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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Feix
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zerstörten Straßenlaternen und Fensterscheiben, schossen auf Passanten, überfielen Frauen und Mädchen und vergewaltigten sie, mordeten und legten Brände.
    Die Öffentlichkeit empörte sich. Die Presse schürte in Schlagzeilen die Angst vor diesen Verbrechen oder verharmloste alles mit dem Hinweis, daß es in New York, Chicago oder San Francisco noch viel schlimmer zuginge. Ein heftiger Meinungsstreit entbrannte darüber, warum „die Jugend von heute" so „schlecht und brutal" sei, und Soziologen, Kriminologen und Strafrechtler studierten kopfschüttelnd die Veränderungen in der Kriminalstatistik.
    Im Deutschen Reich des Jahres 1932 waren nur 4,3 Prozent aller verurteilten Straftäter Jugendliche. In der BRD lag die Zahl 1954 bereits bei 17,8, fünf Jahre später sogar schon bei 23,6 Prozent. Und ein Ende dieser verhängnisvollen Entwicklung war nicht abzusehen. Polizei und Justiz gingen mit äußerster Härte und Strenge gegen jugendliche Gauner und Randalierer vor, die Jugendgefängnisse füllten sich. Die Jugendsachgebiete bei der Kripo und WKP mußten verstärkt, die Haftanstalten erweitert werden. Im Wahlkampf der politischen Parteien und im Gerangel um die Parlamentssitze wurde die Jugendkriminalität zu einem zugkräftigen Thema und zugleich auch zu einem Rechtfertigungsgrund für die Adenauer-Regierung, die Remilitarisierung zu forcieren und die Polizei weiter zu verstärken.
    Hohe Militärs und Revanchepolitiker gaben unverhohlen den Eltern und Erziehern die Schuld an der Misere, weil sie die Jugend zu weich und unsoldatisch erzögen. Es war die Zeit, in der die Bonner Regierung zum psychologischen Krieg „gegen den Osten" trommelte. Kriegsminister Franz Josef Strauß erklärte vor dem Bundestag, es gäbe nur noch einen einzigen Fall, den Fall „Rot" nämlich, „und sonst keinen Fall mehr auf der ganzen Welt". Es war die Zeit, da der überführte Kriegsverbrecher und Adenauer-Minister Oberländer ganz offen erklärte: „Dort in Rußland wartet der Boden auf uns, dort müssen wir Wurzeln fassen, dies müssen wir unserer Jugend immer und immer wieder einimpfen und sie darauf vorbereiten." Und Direktor Keyser vom
    Johann-Gottfried-Herder-Forschungsrat durfte in der „Zeitschrift für Ostforschung" schon wieder ungestraft schreiben: „Deutschland hört nicht an der Elbe oder an der Oder oder an der Weichsel auf!"
    Auch in der Lehrerschaft waren der alte Naziungeist und der Militarismus wieder auferstanden. Der Direktor der Pädagogischen Hochschule in Göttingen, Professor Heise, der Chef einer Institution also, die Lehrer und Erzieher auszubilden hatte, bescheinigte im November 1958 der Bundeswehr ausdrücklich, sie hätte die Aufgabe, der jungen Generation „eine antizivilisatorische Härte dem vitaleren Osten gegenüber" anzudressieren. Antizivilisatorische Härte nannte dieser Professor, was Hitler seinerzeit als „hart wie Kruppstahl" bezeichnet hatte.
    Antizivilisatorische Härte ergoß sich auch aus Hunderttausenden von Büchern, Groschenheften, Comics und Filmen über die Jugend. „Wer zuerst schießt, hat mehr vom Leben!" schrie es beispielsweise von den Kinoplakaten im Bundesland Rheinland-Pfalz, als Anfang der sechziger Jahre eine Handvoll Rowdys diesen Satz wörtlich nahm.

Der AI Capone aus der Pfalz
    Der 24jährige Rabauke, der sich bei einem spektakulären Coup in der Neujahrsnacht 1960/61 zum Zeichen seiner Härte den Namen des berüchtigten amerikanischen Gangsterbosses AI Capone gab, hatte zuvor schon andere, nicht weniger klangvolle „Kriegsnamen" geführt. Als 20jähriger hieß er „Messerkönig", davor schon „Bomben-Kimmel". So wurde er genannt, weil er aus einer 40-Liter-Milchkanne und Sprengstoff eine Bombe gebastelt und im Pfälzer Wald hatte hochgehen lassen. Dieser Bomben-Kimmel hatte eigentlich alles, was gewisse Militärs an einem Landsknecht mittlerer Charge schätzen. Er war eine „Führernatur", wie ihm später Kriminalhauptkommissar Weber aus Ludwigshafen bescheinigte, er war tollkühn und waghalsig, wie ein Team der Frankenthaler Kriminalpolizei mit Kriminalrat Dr. Fleischmann an der Spitze am eigenen Körper erfahren mußte, er konnte hervorragend schießen und mit „heißen" und ..kalten" Waffen gleich gut umgehen, er war beweglich, zäh und ausdauernd, was er unter anderem dadurch bewies, daß er in mancher Nacht an drei weit auseinanderliegenden Orten Geldschränke aufschweißte, war auch skrupellos und abgebrüht, wie der Mord zeigte, den seine Bande

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