Der Tod kommt in schwarz-lila
den gedeckten Farben des Hemdes. Trevisan hatte sich früher oft gefragt, wer wohl für die Zusammenstellung von Petermanns Kleidung verantwortlich war. Mittlerweile wusste er, dass in der patriarchalisch ausgerichteten Familie allein Dietmar das letzte Wort hatte.
Trevisan trat an den kleinen Beistelltisch in der Ecke. Er schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. »Wo sind Tina und Alex?«, fragte er, nachdem er einen Schluck getrunken hatte.
»Sie sind nach Jever gefahren. Sie nehmen sich Gablers Wohnung vor«, antwortete Dietmar.
»Beck hat schon zweimal angerufen. Es ist besser, wenn du sofort zurückrufst«, sagte Monika.
Trevisan seufzte griesgrämig. »Und was soll ich dem Chef erzählen?«
»Alles, was wir bislang wissen.« Monika zuckte die Schultern.
»Also nichts!« Trevisan griff nach den Fotos und betrachtete sie schweigend. »Hat sich noch etwas mit dem Wagen ergeben?«, fragte er nach einer Weile.
»Wir haben ihn sichergestellt. Kleinschmidt nimmt ihn sich morgen noch einmal genau vor«, antwortete Dietmar.
»Übrigens, die Kollegen aus Jever haben sich gemeldet«, sagte Monika. »Sie haben mit Gablers Nachbarn gesprochen. Gabler war allein stehend. Er lebte ein leises und zurückgezogenes Leben. Keine Freunde, keine regelmäßigen Besucher, keine Frauengeschichten. Er verreiste oft und blieb tagelang verschwunden. Von Verwandten wissen sie nichts. Auch unser Computer weiß nichts über ihn. Mehr lässt sich im Moment nicht feststellen.«
Trevisan schaute aus dem Fenster.
War Rudolf Gabler aus purem Zufall Opfer eines Wahnsinnigen geworden? Warum? Was hatte er dort draußen gesehen? Auf wen war er dort gestoßen?
Auf Wangerooge waren die Befragungen abgeschlossen. Dort kamen sie nicht mehr weiter. Jever, Gablers Wohnung, das Umfeld, sein Leben, das waren die nächsten Schritte. Vielleicht würden sich daraus irgendwelche Hinweise ergeben.
»Also gut, gleich morgen früh beginnen wir. Dietmar, du nimmst dir mal seine Bankkonten vor. Monika, ich will alles über ihn wissen. Seine Herkunft, seine Kindheit, seine Freunde und sein Leben, überhaupt alles. Wir müssen uns ein detailliertes Bild über ihn machen können.«
»Glaubst du, er hat seinen Mörder gekannt?«, fragte Monika .
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Trevisan unsicher.
»Also ich glaube, jemand hat ihm aufgelauert«, sagte Dietmar. »Ihr müsst doch zugeben, es ist schon ungewöhnlich, wenn ein alter Mann seine warme Pension verlässt, um eine stürmische Nacht draußen in den Dünen zu verbringen. Da stimmt doch etwas nicht. Was hatte er vor?«
Trevisan zeichnete auf dem Papier vor sich kleine Kreise mit seinem Füller. Er dachte über Dietmars Worte nach. Als das Telefon klingelte, fuhr er erschrocken zusammen. Monika nahm den Hörer ab.
Nur ab und an kam ein erstauntes »Aha« oder ein zustimmendes »Ja« über ihre Lippen. Das Gespräch dauerte lange und Trevisan trommelte unruhig mit dem Füller auf den Tisch, bis er feststellte, dass er die ganze Tinte auf dem Papier verkleckerte.
Endlich kam Monika zum Ende.
»Und?«, fragte Trevisan ungeduldig. Auch Dietmar schaute sie neugierig an.
»Alex war dran«, sagte sie. »Gabler war offenbar Berufsfotograf. In seiner Wohnung stehen zwei Bildbände, an denen er beteiligt war. Die Schrankschubläden sind auch voller Fotos. Landschaften, Architektur, Fabriken, Portraits. Vor allem alte Menschen und Kinder. Er scheint ein recht einfaches Leben geführt zu haben. Die Wohnung war ordentlich und alles stand an seinem Platz. Keine Anzeichen für einen Einbruch. Sie haben zwei Sparbücher sichergestellt. Auf dem einem sind fast einhunderttausend Mark. Er war also nicht gerade arm.«
Trevisan hörte aufmerksam zu. Ein ganz normales Rentnerleben. Wo war der Punkt, wo konnte man einhaken? Gablers Vorliebe für die Fotografie war schon beim Anblick der sündhaft teuren Fotoausrüstung klar geworden.
»Haben wir eigentlich den Film aus der Kamera?«, fiel es ihm siedendheiß ein.
»Kleinschmidt hat alles eingetütet und mitgenommen«, sagte Dietmar. »Er sagt, dass er sich im Labor darum kümmern wird. Ich gehe davon aus, dass er auch den Film aus der Kamera hat, sofern sich überhaupt einer darin befand.«
Trevisan nickte zufrieden. Er arbeitete seit über fünf Jahren mit Kleinschmidt zusammen und wusste, dass er sich auf ihn verlassen konnte.
Das Telefon klingelte erneut. Diesmal war Dietmar schneller am Apparat. Doch mit diesem Anrufer schien er nicht gerechnet zu haben. Er verzog
Weitere Kostenlose Bücher