Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Freundschaft in den Augen der Ermittler ohnehin eine kommunistische Organisation war und die Kommunisten dafür bekannt waren, daß sie Fabrikanten, Chefredakteure und Postabholerinnen in die Luft sprengten, war damit natürlich alles klar. Die ;,Soko S" durchsuchte sofort alle Räume des DSF-Büros und alle Unterlagen nach Beweisen, namentlich nach solchen, die sich als Rechtfertigungsgrund für das Verbot der KPD benutzen ließen. Es stank geradezu nach van der Lübbe und dem Zirpins von 1933!
Kriminaldirektor Dr. Zirpins suchte den Bombenattentäter unter den Anhängern der Gesellschaft fiir Deutsch — Sowjetische Freundschaft
Doch die Schnüffler mühten sich umsonst. Sie fanden nichts, woraus sich irgendwie ein Tatbeweis zimmern ließ. Der Mißgriff gegen die DSF wurde durch andere ergänzt. Längere Zeit verfolgte die „Soko S" unter Nummer 137 die Spur von zwei Männern, die in der Umgebung von Hannover Vorträge über Atomphysik und die Gefahren der Atombombe gehalten hatten. Auch sie waren in Zirpins Augen höchst verdächtig, und auch gegen sie mußte der Verdacht schließlich fallengelassen werden.
In den ihm geistig so verwandten Kreisen der Alt- und Neonazis freilich ersparte sich Zirpins die Suche von vornherein. Insgesamt hatte die Sonderkommission in ihren Unterlagen 700 Spuren erfaßt. Davon waren bis zur Aufklärung des Verbrechens erst 300 überprüft.
Eine der Spuren betraf den 22 Jahre alten, stellunglosen Zederik Erich von Halacz aus Drakenburg, nahe bei Nienburg an der Weser. Halacz, den seine Altersgefährten halb belustigt, halb neidisch „Graf" nannten, weil er nicht nur Wert auf schicke Kleidung legte, sondern auch recht sorglos mit dem Gelde umging, war der außereheliche Sohn einer ungarischen Adligen. Die Halacz, ein uraltes Pandurengeschlecht aus der Gegend von Budapest, hatten einst dem Preußenkönig Friedrich II. einen General beschert, der später in geistiger Umnachtung starb. Eine Nachkommin namens Elisabeth verheiratete Wenclewicz hatte 1929 diesen Zederik Erich geboren. Der Junge löste schon kurz nach seiner Geburt gewisse Zweifel aus. Zuerst zweifelte der Ehemann seiner Mutter, der Dentist Kurt Wenclewicz aus Schwedt an der Oder. Er fand, daß Stammhalter Zederik Erich nichts Wenclewiczisches an sich hatte, folglich mitnichten seinen Lenden entsprossen sein konnte.
Die Zivilkammer am Landgericht Prenzlau, in dieser Sache angerufen, gab am 29. Juni 1931 der Ehelichkeitsanfechtungsklage statt und sprach damit den Dentisten Wenclewicz von diesem Produkt frei.
Mutter Elisabeth, dergestalt als Ehebrecherin entlarvt und schon bald von ihrem Manne geschieden, verzog nach Düsseldorf. Bei ihren künftigen Plänen war ihr Klein Erich im Wege. Deshalb gab sie ihn zum Ehepaar Keese in Nienburg in Pflege. Dort natte sie schon früher auch ihre 1926 geborene Tochter Ingeborg untergebracht.
Zederik E., wie er selbst seinen Namen schrieb, war 1945 vorübergehend als Clerk bei den Amerikanern in Frankfurt beschäftigt. Danach hatte er seinem Pflegevater beim Torfverkauf geholfen. Im Jahre 1949 bekam er eine Lehrstelle als technischer Zeichner in der Eisenfabrik Thieß in Nienburg. Als er sich dort jedoch mit Hilfe eines selbstgefeilten Schlüssels eigenmächtig aus den Bargeldbeständen seines Chefs bediente, bekam er nicht nur eine tüchtige Tracht Prügel, sondern auch seine Papiere.
Zederik E. rächte sich, indem er mit dem Mercedes 170 seines ehemaligen Chefs zuerst spazieren- und dann gegen einen Baum fuhr. Seit dieser Panne als Lehrling gab Halacz die Lohnarbeit auf und betätigte sich fortan als Schrotthändler. Dank seiner Geschicklichkeit im Stehlen von Buntmetall und Elektromotoren florierte das Geschäft recht gut.
Buntmetall war bei den damaligen Durchschnittseinkommen ein äußerst lukratives Stehlgut. Die Altwarenhändler, die im Metallhandel mühelos Reingewinne von 4000 bis 5000 DM monatlich realisierten, fragten nicht lange nach dem Woher des Metalls, sondern zahlten pro Kilo Blei 60 bis 70 Pfennig, für Kupfer 1,10 bis 1,20 DM und für Bronze sogar 1,30 bis 1,40 DM. Kein Wunder, daß die Buntmetalldiebe wie Pilze aus der Erde schossen. Allein im Stadtkreis Köln wurden beispielsweise von Januar bis Oktober 1948 400 Postkabeldiebstähle registriert, von denen die meisten nicht aufgeklärt werden konnten.
Auch Halacz stahl Kabel von Eisenbahnsignaleinrichtungen, dazu Elektromotoren und alles andere, was sich gewinnbringend beim Schrotthändler absetzen ließ.
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