Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
Vom Netzwerk:
enorme Gewinne abwerfen, denn Jakob Rühle, ehemals ein kleiner verschuldeter Makler, von dem außer der Steuerbehörde und den Gläubigern kaum jemand Notiz nahm, stieg in wenigen Monaten des Jahres 1957 wie ein Komet am rheinland-pfäl-zischen Wirtschaftswunderhimmel empor. Die Ochtendunger staunten, aber sie wunderten sich nicht, denn die bundesdeutschen Gazetten waren tagtäglich voll von Berichten über die blühende Konjunktur. Die Wiederaufrüstung marschierte -warum sollte da der Bimsstein keine Konjunktur haben?
    Ochtendung hatte also bald deinen eigenen Wirtschaftswunderkapitän, und weil ein solcher bekanntlich Geld wie Heu besaß, wählte man ihn alsbald zum Karnevalsprinzen. Lange sollte sich Prinz Jakob 1. seiner Narrenkrone allerdings nicht erfreuen. Das Finanzamt in Koblenz hatte nämlich zwingende Gründe, die Narreteien des Ochtendunger Bimssteinmaklers mit mißtrauischen Augen zu verfolgen.
    Seine Steuerabgaben standen, wie man dort wußte, im umgekehrten Verhältnis zu seinen Ausgaben. Und weil Steuerbehörden von Amts wegen hartnäckig sind, bohrte man so lange, bis die Polizei Ende Dezember 1957 Jakob I. von Ochtendung entthronte und in eines jener schmucklosen Appartements brachte, in dem Schlafraum, Eßzimmer und Klosett in einem Raum vereinigt sind.
    Bimssteinmakler Rühle wurde mit amtlichem Ernst auf seine steuerbürgerlichen Versäumnisse hingewiesen und nach den Quellen seines Reichtums gefragt. Zuerst machte er Ausflüchte, dann gab er an, ihm wären, gemeinsam mit einigen Mitspielern, nacheinander zwei beachtliche Würfe im Lotto geglückt. Einmal hätte er 164000DM und kurz darauf sogar eine halbe Million gewonnen. Lottogewinne aber wären steuerfrei.
    Zwei große Lottogewinne kurz hintereinander, welch seltener Zufall! Nun lassen sich Kriminalisten gern selbst vom Zufall helfen, sie werden aber stets mißtrauisch, wenn er einem Verdächtigen hilft. Kriminalbeamte statteten deshalb, begleitet von einem Staatsanwalt, der Direktion der Sport-Toto-GmbH in Koblenz einen Besuch ab. Während die Polizisten das Terrain sondierten und die Angestellten unter die Lupe nahmen, unterhielt sich der Staatsanwalt mit dem Direktor. Den Staatsanwalt interessierte vor allem, wie sicher das Lottosystem gegen Beträgereien abgeschirmt war. Direktor Weinand amüsierte sich. ..Wie ich kürzlich schon im Fernsehen bemerken durfte, ist unser System todsicher. Betrügereien mit Lottoscheinen sind ganz und gar ausgeschlossen. Das System ist absolut unüber-spielbar!" meinte er und erläuterte die Einzelheiten. Das System der Sport-Toto-GmbH schien tatsächlich sicher zu sein, vorausgesetzt, die Angestellten waren zuverlässig. Aber diesbezüglich hatten die Kriminalbeamten gewisse Zweifel. Zwei Umstände machten sie stutzig. Die Angestellte Susanne Fredericq, der die Gegenscheinkontrolle oblag, war Jakob Rühles Schwester, und sie schien ebenfalls begütert zu sein, denn sie konnte sich leisten, was damals noch selten war: Tag für Tag im eigenen Wagen zur Arbeit zu fahren.
    Mit eigenem Auto fuhr auch der Angestellte Manfred Equit ins Büro; und auch sein Gehalt war dafür eigentlich viel zu bescheiden.
    Als die Kripo ihn nun unter die Lupe nahm, stellte sie fest, daß sowohl er als auch sein Onkel, der Juwelier Peter Kreuser, erst in jüngster Zeit zu Wohlstand gekommen waren. Kreuser hatte sich ein hochmodernes Juweliergeschäft eingerichtet, und Equit fiel durch die generösen Geschenke auf, die er verschiedenen Frauen machte.
    Die Kriminalpolizei stellte auch fest, daß zwischen Rühle und Susanne Fredericq auf der einen und Kreuser und Manfred Equit auf der anderen Seite enge freundschaftliche Bande bestanden. Sie forschte weiter und erfuhr von einer Lotto-Angestellten, sowohl Susanne Fredericq als auch Manfred Equit hätten wiederholt seltsame Telefongespräche mit Außenstehenden geführt. Die beiden wurden verhaftet. Nähere Anhaltspunkte oder gar Beweise dafür, daß sie Betrügereien begingen, hatte die Kripo zwar nicht, doch soviel stand für sie fest: Mit Rühles Lottogewinnen war irgend etwas nicht in Ordnung, und seine Schwester sowie ihr Kollege Equit waren irgendwie in die Angelegenheit verwickelt.
    Rühle, Kreuser, Equit und Susanne Fredericq waren vom Gemüt her biedere Kleinbürger, denen das Format raffinierter Gauner fehlte. Bei weitem nicht so gerissen wie die großen Wirtschaftswunderhaie, daher längst nicht so „bemoost" und schon gar nicht mit wohlausgeklügelten juristischen

Weitere Kostenlose Bücher