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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Montagmorgen. Darauf arbeiten wir doch alle hin – oder nicht?«
    »Ja, bilden Sie sich denn ein, daß ich mich dafür zweiunddreißig Jahre abgeschuftet habe? Ich habe lange Ihren Job gemacht und in meiner Zeit fast so viele Mörder geschnappt wie Sie. Nur mit einer etwas anderen Methode. Meist habe ich gewartet, bis sie mir gewissermaßen in den Schoß gefallen sind. Normalerweise war das kein Problem: Eifersucht, Alkohol, Sex, der Nachbar mit der Frau im Bett. Der Knackpunkt ist das Motiv.«
    »Ganz so einfach ist es allerdings nicht immer«, sagte Morse, der diesen Sermon nicht zum erstenmal hörte.
    »Jedenfalls nicht, wenn Sie mitmischen.«
    »Der Fall will sehr vorsichtig behandelt werden, Sir, es gibt da eine Menge heikler Punkte …«
    »Zum Beispiel?«
    »Zunächst mal im Hinblick auf Owens.«
    »Haben Sie neue Beweise?«
    »Uns sind da ein, zwei Gerüchte zu Ohren gekommen …«
    »Hm … Mir ist heute nachmittag auch ein Gerücht zu Ohren gekommen. Bei Owens ist angeblich eingebrochen worden. Wahrscheinlich wissen Sie das schon?« Er beäugte Morse über seine Halbbrille hinweg.
    »Ja.«
    »Und gestohlen wurde nur ein Gegenstand. Eine Uhr, Morse.«
    »Ja.«
    »Wir haben nur ein, zwei Uhrenspezialisten im Revier, soweit ich weiß. Oder nur den einen?«
    »Den einen?«
    »Sie haben ihn wohl noch nicht gesprochen, seit er wieder draußen ist?«
    »Wenn Sie Johnson meinen – ja, bei dem muß ich wohl bald einmal vorbeigehen.«
    »Wie wär’s mit morgen? Er dürfte Ihr Mann sein.«
    »Morgen bin ich nicht da.«
    »So?«
    »London. Soho. Muß ein paar Sachen nachprüfen.«
    »Ich begreife nicht, warum Sie diese mühselige Kleinarbeit nicht Sergeant Lewis überlassen.«
    »Arbeitsteilung. Jemand muß es ja machen.«
    »Wenn ich nicht vormittags eine Sitzung hätte, würde ich mitkommen. Mal wieder gewisse Sehenswürdigkeiten anschauen …«
    »Damit wäre möglicherweise Mrs. Strange nicht ganz einverstanden.«
    »Wie kommen Sie darauf, daß ich es ihr erzählen würde?«
    »Es – geht ihr gesundheitlich nicht besonders, nicht?«
    Strange schüttelte den Kopf und sah zu Boden.
    »Und wie geht’s Ihnen, Sir?«
    »Mir? Bestens, von der Schwerhörigkeit, der Glatze, den Hämorrhoiden und dem hohen Blutdruck mal abgesehen. Und dem Übergewicht. Und Ihnen?«
    »Mir geht’s gut.«
    »Und wie geht’s mit dem Trinken voran?«
    »Wie … ich meine …«
    »Zügig – wollten Sie das sagen?«
    »Genau.«
    Strange wandte sich zum Gehen. Lewis hatte offenbar schnell geschaltet, denn er war noch nicht wieder aufgetaucht.
    Aber Strange war noch nicht ganz fertig. »Machen Sie sich eigentlich keine Sorgen um Ihre Leber bei dem vielen Alkohol?«
    »An irgendwas müssen wir ja mal sterben, wie es so schön heißt.«
    »Denken Sie manchmal ans Sterben?«
    »Hin und wieder.«
    »Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?«
    Morse lächelte. »Der Gemeinderat von Slough hat neben einer der Kirchen ein Schild aufgestellt: Friedhof. Weg endet hier.«
    »Also nein?«
    »Nein«, erwiderte Morse schlicht.
    »Ist vielleicht auch besser, wenn es all das nicht gibt – Belohnung und Strafe und solche Sachen.«
    »An Belohnung liegt mir sowieso nicht viel.«
    »Ja, wenn man nicht ehrgeizig ist …«
    »Früher war ich das schon.«
    »Sie hätten ganz nach oben kommen können, ist Ihnen das klar?«
    »Aber es wäre kein Job gewesen, an dem ich Spaß gehabt hätte. Ich bin nun mal nicht der richtige Mann für Formblätter und Ausschußsitzungen …«
    »Und das Einhalten von Vorschriften, wie?« Strange hievte sich mühsam hoch.
    »Wie bitte?«
    »Verdammte Hämorrhoiden.«
    Morse ließ nicht locker. »Wie haben Sie das eben gemeint, Sir?«
    »Erstaunlich, wie gut die technische Ausstattung der Polizei heutzutage ist, wir haben sogar einen Farbkopierer, mit dem man Fotos wie die – ach, sagte ich das noch nicht, Morse? Ich habe mich vorhin im Kopierraum sehr nett mit Sergeant Lewis unterhalten. Sie haben inzwischen offenbar jede Menge Alternativen.«
    »Jede Menge Möglichkeiten , Sir. Genaugenommen spricht man von einer Alternative dann, wenn man nur zwei Möglichkeiten hat.«
    »Sie können mich mal, Morse!«
    An diesem Abend lag Morse um Viertel vor zehn im Bett mit dem löblichen Vorsatz, noch ein paar Seiten aus Juliet Barkers The Brontës zu lesen. Aber er war noch nicht weit gekommen, als er an einem Satz hängenblieb:
     
    Charlotte bemerkte: »Ich bedaure es sehr, daß Sie Ihren Wohnsitz gewechselt haben, denn jetzt werde ich

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