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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefne
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Geschäftgebäude zuging, war es halb elf.
    Der jungen, freundlichen Frau an der Pforte nannte er seinen Namen. Sie blickte ihn fragend an. Trevisan erklärte ihr, weswegen er gekommen war. Es dauerte noch einige Minuten, ehe die zuständige Dame der Abteilung Seefahrt endlich erschien.
    »Sie sind Herr Trevisan von der Polizei?«, fragte sie mit nasaler Stimme. Trevisan zeigte ihr seinen Dienstausweis. Sie forderte ihn auf, ihr zu folgen. Gemeinsam fuhren sie mit dem Fahrstuhl in den sechzehnten Stock.
    »Ihre Kollegin hat mir schon einiges erklärt, aber ich verstehe noch immer nicht genau, um was es geht.«
    Trevisan erklärte ihr detailliert den Grund seines Besuches. Ihre Augen wurden immer größer.
    »Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann«, antwortete sie schließlich beflissen. Sie führte Trevisan in ihr Büro und bat ihn, sich zu setzen. Sie nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz und widmete sich dem Computer.
    »Haben Sie zufällig die Policenummer? Das würde einiges erleichtern«, sagte sie nach einer Weile.
    Trevisan zückte seinen Notizblock und las langsam die Nummer vor.
    Eifrig flogen ihre Finger über die Tasten. Es dauerte einen Moment, ehe sich ein Eintrag auf dem Bildschirm zeigte. Sie lehnte sich zurück. »Stimmt, wir haben hier eine Unfallmeldung eingetragen. Sie ist auf den 21. Mai 1987 datiert. Es geht um einen Unfall auf See mit Todesfolge. Es gab aber keine Forderungen, nur die Meldung des Schiffeigners Hansen. Sie haben Glück. Da haben wir sogar noch etwas in den Akten.«
    Trevisan pochte ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte. Die Spannung war schier unerträglich. »Können Sie mir die Akte überlassen?«, fragte er voller Erwartung.
    »Das ist leider nicht möglich, Datenschutz, Sie verstehen?«, antwortete sie.
    Trevisan war wie vom Donner gerührt.
    »Ich kann Ihnen aber aufgrund eines Gerichtsbeschlusses und nach Genehmigung unserer Rechtsabteilung eine Kopie zukommen lassen«, fuhr sie schließlich fort.
    »Wie lange würde das dauern?«
    »Ein, zwei Wochen. Vielleicht auch etwas länger.«
    Trevisan atmete tief ein. »Hören Sie«, sagte er schließlich gefasst. »Ein Mörder läuft noch immer frei herum. Er hat mittlerweile sechs Menschen umgebracht. Er wird wieder töten. Bald schon. Unsere Ermittlungen haben ergeben, dass die Morde mit diesem Unfall zusammenhängen. Sie haben einen wesentlichen Teil zur Lösung des Falles und vielleicht sogar den Schlüssel zum Täter in Ihren Akten. Wollen Sie wirklich am Tod eines weiteren Menschen schuld sein, nur weil Sie glauben, einen bürokratischen Weg einhalten zu müssen? Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
    Die Frau blickte Trevisan unsicher an. Er sah, wie es in ihrem Hirn arbeitete.
    »Ich muss zumindest meinen Chef … Datenschutz, Sie verstehen?«
    »Wenn ich jetzt einen Staatsanwalt anrufe, dann habe ich innerhalb der nächsten fünf Minuten einen Beschluss, der mir erlaubt, ihre ganze Registratur auf den Kopf zu stellen. Wenn es Ihnen hilft …«
    Sie schüttelte den Kopf. Unsicher fuhr sie sich mit den Händen übers Gesicht. Dann richtete sie sich auf. »Folgen Sie mir«, sagte sie leise.
    Gemeinsam fuhren sie mit dem Aufzug ins dritte Stockwerk hinunter. Sie führte Trevisan in einen großen, klimatisierten Raum. Ein Luftbefeuchter summte laut. Berge von Akten stapelten sich in den Regalen.
    »Warten Sie hier«, wies sie Trevisan an.
    Trevisan setzte sich auf einen Stuhl neben dem Eingang. Sie verschwand hinter den Regalwänden. Es kam ihm vor wie eine halbe Ewigkeit, als sie nach einer Viertelstunde endlich wieder auftauchte und einen grauen Aktenordner in den Händen hielt. Trevisan wollte danach greifen, doch sie zog ihre Hände zurück.
    »Ich werde die betreffenden Blätter kopieren«, sagte sie.
    Es verging eine weitere Viertelstunde, ehe sie zurückkehrte. Die Kopien steckten in einem braunen Kuvert. Trevisan riss ihr die Papiere aus der Hand. Neugierig holte er die Blätter hervor und überflog die Seiten. Anhörungen, Gutachten, polizeiliche Vernehmungen. Es war alles vorhanden. Trevisan atmete auf.
    »Sie haben heute wahrscheinlich einem Menschen das Leben gerettet«, sagte er, als er sich von Frau Haid verabschiedete.
    Noch immer lag eine Spur Skepsis in ihrem Blick.
    *
    Als die Polizeistreife auf den kleinen Parkplatz unweit der Schule in Wittmund einbog, blickten die Beamten gleichgültig aus den Seitenfenstern. Es war ein Routineauftrag. Jemand hatte offensichtlich seinen Unrat entsorgt. Ein besorgter

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