Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Leuchtpistolen, Kartenmaterial, Ferngläsern und Kleinfunkgeräten, eingesetzt.
Drei Kriminalbeamte waren in Goehners Wohnung stationiert. Einer blieb ständig mit Goehner in Kontakt, während die beiden anderen das Grundstück und die Straße beobachteten. Außerdem patrouillierten in der Löwenstraße getarnte Polizeistreifen. Im zuständigen Postamt wurden alle Sendungen für Goehner vorrangig aussortiert und durch bereitstehende Kuriere unverzüglich zur Einsatzleitung gebracht.
Theoretisch war also alles bestens, gewissermaßen ge-neralstabsmäßig organisiert; nur wollte es in der Praxis nicht klappen. Noch am Abend des 17. April, gegen 19 Uhr, kam ein zweiter Anruf des Erpressers in Goehners Wohnung an. Goehner erkannte die Stimme sofort wieder. Der Anrufer wollte wissen, ob das Geld bereitläge. Goehner erwiderte auftragsgemäß, er hätte erst 8000 DM beschaffen können, und versuchte den Preis herunterzuhandeln. Der Erpresser ließ sich darauf jedoch nicht ein. Das Lösegeld müßte unter drei Personen aufgeteilt werden, wäre also ohnehin schon sehr niedrig. Über Joggi sagte er nur, es ginge ihm gut. Dann hängte er ein. Das gesamte Gespräch dauerte knapp zwei Minuten, die Post aber benötigte zehn, um eine Telefonzelle am Charlottenplatz in Stuttgart als Anrufungsort zu orten. Von einer Verfolgung des Anrufers konnte demzufolge keine Rede sein. Immerhin gelang es den mithörenden Beamten, die Stimme des Erpressers aufzuzeichnen.
Schon knapp vier Stunden später meldete sich der Erpresser abermals, brach aber, offenbar mißtrauisch geworden, das Gespräch nach einer Minute ab. Diesmal ließ sich der Anrufungsort überhaupt nicht bestimmen. Schuld daran war eine Schlamperei: Die Eintragungen in den Ablesetabellen der Post waren falsch!
Es schien fast, als wollte der Verbrecher sich selbst verraten, denn schon um 23 Uhr 19 rief er erneut an. Als Beweis dafür, daß er Joggi tatsächlich in seiner Gewalt hatte, wies er auf dessen Operationsnarbe hin und forderte Goehner auf, unverzüglich mit dem Auto von Degerloch über Möhringen in Richtung Vaihingen zu fahren. Unterwegs würde er an einem näher beschriebenen Ort weitere Anweisungen vorfinden.
Das Gespräch dauerte viereinhalb Minuten, doch die Post bestimmte infolge ihrer unrichtigen Tabellen einen falschen Anruf ungsort.
René Goehner fuhr los. In seinem Wagen hatten sich zwei Kriminalbeamte versteckt. Am angegebenen Ort, einem offenen, nur von Hecken und Büschen unterbrochenen Gelände unmittelbar an der Landstraße, fand Goehner die avisierte Anweisung. Sie bestand aus einem billigen Briefkarton und Zeitungsbuchstaben. Als Klebstoff war, wie die Experten feststellten, kalifornischer Bienenhonig benutzt worden. Das Ganze steckte in einem gewöhnlichen Briefumschlag, wie man ihn in jedem Kaufhaus oder Papiergeschäft erwerben konnte, und war mit einem Stück nasser Wellpappe umwickelt und mit einem Stein beschwert. Die Nachricht mußte schon vor längerer Zeit abgelegt worden sein, weil die Feuchtigkeit der Papphülle den Brief durchweicht und die Buchstaben von ihrer Unterlage gelöst hatte. Es bedurfte also eines mühseligen Puzzlespiels, um zu erfahren, daß Goehner ein Stück weiter ins Gelände gehen und an einem Stein vor einer kleinen Anhöhe das Geld ablegen sollte. Joggi würde dann umgehend nach Hause zurückkehren. Rene Goehner tat, wie ihm geheißen.
Die Polizei hatte unmittelbar nach dem letzten Erpresseranruf einige Streifenwagen in die Gegend beordert und observierte nun den Ablageort des Geldes, doch niemand kam, es abzuholen.
Arn nächsten Tag, dem 18. April, startete die Polizei eine zweite große Suchaktion in Degerloch. Dabei wurde auch der Haldenwald durchkämmt. Diese Aktion sollte, wie Kripochef
Neukirchner später erklärte, die Bevölkerung und die Fresse, die Kritik an der Arbeit der Polizei zu üben begannen, ablenken, war also nichts weiter als eine polizeiliche Popularitätsshow. Wäre man dabei gründlicher vorgegangen, hätte sich die Polizei eine Blamage erspart. Vier Tage später, am 22. April, entdeckte nämlich ein Arbeiter im selben Haldenwald zwischen Stuttgart-Sonneberg und Kaltental die Leiche des vermißten Jungen. Sie lag abseits vom Weg in einer Fichtenschonung.
Die Stimme des Mörders
Zum Zeitpunkt der Entdeckung der Leiche hatte die Kriminalpolizei noch keinen Hinweis auf den Täter. Auch die Fundortuntersuchung ergab keine Anhaltspunkte. Das Kind war gefesselt und erwürgt, aber offenbar nicht
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