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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
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des kleinen Gewehrfinders, bewohnt. Rademacher war nicht zu Hause, sein Aufenthaltsort unbekannt. Die Kripo löste die Fahndung aus. Noch wagte man nicht daran zu glauben, die Spur des Feuerteufels entdeckt zu haben. Die Gartenlaube wurde unauffällig überwacht.
    Rademacher ließ sich nicht blicken. Später sollte sich herausstellen, daß er, von seiner Schwester Inge gewarnt, bereits geflohen war. Er wollte in die französische Fremdenlegion eintreten, ein Ausweg, den bereits viele flüchtige Verbrecher gesucht hatten. Aber schon bei Kehl am Rhein endete Rademachers Flucht. Anstatt mit dem Zug über die Grenze zu fahren, stieg er in Kehl aus, um sich vom „Vater Rhein" zu verabschieden. Beim Grenzübergang stellte er sich dann so verklemmt und dilettantisch an, daß die Grenzer mißtrauisch wurden und ihn festnahmen.
    Am 9. Februar, 24 Stunden nach seiner Flucht, konnten ihn Beamte der Sonderkommission B in Kehl abholen. Rademacher
    versuchte keinerlei Tricks. Er unternahm nicht einmal einen

    Herbert Rademacher, der „Feuerteufel von Lüneburg", entsprach nicht den Täterversionen der Kripo
    ernsthaften Versuch, die Verbrechen abzustreiten. Noch auf der Bahnfahrt nach Lüneburg legte er ein Geständnis ab. Ein gutes Dutzend weiterer Straftaten, die ihm die Kripo gewiß nicht zugeschrieben hätte, gab er bei dieser Gelegenheit gleich mit zu. Ganz in der Art renommiersüchtiger, aber nur mäßig intelligenter Gauner ließ er sich von den Kriminalbeamten mit ein bißchen Vertraulichkeit und geheuchelter Bewunderung auf den Leim locken. Es schien ihm sogar Spaß zu machen, der Kripo, der hie und da doch Zweifel bei seinen Aussagen kamen, durch anschauliche Demonstrationen zu beweisen, was er für ein verteufelter Kerl war. Bei manchen Einbrüchen, die er gestand, hatte die Kriminalpolizei mindestens zwei Täter vermutet, weil nach ihrer Ansicht einer allein nicht fähig gewesen wäre, die Tat auszuführen. Rademacher widerlegte sie.
    Dieser 19jährige Straftäter entsprach ganz und gar nicht den Vorstellungen, die sich Polizei, Presse und Öffentlichkeit vom Feuerteufel gemacht hatten. Statt intelligent, war er eher dümmlich und gleichgültig. Er hatte weder den historischen Charakter noch den Wert der Brandobjekte gekannt.
    Im Juli 1940 in Lüneburg geboren, hatte er sich schon als Kind einen Namen als Nichtsnutz, Herumtreiber und Schulschwänzer gemacht. Mit fünf Jahren verlor er seinen Vater bei einem Bombenangriff. Zum späteren Stiefvater fand er nie richtig Kontakt. Mit dreien seiner insgesamt fünf Geschwister verstand er sich nicht. Nur mit seinem jüngsten Stiefbruder, dem kleinen Jungen, der das Schnellfeuergewehr gefunden und damit seine Verbrechen praktisch aufgedeckt hatte, und mit seiner um zwei Jahre jüngeren Schwester Inge verband ihn ein herzliches Verhältnis. Inge war auch über seine Brandstiftungen informiert. Gegen Ende des Prozesses, als Rademacher, konfrontiert mit den Beweisen seiner Schuld, der Ernst seiner Lage bewußt wurde, behauptete er sogar, die Schwester hätte ihn dazu angestiftet. Vor der Brandstiftung im Viskulenhof hätte sie ihn aufgefordert, wieder einmal etwas für seinen Ruf als „Feuerteufel" zu tun. Daß Inge Rademacher an den Verbrechen beteiligt war, wurde im Gerichtsverfahren ebensowenig bewiesen wie die laut gewordene Vermutung, ihr Verhältnis zu ihrem Bruder wäre weit über eine geschwisterliche Bindung hinausgegangen. Für beides gab es zwar Indizien, jedoch keine stichhaltigen Beweise.
    Im Prozeß gegen Herbert Rademacher, der im Juni 1960 vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts Lüneburg stattfand, erhob Staatsanwalt Dr. Finck auf 122 Seiten Anklage wegen 53 Verbrechen und Vergehen, die insgesamt gegen 16 Paragraphen des Strafgesetzbuches der BRD verstießen. Sie alle waren in der Zeit vom Mai 1959 bis Februar 1960 begangen worden. Der Staatsanwalt beantragte dafür an Einzelstrafen insgesamt 163 Jahre und sechs Monate Zuchthaus.
    Doch „nur" in 48 Fällen wurde Rademacher vom Gericht für schuldig befunden und als „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher" zu insgesamt 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Sowohl der Angeklagte als auch der Ankläger legten gegen dieses Urteil Revision ein, die aber vom Bundesgerichtshof verworfen wurde.
    Daß Rademacher überhaupt zu einer Zuchthausstrafe verurteilt werden konnte, setzte voraus, daß er zur Tatzeit die geistige und sittliche Reife besaß, das Strafrechtswidrige seines Handelns zu erfassen. Den Gutachten der

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