Der Tod kommt in schwarz-lila
sein Gesicht und formte tonlos mit den Lippen einen Nachnamen. Trevisan wusste sofort, wer in der Leitung war. Dietmar verabschiedete sich freundlich und reichte ihm den Hörer.
Kriminaldirektor Beck meldete sich mit krächzender Stimme. »Trevisan, ich warte schon seit Stunden auf deinen Anruf. Hast du schon Anhaltspunkte?«, polterte er ungehalten drauflos.
Er verschwendet wirklich keine Zeit mit Höflichkeitsfloskeln, dachte Trevisan. »Hallo. Gut, dass du anrufst. Ich wollte gerade …«
»Erzähl mir nichts! Wie sieht es aus?«, fiel ihm Beck ins Wort.
»Es sieht schlecht aus. Es ist noch viel zu früh, um irgendetwas sagen zu können«, erklärte Trevisan. »Uhlenbruch und Harloff durchsuchen gerade die Wohnung des Opfers. Ich hoffe, dass sie fündig werden. Etwas, das uns weiterbringt, verstehst du?«
»Mein Gott, Trevisan … So lange war es ruhig bei uns, und nun so ein bestialischer Mord. Es sind schon sieben Anrufe der Presse hier eingegangen. Mensch, was soll ich denen morgen bloß sagen?«
»Das überlasse ich dir«, erwiderte Trevisan.
»Wir müssen der Öffentlichkeit bald eine positive Nachricht servieren, sonst fallen die Journalisten wie eine Meute Hyänen über uns her.«
Trevisan verzog das Gesicht. Er war froh, als sich Beck verabschiedete. Als er die fragenden Mienen seiner Kollegen sah, zuckte er nur mit den Schultern.
Es war kurz vor fünf und draußen ließ der Regen nach.
*
Der Kapitän der Hansa Ekklund blickte ratlos durch sein Fernglas. »Der Kutter treibt ganz nahe an der Fahrrinne. Gib mir mal die Karte«, sagte er und setzte das Fernglas ab.
Björndahl reichte dem Kapitän die Seekarte und blickte ihn verwundert an. Was hatte der Alte vor?
Die Karten zeigten nichts Gutes. Im Roten Sand gab es Stellen mit weniger als fünf Metern Wassertiefe. Die Hansa Ekklund hatte im beladenen Zustand einen Tiefgang von fast zehn Metern. Die Strömungsverhältnisse waren außerordentlich schwierig. Wenn der Kutter in die Fahrrinne trieb, waren die nachfolgenden Schiffe in ernsthafter Gefahr. Erneut hob der Kapitän das Glas an die Augen. Ein roter Eimer hing am Vormast des Kutters und tat allen kund, dass dieser Trawler beim Fischen war. Netze jedoch erkannte er nicht. Zumindest nicht auf der Steuerbordseite.
»Versuchen Sie noch ein letztes Mal mit dem Kutter Kontakt aufzunehmen«, befahl der Kapitän seinem Funker. Der Mann nickte und schraubte an der Frequenzwählscheibe seines Funkgerätes. Langsam und bedächtig sprach er in das kleine Mikrophon. Keine Antwort, nur das Rauschen und Knistern atmosphärischer Störungen war zu hören. Björndahl schluckte. Die Geräusche hatten etwas Gespenstisches.
Noch immer beobachtete der Kapitän angespannt den Kutter, doch keine Bewegung war an Bord zu erkennen. Nur das Auf und Ab der Wellen hauchte dem Schiff noch etwas Leben ein.
Der Funker gab seine Versuche auf. Der Kapitän quittierte seine Meldung mit einem kurzen Nicken.
»Rufen Sie die Küstenwache«, entschied er nach einer Weile des Schweigens. »Da stimmt etwas nicht.«
Der Funker befolgte die Anweisung und gab den Vorfall an den Seenotrettungsdienst in Harlesiel weiter. Mit ihren wendigen Schnellbooten war es kein Problem, die Untiefen der Sandbank anzufahren. Die Hansa Ekklund setzte ihre Fahrt fort. Der Kapitän hatte getan, was er in dieser Situation tun konnte.
*
Gegen sieben betrat Kleinschmidt das Konferenzzimmer, in dem Trevisan und seine Kollegen noch immer am Tisch saßen und angestrengt nach Ermittlungsansätzen suchten. Er ließ sich mit einem Seufzer in einen Stuhl fallen und warf Trevisan einen dankbaren Blick zu, als dieser eine dampfende Tasse Kaffee vor ihm auf den Tisch stellte. Kleinschmidts Pfeife rauchte und ein süßlicher Geruch mischte sich unter den Duft des frischen Kaffees.
»Ich weiß, es ist noch zu früh, aber hast du schon etwas herausgefunden?«, fragte Trevisan.
»Ich habe den Film aus Gablers Kamera entwickelt«, entgegnete Kleinschmidt trocken.
Trevisan und die anderen schauten ihn gespannt an. »Und?«
»Insgesamt wurden vierzehn Bilder belichtet. Die ersten beiden sind schwarz. Elf Bilder zeigen Vögel …«
»Vögel?«, bemerkte Monika Sander erstaunt.
»Ja, Vögel. Brütende, fliegende, kreischende und herumsitzende Vögel«, bestätigte Kleinschmidt. »Wenn ihr mich fragt, dann war Gabler so eine Art Vogelkundler. Außerdem war er ein absoluter Profi. Hundertprozentiger Bildmittelpunkt, große Tiefenschärfe. Eben die Bilder eines
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