Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Bereich der Reichsbahndirektion Hannover allmonatlich zu rund 4000 Zugberaubungen. Ein beträchtlicher Teil davon ging auf das Konto der Popp-Bande.
Die Besatzungsmächte, nicht länger gewillt, sich auf so primitive Weise schröpfen zu lassen, erteilten ihren Posten und der neugeschaffenen deutschen Eisenbahnpolizei strenge Anweisungen und gaben Schießbefehl. Das wirkte. Die Zugberaubungen ließen nach, die Banden konnten nach und nach dingfestgemacht werden. Auch Popps Bande löste sich auf. Popp selbst hielt sich noch bis November 1948. ehe auch er festgenommen, vor ein britisches Militärgericht gestellt und wegen Besitzes von alliiertem Eigentum zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde. Bandenführerschaft und Raub, die eine weitaus höhere Strafe verlangt hätten, waren ihm nicht nachzuweisen.
Vor seiner Inhaftierung hatte Popp zeitweise bei der Familie Marchlowitz gewohnt. Inge Marchlowitz, damals noch ein kleines Mädchen, spielte mit seinem Sohn, der ein knappes Jahr älter war als sie selbst.
Nach seiner Haftentlassung kehrte Popp ins alte Milieu und natürlich auch zur Familie Marchlowitz zurück. Er spezialisierte sich nunmehr auf Einbrüche und Buntmetalldiebstähle, demontierte Hochspannungskabel und verkaufte das Diebesgut an Altstoffhändler. Anfang 1952 wurde er dabei erwischt und verhaftet. Die Kriminalpolizei konnte ihm Diebesgut im Wert von 45 000 DM nachweisen, und das Landgericht Hannover verurteilte ihn zu drei Jahren Gefängnis.
In der Strafvollzugsanstalt lernte er einen gewissen Ewald Melzer kennen, dessen Vorstrafenregister bis ins Jahr 1932 zurückreichte. Melzer, gelernter Friseur, später Vertreter für Wurstgewürze und schließlich Kaufmann, war stets bemüht, sich um des eigenen Vorteils willen mit mehreren Seiten gutzustellen. Deshalb kaufte er nicht nur Ganoven Diebesgut ab, sondern gab hin und wieder auch der Polizei einen Tip.
Am 7. Juli 1953 konnte Popp aus dem Gefängnis fliehen. Er suchte unverzüglich seinen ordnungsgemäß aus der Haftanstalt entlassenen Zellenkumpel Melzer auf, der in Krähenwinkel, einem Vorort von Hannover, wohnte, und fand bei ihm Unterschlupf. Erst zwei Jahre später, im Mai 1955, wurde er wieder eingefangen und wegen weiterer Diebstähle erneut verurteilt. Doch schon kurz darauf, am 25. Mai 1956, floh er abermals aus der Haft und kehrte zu Melzer zurück. Er besorgte sich einen Ausweis, der mit seinem Foto auf einen unverdächtigen Namen ausgestellt war, und konnte so etwaigen Polizeikontrollen unbekümmert entgegensehen. Melzer ließ sich auch diesmal wie schon früher seine Gastfreundschaft dadurch entgelten, daß Popp für ihn als Lagerarbeiter ohne Lohn arbeitete.
Nach einem knappen Jahr in Freiheit wurde Popp am 28. April 1957 von einer Funkstreife in Hannover erneut festgenommen. Einer der Beamten kannte ihn und wußte, daß er zur Fahndung ausgeschrieben war. Popp versuchte deshalb gar nicht erst, seine Identität zu leugnen. Bei seiner Festnahme trug er eine Pistole in der Tasche, die den Beamten ziemlich primitiv, wie selbstgebastelt vorkam, weshalb sie sie gar nicht erst zur Beschußkontrolle in das Bundeskriminalamt schickten. Ein Fahndungsbeamter verhörte ihn, fertigte den vorgeschriebenen Fluchtwegbericht aus und überstellte ihn der Strafvollzugsanstalt.
Als die Mordkommission den Spitzeltip auf Popp bekam, saß der Mann also längst wieder hinter Gittern. Daß er vom Mai 1956 bis April 1957, also zu der Zeit, als Bick ermordet wurde und Engel verschwand, in Freiheit gewesen war, beachteten die Beamten nicht. Popp war vorerst für sie uninteressant. Nicht einmal der in der Unterwelt allgemein und folglich auch bei den Spitzeln wohlbekannte Umstand, daß er stets eine Waffe bei sich trug, erweckte ihren Verdacht. Auch das Raubdezernat wollte von Popp nichts wissen, obwohl ein Spitzel behauptete, er und Inge Marchlowitz hätten den Überfall in Misburg begangen. Für dieses Verbrechen hatte die Kripo ja bereits einen geständigen Täter, wozu sollte sie da einen anderen suchen!
Am 5. September wurde endlich die Leiche des vermißten Heinz Engel gefunden. Ein Imker, auf der Suche nach Weidegründen für seine Bienen, entdeckte sie in einer abgelegenen Heidelandschaft, 20 Kilometer vom Fundort des Opel entfernt.
Sie war nahezu völlig skelettiert. Genau wie Bick war auch Engel mit einer Pistole erschossen worden, aus der 9-mm-Rundkugeln verfeuert werden konnten. Zwar sah es nicht so aus, als wären beide Morde mit derselben Waffe
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