Der Tod ist mein Nachbar
von ihm gewählte Fisch FELCHEN hieß – die Kombination DEE / DORSCH , die dem Kreuzworträtselmenschen vorgeschwebt hatte, nicht in den Sinn gekommen war. Und deshalb hatte er mit seiner bescheidenen kleinen Theorie genauso Schiffbruch erlitten wie Morse vorher mit seiner größeren.
Er hatte keine Zeit, buchstäblich noch mal von vorn anzufangen, denn in diesem Augenblick läutete das Telefon. Der Geschäftsführer hatte es in nur einer Viertelstunde geschafft, ein umfangreiches Bündel von Informationen für Lewis zu schnüren.
Mr. und Mrs. J. Storrs hatten sich am Vortag, Samstag, den 2. März, um 16.00 Uhr, im Hotel angemeldet und ein Doppelzimmer (»nur für eine Nacht«) zum Wochenendtarif von 125 Pfund genommen. Vermutlich wollten sie sich den Bath Festival Choir anhören, denn am Empfang hatte jemand für sie um sieben ein Taxi zur Abtei bestellt, wo das Requiem von Fauré aufgeführt wurde. Gegen halb zehn waren die beiden zurückgekommen und gleich ins Restaurant gegangen, um das vorher bestellte Abendessen einzunehmen, zu dem sie eine Flasche des roten Hausweins getrunken hatten.
Die detaillierte Rechnung stand dem Sergeant selbstverständlich zur Verfügung …
Um 23.00 Uhr hatten sie als letzte Gäste das Restaurant verlassen, und danach hatte sie an diesem Abend niemand mehr gesehen. Mr. Storrs hatte telefonisch für 7.45 Uhr das Frühstück aufs Zimmer bestellt: English Breakfast für sich, Continental Breakfast für seine Frau.
Auch hier lag die detaillierte Rechnung zur Einsicht vor.
Der Hausordnung entsprechend mußten die Zimmer bis spätestens 12.00 Uhr mittags geräumt werden, die Storrs waren aber schon viel früher abgereist. In manchen Punkten, erläuterte der Geschäftsführer, waren die Zeitangaben ein bißchen unbestimmt, da zwischendurch das Personal gewechselt hatte, aber bei Bedarf konnten sie ohne weiteres überprüft werden. Die Rechnung hatte Mr. Storrs mit einer Gold Card der Lloyds Bank beglichen (die Dame am Empfang erinnerte sich genau daran), und ein Dienstmann hatte den BMW der Storrs von der Garage zum Hoteleingang gefahren und dafür ein offenbar sehr anständiges Trinkgeld kassiert.
Und das war’s auch schon.
Beinahe jedenfalls – denn Lewis war sich darüber im klaren, daß er Morse damit noch nicht zufriedenstellen konnte, und schob deshalb noch ein paar wichtige Fragen nach.
»Ich weiß, daß es sich ein bißchen sonderbar anhört – aber sind Sie ganz sicher, daß die beiden Mr. und Mrs. Storrs waren?«
»Tja, also …« Der Geschäftsführer zögerte gerade so lange, daß es Lewis gelang, gewissermaßen einen Fuß in die Tür zu bekommen.
»Kannten Sie die beiden persönlich?«
»Ich bin erst seit zwei Jahren im Royal Crescent , aber sie waren vor einem Jahr schon einmal da.«
»Manchmal verändern sich die Leute, nicht? Mr. Storrs hätte sich, wenn er zum Beispiel inzwischen krank gewesen wäre, stark verändern können …«
»Ich bin sicher, daß er es war. Fast sicher jedenfalls. Und wir haben ja auch seine Unterschrift für die Gold Card.«
»Und daß sie es war, steht für Sie auch fest? Oder wäre es denkbar, daß er die Nacht mit einer anderen Frau verbracht hat?«
Das Lachen am anderen Ende der Leitung klang geradezu erleichtert.
»Auf gar keinen Fall, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Ich glaube, die Dame ist allen hier in Erinnerung geblieben. Sie ist – wie soll ich sagen – nicht unliebenswürdig, aber ein bißchen streng . Auch vom Aussehen her: weißer Hosenanzug, das Haar straff zurückgekämmt, das Gesicht wie frisch aus dem Schönheitssalon … Eine richtige Lady.«
Lewis versuchte, sich an etwas Typisches bei Angela Storrs zu erinnern.
»Leute, die eine Sonnenbrille tragen, erkennt man nicht immer so ohne weiteres.«
»Aber als ich sie sah, trug sie keine Sonnenbrille. Ich war zufällig am Empfang, als sie kamen, und sie hat mich gleich wiedererkannt. Beim letztenmal hat sie die Anmeldeformalitäten erledigt, während Mr. Storrs sich um das Gepäck und den Wagen kümmerte. Als ich das Kennzeichen des BMW sah, das sie eingetragen hatte, erwähnte ich, daß wir zufällig beide die Zulassungsnummer › 1 88J ‹ haben, und daran hat sie mich gestern erinnert. Sie hätten noch denselben Wagen, sagte sie.«
»Das könnten Sie beschwören?«
»Aber ja. Wir haben uns eine ganze Weile unterhalten. Sie hätten ihre Flitterwochen in diesem Hotel verbracht, hat sie mir erzählt. In der Sarah Siddons-Suite.«
Ja, das
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