Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Zuchthausstrafe vorsieht. Das Gericht hielt Gerdts verminderte Zurechnungsfähigkeit zugute.
Am 16. September 1968 erschoß der Fabrikant Karl Haas aus Wächtersbach seinen neun Jahre älteren Bruder Heinrich, weil er sich um sein Erbteil geprellt sah.
Anfang November 1970 stach die Gräfin Diana zu Eitz vor einem Lokal in München ihren Geliebten, den Portugiesen Rodrigues dos Reis, nieder. Auch sie fand milde Richter, die auf nur dreieinhalb Jahre Gefängnis erkannten, die obendrein zur Bewährung ausgesetzt wurden. Es wäre ja schließlich auch schlecht angegangen, eine vom Blute derer, deren feudaler Stammsitz die 500-DM-Noten der BRD ziert, in eine schmucklose Zelle einzuweisen.
Der Tod der Verlegerin
Im dritten Stock des Hauses Nr. 14 der Braunschweiger Bismarckstraße wohnte die Witwe Helga Eckensberger. Frau Eckensberger war sehr reich, kapriziös und verwöhnt, lebte recht zurückgezogen, wenn man von bestimmten Bekannten und Geschäftspartnern absah, mit denen sie öfters zusammenkam. Ihr Weltbild war, auf eine einfache Formel gebracht, das einer egozentrischen Frau, die es von der Bardame zur mehrfachen Millionärin gebracht hatte und nun ihren Besitz zu genießen gedachte.
Deshalb war sie auch gegen die Mitbestimmung der Gewerkschaften in ihrem Unternehmen und befürchtete, Sozialisie-rungswünsche könnten unter ihren Angestellten wach werden. Ansonsten aber kümmerte sie sich nicht viel um Politik und Wirtschaft oder um den Verlag. Dazu hatte sie ihre Angestellten. Plagten Frau Eckensberger einmal die Bandscheiben oder seelischer Kummer, zog sie sich in ihre vier Wände zurück, um bei Fernsehen und Alkohol über den Sinn des Reichtums und ihr oft sehr einsames Witwendasein nachzudenken. In Braunschweig hielt sie sich nur zeitweilig und eben gerade so lange auf, wie es ihre Geschäfte erforderten. Früher hatte sie im Hotel gewohnt, doch dann stellte ihr der Bauunternehmer und zeitweilige Auf-sichtsratsvorsitzende Bodo Schintzel die Wohnung in der Bismarckstraße zur Verfügung. Sein Namensschild war noch immer an der Tür. Ihr eigenes hatte sie gar nicht erst anbringen lassen, denn wer sie besuchen wollte, fand sie auch so.
In Braunschweig fühlte sich Frau Eckensberger nicht sonderlich wohl. Sie hielt sich lieber in ihrer Pariser Wohnung auf oder auf ihrem Landsitz, dem Chäteau d'Eternes an der Loire, oder in Casablanca, Florenz und anderen schönen Orten dieser Welt. Fernab von Geschäften und Besprechungen, vom Flair kultivierter Sorglosigkeit und ihrem Schoßhündchen Püppelin-chen umgeben, genoß sie dort das Leben und ihre Millionen. Frau Eckensberger war erst seit sieben Jahren Witwe. Ihr verstorbener Mann, der Verleger Hans Eckensberger, hatte ihr bei seinem Tode im Jahre 1966 neben dem Appartement in Paris und dem Landschloß nebst Weinberg an der Loire auch 60 Prozent der Anteile an der „Braunschweiger Zeitung" hinterlassen, an einem Blatt also, das bei einer Auflagenhöhe von 153 634 Exemplaren jährlich etwa 10 Millionen DM Gewinn abwarf.
Die Witwe, beim Tode ihres Mannes erst 50 Jahre alt, rotblond, durchaus passabel und als ehemalige Bardame mit dem prickelnden Hautgout der Sünde umgeben, war also das, was man eine gute Partie nennen konnte. Allerdings gab es auch ein schwerwiegendes Hindernis: Frau Eckensberger konnte sich nicht wieder verheiraten, ohne zugleich den größten Teil ihres ererbten Vermögens, nämlich jene Zeitungsanteile, zu verlieren. Ihr verstorbener Mann hatte das so verfügt.
Hans Eckensberger war früher Angestellter des Zeitungsherausgebers Voigt. Die Voigts, einst in Dresden beheimatet, besaßen in der Nazizeit in Braunschweig drei Zeitungen, in denen stramm und engagiert „Großdeutschlands" Führerweisheiten propagiert wurden. Nach dem Zusammenbruch des Hitlerregimes beließ ihnen die britische Besatzungsmacht zwar die Druckerei Limbach, verwehrte ihnen aber die Lizenz für die Herausgabe einer Zeitung. Um diese Lizenz bewarb sich daher ihr ehemaliger Angestellter Eckensberger, der damals noch mit einer Jüdin verheiratet und damit für die Besatzungsmacht als Zeitungsherausgeber ausreichend antifaschistisch legitimiert war. Ek-kensberger, weit davon entfernt, den Voigts die einstige Bräune nachzutragen, arrangierte sich mit seinen ehemaligen Chefs, ließ die „Braunschweiger Zeitung" bei ihnen drucken, übertrug ihnen ein Fünftel der Anteile an seiner Zeitung und übernahm dafür selbst ein Fünftel der Anteile an der Druckerei Limbach. So
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