Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Hoffmann kennen.
Wegen verschiedener Unstimmigkeiten in seinen Abrechnungen mit dem Firmenchef zerstritten, gab Rudolf Pleil die Stellung auf und betätigte sich fortan bis zu seiner Verhaftung auf eigene Rechnung als Schwarzhändler und Grenzführer. Seine marktwirtschaftliche Spezialität waren Tauschgeschäfte mit Kämmen und Schnaps aus der sowjetischen Besatzungszone gegen Räucherfisch, Zigaretten und Lebensmittel aus den Westzonen.
Die Geschäfte gingen gut, und Pleil hatte stets die Taschen voll Geld. Seine Frau und die Bekannten ahnten nichts von seinen schaurigen Verbrechen. In mehreren Grenzorten der britischen und amerikanischen Zone war das „Mondgesicht" Pleil wohlbekannt. Auch Grenzpolizisten sind ihm oft begegnet.
Vom 30. Oktober bis zum 17. November 1950 verhandelte das Braunschweiger Schwurgericht gegen Pleil und seine Komplizen. Die Verhandlung begann mit einem sensationellen Beschluß. Das Gericht lehnte auf Antrag des Staatsanwalts den Psychiater Dr. Barnstorf, der mit seinem Alkoholtest Pleils Geständnisfreude ausgelöst hatte, als Gutachter ab. Barnstorf hatte nämlich entgegen den für gerichtliche Gutachter geltenden Vorschriften bereits vor Abschluß des Gerichtsverfahrens im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" einen ausführlichen Artikel über den Massenmörder Pleil veröffentlicht.
An Barnstorfs Stelle wurden zwei andere Gutachter berufen, von denen einer, Professor Dr. Ewald, die Ansicht vertrat, Pleil wäre im Sinne des §51 Absatz 2 des Strafgesetzbuches nur bedingt zurechnungsfähig. Der andere, Professor Jungnickel, hingegen sah keinerlei Grund für eine solche Annahme und erklärte Pleil für voll zurechnungsfähig.
In dieser Situation entschloß sich das Gericht zu einem Kompromiß. In einem Fall, dem der 25jährigen Christa S„ billigte es Pleil zu, die Tat in einem epileptischen Dämmerzustand begangen zu haben und folglich strafrechtlich dafür nicht verantwortlich zu sein. In allen übrigen Fällen aber sah es bei Pleil, ebenso wie bei seinen beiden Komplizen, davon ab, verminderte Zurechnungsfähigkeit anzunehmen.
Da mittlerweile die Todesstrafe in der BRD abgeschafft worden war, wurden alle drei Angeklagten zu lebenslänglichem Zuchthaus und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt.
Pleil kehrte in Zelle 44 des Zuchthauses Celle zurück und begann seine Memoiren zu schreiben, denen er den vielversprechenden Titel gab: „Mein sexuelles Leben von meiner frühen Jugend an bis zur Gegenwart."
Später stellte er zwei Anträge auf Kastration, die jedoch von den zuständigen Behörden abgelehnt wurden. Im Februar 1957 unternahm er einen erfolglosen Versuch zur Selbstentmannung.
Pleil blieb ein schwieriger und renitenter Häftling. Dreimal versuchte er vergeblich, sich das Leben zu nehmen. Der vierte Versuch, am 16. Februar 1958, gelang. Pleil hatte sich in seiner Zelle erhängt. Im Protokoll heißt es, daß „als Motiv des Selbstmordes Lebensüberdruß angenommen werden" müßte.
Peinliche Pannen
Die Untersuchung der Frauenmordserie an der Zonengrenze offenbarte in eklatanter Weise eine große Schwäche der neuen westzonalen Kriminalpolizei: ihre auf lokalen Kompetenzen beruhende Zersplitterung und die damit einhergehende kriminalistische Handwerkelei.
Und das war keineswegs der einzige Fall, in dem die Kriminalpolizei in spektakulärer Weise versagte. In der Nacht vom 11. zum 12. September 1946 wurde im Dienstzimmer der Zollwache von Mammersreuth der Zollassistent August Bolz von unbekannten Tätern erschossen.
Mammersreuth, ein kleines Dorf dicht an der Grenze zur Tschechoslowakei, war ein ausgesprochener Tummelplatz für Schmuggler und Grenzgänger.
Es gab Anzeichen dafür, daß ein von Bolz festgenommener Schmuggler den tödlichen Schuß abgegeben hatte. Die zuständige Mordkommission aber verdächtigte, gestützt auf die Aussage eines kurzsichtigen Augenzeugen, nach völlig unzureichenden und voreingenommenen Ermittlungen den Zollassistenten Hans Burkert der Täterschaft.
Burkert wurde verhaftet und im Oktober 1947 vom Landgericht Weiden in einem fragwürdigen Indizienprozeß unter Vorsitz des damaligen Landgerichtsdirektors und früheren Landgerichtsrates am Nazisondergericht in München, Dr. Trabert, wegen Totschlags zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Staatsanwalt Dr. Herzog hatte sogar auf Todesstrafe plädiert.
Nach sechs Zuchthausjahren, am 12. November 1952, mußte Burkert im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen werden. Die
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