die Strippe zu kriegen, aber es hieß, daß Du anderweitig beschäftigt warst – wahrscheinlich in der Kneipe. Ich werde heiraten. Nein, keine Angst, diesmal wünsche ich mir nichts von Dir!! Er ist nett, er hat einen anständigen Job, er sagt, daß er mich liebt, und er ist gut im Bett, also was soll’s! Ich liebe ihn eigentlich nicht, und Du weißt genau warum, Du blöder alter Sack: Weil ich mich in Dich verliebt habe und genauso blöd bin wie Du. Der heilige Antonius hat gemeint, ich soll Dir was sagen, aber ich tu’s nicht. Ich möchte die Arme um Dich legen und Dich ganz fest drücken. Himmel noch mal! Warum hast Du Dir nicht ein bißchen mehr Mühe gegeben, mich zu finden?
    Ellie
     
    Keine Adresse.
    Natürlich nicht.
    »Haben Sie den Brief gelesen?« fragte Morse tonlos und sah seine Sekretärin starr an.
    »Nur bis … bis ich gemerkt hatte …«
    »Sie hätten ihn nicht aufmachen dürfen.«
    »Nein, Sir«, flüsterte sie.
    »Sie können tippen?«
    Sie nickte.
    »Und stenographieren?«
    Sie nickte hilflos.
    »Aber lesen können Sie nicht?«
    »Wie ich schon sagte, Sir …« Jetzt kamen die Tränen.
    »Ich habe gehört, was Sie gesagt haben. Jetzt werden Sie sich anhören, was ich zu sagen habe. So etwas wird nie wieder vorkommen.«
    »Ich verspreche Ihnen, Sir, daß …«
    »Jetzt sperren Sie die Ohren auf!« In Morses Augen war plötzlich ein fast manisches Glitzern, seine Nasenflügel weiteten sich in unterdrückter Wut, und er wiederholte langsam und leise: »Es wird nie wieder vorkommen, wenn Sie die Stellung bei mir behalten wollen. Ist das klar? Nie wieder. Und jetzt raus mit Ihnen, ehe ich böse werde.«
    Es dauerte eine Weile, bis der erschrockene Lewis seine Stimme wiedergefunden hatte.
    »Worum ging’s denn?« fragte er schließlich.
    »Jetzt stecken Sie nicht auch noch Ihre verdammte Nase …« Morse unterbrach sich und schob seinem Sergeant den Brief zu, während er todtraurig die Wandtäfelung anstarrte.
    Lewis las

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