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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
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Haftbeschwerden schon bald zu spüren.
    Franz Lorbach wurde indessen von der Kripo gehätschelt und mit Billigung der Staatsanwaltschaft als „Kronzeuge" aufgebaut. Zwar kannte das westdeutsche Strafrecht offiziell das Rechtsinstitut des Kronzeugen nicht, also eines Verbrechenskomplizen, der um den Preis eigener Straffreiheit oder Strafmilderung seine Mittäter verrät. Von der BRD-Justiz und westdeutschen Rechtswissenschaftlern wurde es seinerzeit noch nicht einmal erwogen. Das geschah erst viele Jahre später bei der Bekämpfung der Baader-Meinhof-Gruppe. Die Düsseldorfer Kripo indessen praktizierte dies damals schon. Lorbach sollte um jeden Preis auspacken.
    Es ist erstaunlich, zu welchen Samariterdiensten bundesrepublikanische Kriminalbeamte fähig sind, wenn sie sich einen Erfolg davon versprechen. Lorbach beispielsweise, dem das Essen in der Untersuchungshaftanstalt nicht schmeckte, wurde aus der U-Haft in Polizeigewahrsam überstellt und mit dem Kantinenessen des Düsseldorfer Polizeipräsidiums verpflegt. Er bekam einen eigenen Betreuungsbeamten, mit dem er Spa-

    Kriminalkommissar Eynck lud den „Kronzeugen" zu Kaffee und Kuchen in seine Privatwohnung ein
    ziergänge durch die Stadt machen, hin und wieder seine Familie besuchen und gelegentlich sogar ins Kino gehen durfte. Ja, der amtierende Kripochef Eynck lud ihn sogar zu Kaffee und Kuchen in seine Wohnung.
    Kronzeuge Lorbach revanchierte sich für diese kulante Behandlung. Er rief nicht nur von seinen Stadtspaziergängen, die oft bei einem Glas Bier in einer Düsseldorfer Kneipe endeten, den Kripochef an, um ihm zu versichern, daß er ganz gewiß keine „Mücke" machen würde, er deckte auch immer mehr und immer neue Straftaten seines Komplizen Boost auf. Natürlich wies er stets vorsorglich darauf hin, daß er selbst an all diesen Fällen zwar beteiligt, aber doch mehr Opfer als Komplize von Boost war, dem er ganz und gar hörig gewesen wäre.
    So lieferte Lorbach Stück für Stück der Anklage, über die das Düsseldorfer Landgericht am 3. November 1959 in einem Schwurgerichtsverfahren unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Näcke zu verhandeln hatte. Die Strafakte Boost mit der Registriernummer II 189/57 S 2 KS 1/59 umfaßte 1400 Blätter. Sie enthielt die Ermittlungen zu den Liebespaarmorden und zu zahlreichen weiteren Straftaten. So wurde Boost beschuldigt, in der Nacht vom 2. zum 3. Juni 1951 gemeinsam mit einem Komplizen auf einer Rheinwiese bei Lohausen ein zweijähriges Rind mit einem selbstgebauten Schußapparat getötet und in einem gemieteten Pkw abtransportiert zu haben.
    Etwa einen Monat später hatte er mit dem gleichen Komplizen nachts auf der Landstraße nach Ratingen mit Nagelbrettern eine Autofalle eingerichtet. In beiden Fällen soll Boost eine geladene Pistole 08 mitgeführt haben. Das Unternehmen „Autofalle" schlug fehl. Die Nägel erwiesen sich als zu weich. In der nächsten Nacht, es war die vom 7. zum 8. Juli 1951, wurde mit stärkeren Nägeln wieder eine Autofalle errichtet; abermals ohne Erfolg.
    Im Sommer 1952 lernte Boost Franz Lorbach kennen. Fortan gingen sie gemeinsam wildern oder veranstalteten Schießübungen. Lorbach machte sich seinem Freunde nützlich, wo immer es anging. Er holte Bücher über Gifte und Waffen aus der Bibliothek und stellte sich sogar als Versuchsperson zur Verfügung. So zum Beispiel, als Boost die Wirkung eines selbstgebastelten Totschlägers erproben wollte. Lorbach ließ sich willig über den Schädel schlagen und trug die Beule, ohne zu murren.
    Am 7. Januar 1953 weihte Boost seinen Famulus Lorbach erstmals in den Plan ein, die Lohngelder der Gelenkwerke GmbH zu rauben. Lorbach, zu feige mitzumachen, wollte seinem Freund lediglich helfen, den für den Überfall erforderlichen Pkw zu stehlen. Und so kam es noch in der gleichen Nacht zum Mord an Dr. Serve.
    Lorbach sagte, Boost hätte ihn aufgefordert, Serves Begleiter zu erschießen, und wäre ungehalten gewesen, weil er statt dessen nur fünf- bis sechsmal mit dem Pistolenkolben zugeschlagen hat.
    Da Boost das alles bestritt, führte das Gericht einen Lokaltermin durch. Dabei demonstrierte Lorbach die Tat so detailliert, daß das Gericht seinen Aussagen glaubte.
    Einen Schönheitsfehler konnte die Rekonstruktion freilich nicht reparieren. Lorbach wollte beim Überfall die rechte hintere Wagentür aufgerissen haben. Laut Aussage eines Polizisten aber, der bei der ersten Tatortbesichtigung zugegen war, ließ sich diese Tür jedoch gar

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