Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Insassen des schwarzen Adler Triumph gewesen und hatten im Radio gehört, daß nach ihnen gefahndet wurde. Die Kripo nahm sie sofort fest und stellte ihr Fahrzeug sicher.
Doch die stundenlangen Verhöre blieben ergebnislos. Die Verdächtigen sagten übereinstimmend aus, daß sie im Auftrage einer Fotofirma das Land bereisten. Dabei wären sie in Eystrup rein zufällig Ohrenzeugen der Explosion geworden. Wenn die Bahnschranke nicht gerade geschlossen gewesen wäre, hätten sie von der Sache nichts bemerkt.
Alle ihre Angaben bestätigten sich. Die Studenten mußten freigelassen werden.
Dieser Mißerfolg machte die Verdener Kripo kooperationsbereiter. Außerdem gab es bereits ein Bundeskriminalamt und Vereinbarungen, die die überregionale Zusammenarbeit der Polizei regelten. Und immer dann, wenn es um Aktionen gegen die Gegner der Adenauerpolitik ging, funktionierten die überregionale Zusammenarbeit und Fahndung recht gut. Auch in diesem Falle einigte man sich schnell, wurden doch hinter den Bombenanschlägen politische Motive vermutet.
Schon wenige Tage nach den Explosionen in Verden und Bremen entstand eine überregionale Sonderkommission, die nicht nur die gesamte Untersuchung führte, sondern zu den erforderlichen Exekutivbefugnissen auch weitgehende Sondervollmachten erhielt. Diese „Sonderkommission S" bestand aus 60 Mann, von denen 16 zum engeren Stab gehörten. Sie verfügte über entsprechende Unterkommissionen in Bremen, Verden und Eystrup und war mit diesen über spezielle Telefonleitungen und Kuriere verbunden. Die ,,Soko S" wurde vom Leiter des Landeskriminalamtes Niedersachsen, Oberregierungs- und Kriminalrat Dr. Walter Zirpins, geleitet, der freilich bemüht war, seine Chefrolle möglichst wenig publik werden zu lassen. Dieser Kriminalrat hatte nämlich, genau wie sein Düsseldorfer Amtskollege Wehner, eine braunschwarze Vergangenheit. Er war vor 1945 als Kriminaldirektor und SS-Obersturmbanrtführer (SS-Registriernummer 342 009) im Amt IV (Gestapo) des Reichssicherheitshauptamtes tätig gewesen. Aktiv an der berüchtigten „Endlösung der Judenfrage" beteiligt, hatte er noch im Oktober 1941 in der Heydrichschen „Kriminalistik" in einem Artikel zum Thema „Das Ghetto von Litzmannstadt kriminalpolizeilich gesehen" geschrieben, daß die „Tätigkeit der" (faschistischen - G. F.) „Kriminalpolizei im Litzmannstädter Ghetto ... ebenso vielseitig wie interessant und vor allem beruflich dankbar, d. h. befriedigend ist".
Auch Zirpins war den Nazis von Anfang an kriminalistisch zur Hand gegangen. Als Vernehmungsbeamter des schwachsinnigen Reichstagsbrandstifters van der Lübbe übersah er geflissentlich alle Spuren, die auf die braunen Hintermänner dieses Verbrechens hinwiesen. Statt dessen tat er alles, um falsche Beweise gegen die Kommunisten zu fabrizieren, indem er z. B. jenes ominöse Mitgliedsbuch der Kommunistischen Partei bei van der Lübbe „fand", das von der Nazipropaganda hochgespielt wurde. Noch Jahre später, im Dezember 1951, versuchte Zirpins ganz öffentlich, die Faschisten von diesem Verbrechen reinzuwaschen, indem er „verbindlich" erklärte, van der Lübbe sei ein „Einzeltäter" gewesen. Und das, obwohl gerade ihm schon 1933 klar sein mußte, daß eine Person allein die Brandstiftung gar nicht ausgeführt haben konnte.
Auch dieser Fachmann und Erzfaschist, den die SS für die Nachwuchsschulung und Betreuung in ihren Sonderschulen eingesetzt hatte, konnte in der Bundesrepublik Karriere machen und über leitende Kripoposten es schließlich sogar zum Starexperten für Wirtschaftsfragen im Bundeskriminalamt bringen.
Zirpins war also genau der richtige Mann, um die „Sonderkommission S" zu leiten, die den Attentäter natürlich zuerst einmal unter den linksorientierten Adenauergegnern suchte. Die ,,Spuren", die die ,,Soko S" innerhalb von zehn Tagen zur politischen Täterschaft der Bombenanschläge zusammentrug, füllten Dutzende Aktenordner. Auch die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft wurde registriert.
Bei den Umfragen in den „Bremer Nachrichten" wollten die Ermittler auf einen Zeugen gestoßen sein, der angeblich zwei Männer gesehen hatte, die unmittelbar nach der Explosion fluchtartig das Druckereihaus verlassen hätten. Einer der beiden sollte dabei gerufen haben: „Es hat gebumst, nichts wie weg! Um sechs Uhr Kantstraße!" In der Kantstraße hatte die Bremer Organisation der DSF ihren Sitz. Und weil die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische
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