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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefne
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Sven Sörensen nach dem Unfall hatte ertragen müssen. Die Symbole seiner Schuld hatten ihn ständig umgeben. Egal, wohin er sich wandte, egal, was er tat. Er hatte keine Chance. Es gab für ihn keine Zukunft mehr. Trevisan erinnerte sich an ein Gedicht, das er einmal gelesen hatte. Eine Zeile darin hieß: Kindheit ist Erinnerung und Zukunft. Doch Sörensens Erinnerung und Gegenwart war der Tod. Und aus nichts anderem bestand seine Zukunft. Kindheit ist Erinnerung und Zukunft.
    Trevisan wandte sich ab. Er ging ein paar Schritte. Die Polizeichefin saß auf einer Mauer. Ihr Gesicht war blass. Sie rauchte eine Zigarette. Trevisan war überrascht. Er hatte sie noch nie rauchen sehen. Auch die Gesichter der anderen wirkten wie versteinert.
    Anke Schulte-Westerbeck blickte zu Trevisan auf. »Glauben Sie, er hat das getan?«
    Trevisan nickte. Leichter Nieselregen fiel vom Himmel, doch es störte ihn nicht.
    *
    Den Tag über blieb der Tatort abgesperrt. Als Trevisan zum Haus der Sörensens zurückkehrte, war er tropfnass. Die Kollegen aus Norden hatten unterdessen den Postboten ausfindig gemacht und befragt. Er hatte schon seit über zwei Wochen keine Post mehr für Frau Sörensen ausgeliefert. Da an der Haustür nur ein einfacher Einwurfschlitz vorhanden war, konnte niemand von außen erkennen, dass sich auf dem Boden im Gang Briefe und Prospekte bereits stapelten. Der älteste Brief trug den Datumsstempel vom 11. Mai, heute war der 9. Juli. Auch einer der Prospekte stammte aus der zweiten Maiwoche. Sven Sörensens Mutter musste zu dem Zeitpunkt schon längst tot gewesen sein. Der Postbote erinnerte sich, dass er am letzten Aprilwochenende noch mit ihr gesprochen hatte. Einen jungen Mann hatte er aber nicht bemerkt. Auch in der Nachbarschaft konnte niemand sagen, ob Frau Sörensen zu diesem Zeitpunkt Besuch gehabt hatte.
    Der Tod musste also zwischen dem 30. April und dem 12. Mai eingetreten sein.
    Trevisan kam immer mehr zu der Überzeugung, dass der Tod der Mutter zu Sörensens großem Plan gehörte. Doch noch war es reine Spekulation. Nähere Einzelheiten würden die Untersuchungen erbringen. Bislang war noch nicht einmal gesichert, ob die Frau überhaupt ermordet worden war.
    Trevisan stand vor der Haustür. Der Regen hatte aufgehört. Als zwei dunkel gekleidete Männer den Zinksarg aus dem Haus trugen, schluckte er. Trevisan spürte einen schalen Geschmack im Mund.
    »Wie machen wir nur weiter?« Monika schaute zu, wie die beiden Männer den Sarg in den schwarzen Leichenwagen luden.
    »Was bleibt uns übrig?«, fragte Trevisan. »Intensive Fahndung. Überprüfungen von leer stehenden Gebäuden. Alles wie gehabt. Eine andere Chance sehe ich noch nicht.«
    *
    Als Trevisan am Montag um acht das Kommissariat betrat, wartete Anke Schulte-Westerbeck bereits auf ihn. Sie bat ihn in ihr Büro. Am gestrigen Sonntag hatten Alex Uhlenbruch und Tina Harloff die Suchaktion geleitet. Zusammen mit zwanzig Beamten war die Gegend südlich von Sophiensiel durchsucht worden – erfolglos. Als sie auf ein altes bäuerliches Anwesen gestoßen waren, war etwas Hoffnung aufgekeimt. Spuren deuteten darauf hin, dass sich hier vor kurzem jemand aufgehalten hatte. Doch ihre Hoffnungen waren vergebens. Ein harmloser Landstreicher hatte dort Unterschlupf vor dem Regen gesucht. Gegen sieben Uhr abends hatten sie ihre Suche abgebrochen.
    Till Schreier und Monika Sander übernahmen die heutige Einsatzleitung.
    Trevisan wusste, dass die Fahndung der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen glich, aber etwas anderes konnte er nicht tun. Trotz der Fahndungsfotos, trotz der Großfahndung der Polizei: Es gab keinerlei Hinweise auf den Wangerland-Mörder. Er schien wie vom Erdboden verschluckt.
    Vorgestern hatte Monika den Verdacht geäußert, dass er einen Helfer haben könnte, doch daran wollte Trevisan nicht glauben. Sörensen war ein Einzelgänger.
    Anke Schulte-Westerbeck bot Trevisan Platz an. Er setzte sich und wartete gespannt, was seine Vorgesetzte zu sagen hatte.
    »Herr Trevisan«, begann sie. »Ich habe schlechte Nachrichten. Die Suchaktion stößt zunehmend auf Ablehnung. Sie erfordert viel Zeit und sehr viel Geld. Die Bezirksregierung hat uns noch drei Tage eingeräumt. Ich habe auf die Brisanz dieses Falles hingewiesen, doch der Chef ließ sich nicht erweichen. Das Geld, Sie verstehen?«
    Trevisan verstand.
    »Glauben Sie denn überhaupt noch daran, dass er sich noch hier in der Gegend herumtreibt?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Ich bin davon

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