Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Prozent abgesunken war. Nahezu jeder zweite Täter konnte also damit rechnen, weder ermittelt noch zur Verantwortung gezogen zu werden. Damit aber
Bereitsehaftspolizei drang in Gelsenkirchen auf Bürger ein, die gegen die willkürliche Fahrpreiserhöhung durch die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahngesellschaft demonstrierten
wuchs das Gefühl der Unsicherheit und Hilflosigkeit gegenüber dem Verbrechen. Die politischen Parteien nutzten das in ihren Wahlkampfparolen aus und überboten sich darin, ihren Wählern „mehr Sicherheit" zu versprechen. Die F.D.P. stellte zum Beispiel die These auf: Unsere Sicherheit darf nicht an alten Zöpfen hängen und zielte damit direkt auf die Verstärkung und Modernisierung der Polizei.
Schon seit 1967 beschäftigte sich der Bundestag auf Initiative der SPD-Fraktion jährlich mit einem Bericht über den Ausbau und die Entwicklung des Bundeskriminalamtes. Auf der 110. Sitzung des Innenausschusses im Oktober 1968 forderte der Hamburger Innensenator Ruhnau. daß das BKA besser ausgestattet wird und „Bund und Länder mehr Willen zu unbürokratischer Arbeit" aufbringen. Das war eine direkte Aufforderung für größere Konzessionen an die Kompetenzen des Bundeskriminalamtes.
Die Polizei sollte mehr Mittel bekommen, den Polizisten mehr Rückhalt verschafft und das Gesetz über das Bundeskriminalamt verändert werden. In schönster Harmonie damit und im besten polizeidemagogischen Stil forderte der Präsident des BKA, Paul Dickopf: „Die Polizei sollte nicht zum Erzieher der Nation, darf aber auch nicht zu ihrem Prügelknaben gemacht werden."
Doch in der Öffentlichkeit war man mißtrauisch. Nur allzuoft hatte sich die Polizei in den Auseinandersetzungen auf der Straße als prügelnder Erzieher der „Nation" erwiesen, der nicht nur den Knüppel, sondern auch das Schießeisen viel zu schnell zur Hand hatte. Der am 2. Juni 1967 von dem Westberliner Polizeimeister Kurras meuchlings erschossene wehr- und ahnungslose Student Benno Ohnesorg und Dutzende andere Opfer schießwütiger Polizisten, dazu deren fürsorgliche Behandlung durch BRD-Gerichte, straften Dickopfs Worte Lügen und verursachten in der Bevölkerung Unbehagen. Die Parteien im Bundestag, Koalition wie Opposition, zögerten daher. In dieser Situation zerfetzten die Kugeln in Lebach nicht nur fünf Soldatenleiber, sondern gleichsam auch die Bedenken der Politiker.
Vom Bundesinnenministerium wurde unverzüglich ein „Fünfjahrplan" zur Erhöhung der Effektivität des Bundeskriminalamtes propagiert und in der Presse unter Berufung auf Lebach die Notwendigkeit zur Verstärkung und Modernisierung der Polizei und zur Erweiterung der Exekutivbefugnisse des Bundeskriminalamtes betont. „Das Bundeskriminalamt soll überall tätig werden können", schrieb beispielsweise das Hamburger Abendblatt am 16. April, und die Frankfurter Allgemeine Zeitung teilte Ende Mai mit, daß „nach FBI-Vorbild das Bundeskriminalamt auch mit Computern ausgestattet" werden soll. Eine Woche später schrieb BKA-Präsident Dickopf im „Rheinischen Merkur" unter der Überschrift: „Brauchen wir ein deutsches FBI?", daß die „Tendenz, ausländische Vorbilder kritiklos zu übernehmen", es schwer macht, bei der Verbrechensbekämpfung „auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben", daß eine Umwandlung des BKA in ein FBI, Scotland Yard oder in eine schwedische Reichspolizei der Kriminalpolizei die Sache nicht leichter mache und daß der vielbeklagte Föderalismus kein Hindernis wäre, sofern er sich
Die Abteilung Kriminaltechnik des BKA ist modern ausgerüstet
nicht gegen „eine notwendige Koordinierung und Lenkung der Verbrechensbekämpfung" richtete. Er kündigte eine Änderung des BKA-Gesetzes an und schrieb: „Insgesamt gesehen hat die Kriminalpolizei in der Bundesrepublik erst einen Teil des Weges zurückgelegt, der sie zum Instrument der inneren Sicherheit machen soll."
Die Politiker und Polizeichefs der BRD bestritten zwar, daß das FBI bei der beabsichtigten Polizeireform in der BRD Pate stand. Bundesinnenminister Benda behauptete im August 1969 sogar, daß das Bundeskriminalamt in so wesentlichen kriminalpolizeilichen Bereichen wie der Personen- und Sachfahndung, des Erkennungs- und Meldewesens dem FBI bereits weit überlegen wäre, doch das waren taktische Ausflüchte. Als am ,19. September 1969 das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes" erschien, war in diesen Änderungen das amerikanische
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