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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefne
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kleinen Augen von Doktor Lohhof flogen wild umher. Trevisan fiel ein, warum Lohhof ihm bekannt vorkam. Er erinnerte ihn an das Poster von Albert Einstein in Paulas Zimmer.
    Der Doktor nahm Platz und musterte Trevisan neugierig. »Es muss wohl wichtig sein, wenn Sie sich den weiten Weg machen?«, sagte er mit krächzender Stimme.
    »Das kann man wohl sagen«, erwiderte Trevisan. »Wir würden uns gerne ein Bild ihres ehemaligen Patienten Sven Sörensen machen. Sie erinnern sich doch noch an ihn?«
    Doktor Lohhof warf seinem Vorgesetzten einen fragenden Blick zu. Fast unmerklich nickte Doktor Dremel.
    »Natürlich erinnere ich mich an Sörensen«, antwortete der Psychiater. »Es war ein schwerer Fall. Er hatte seinen Vater auf grausame Art und Weise umgebracht. Wir haben zwar mehrere solcher Patienten hier bei uns, aber er war ein ganz spezieller Fall.«
    »In welcher Hinsicht?«, mischte sich Margot Martinson ein.
    »Nun, anfänglich nahm er eine ablehnende Haltung gegen jeden und alles ein. Er war verschlossen, lebte in seiner eigenen Welt und reagierte äußerst aggressiv auf unsere Annäherungsversuche. Es war kein leichter Umgang mit ihm. Doktor Terberge und ich waren uns einig, dass er nicht therapierbar war. Er hatte sich in eine Scheinwelt verrannt, redete mit imaginären Personen und schrie in der Nacht von Albdruck geplagt die ganze Station zusammen. Wir mussten ihn ständig ruhig stellen. Oft blieb es auch nicht aus, ihn zu fixieren und in einen speziellen Sicherheitsraum zu verlegen. Die ersten Jahre waren schlimm. Wir fanden überhaupt keinen Zugang. Erst im vierten Jahr gelangen uns erste Erfolge.«
    Trevisan nahm einen Notizblock aus seiner Jackentasche und machte sich Notizen. Doktor Dremel musterte Trevisan argwöhnisch.
    »Welcher Art waren diese Fortschritte?«, fragte Margot Martinson.
    »Nun, es gab erste Gespräche. Erste Anzeichen für das Ende seiner Teilnahmslosigkeit. Wir konnten ihn ein Stück weit in die reale Welt zurückholen. Besonders Doktor Mainhardt hat sich große Verdienste in dieser Angelegenheit erworben. Sie beschäftigte sich viel mit ihm. Natürlich waren diese ersten Gespräche nur von kurzer Dauer. Minuten, nicht viel mehr, doch mit der Zeit verbesserte sich die Situation.«
    Trevisan horchte auf. »Können Sie sich diesen Umschwung erklären?«
    Wieder warf der Arzt seinem Chef einen fragenden Blick zu. Fast so, als ob er nicht wüsste, ob er darauf antworten sollte.
    »Es ist doch außergewöhnlich, oder?«, fasste Trevisan nach.
    »Ich denke, es hing damit zusammen, dass meine Kollegin, Frau Mainhardt, sich Zeit für ihn nahm«, entgegnete Lohhof. »Außerdem hatte Frau Doktor Mainhardt sehr viel Ähnlichkeit mit Sörensens Mutter. Dies mag wohl auch ein Grund dafür gewesen sein.«
    »Wie ging die Geschichte weiter?«, fragte Trevisan interessiert.
    »Es entwickelte sich. Nach viereinhalb Jahren konnten wir ihn auf die offene Abteilung verlegen. Mein Kollege Doktor Simon übernahm die weitere Therapie. Aber wir redeten oft miteinander über den Fall Sörensen. Es gelingt nur selten, hoffnungslose und aufgegebene Fälle erfolgreich ins Leben zurückzuführen.«
    »Kann es sein, dass Sörensen nur Theater spielte?«
    Trevisan traf ein strafender Blick des Arztes. »Niemals. Seine Störungen saßen so tief, dass er dazu nicht in der Lage gewesen wäre.«
    Doktor Dremel räusperte sich. »Herr Trevisan, Sie haben wohl sehr wenig Erfahrung auf diesem Gebiet. Eine solche Handlungsweise ist bei unseren schwer erkrankten Patienten schlichtweg unmöglich.« Der schulmeisterhafte Unterton in der Stimme des Chefarztes missfiel Trevisan. Er war froh, als Margot wieder die Initiative übernahm.
    »Sein Krankheitsbild wurde mit einem posttraumatischen Schuldkomplex überschrieben«, fragte Margot Martinson. »Daraus resultierten die weiteren Symptome. Wussten Sie, welche Geschichte dem Vatermord vorausging?«
    Doktor Lohhof nickte. »Er führte anscheinend ein ganz normales Leben, bis es zu einem schrecklichen Unfall kam, bei dem er seine Geschwister verlor. Ich erinnere mich noch, dass ich damals ein Gespräch mit Sörensens Mutter führte. Es steckte so viel Feindseligkeit und Hass gegenüber ihrem Sohn in dieser Frau, dass wir es für besser hielten, sie bei der Therapie außen vor zu lassen. Ihre Ansichten hätten die Situation nur noch verschlimmert.«
    Trevisan hatte neuen Mut gefasst. »Hat er jemals versucht, sich das Leben zu nehmen?«, fragte er. Diesmal schwieg Doktor

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