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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefne
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seine Aufnahmen zu kommen. Gablers Verleger hatte bestätigt, dass der Ermordete tatsächlich an einem neuen Bildband über seltene Seevögel gearbeitet hatte. Wartete der Tod bereits in den Dünen auf ihn, als er sich auf den Weg zu den Brutplätzen des Austernfischers machte? Wer konnte davon wissen?
    Und noch etwas ging Trevisan nicht aus dem Sinn – die letzte Aufnahme aus Gablers Fotoapparat. Wie konnte ein Perfektionist wie Gabler so ein stümperhaftes Foto machen? Irgendetwas hatte das Bild mit seinem Tod zu tun. Zeigte es den Mörder? Hatte er zugeschlagen, als Gabler den Auslöser betätigte? Trevisan seufzte. Er hatte nichts außer Vermutungen.
    Ein hässliches Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Doktor Mühlbauer sägte Gablers Brustbein auf.
    »Die inneren Organe weisen eine normale Entwicklung auf. Keine. Auffälligkeiten im abdominalen Bereich«, diktierte Mühlbauer in das Mikrophon, das über dem Seziertisch hing.
    Rudolf Gabler wurde regelrecht ausgebeint. Jedes seiner Organe wurde akribisch untersucht.
    Trevisan erhob sich und trat widerwillig näher.
    Der Geruch, der sich langsam im Raum ausbreitete, wurde von Minute zu Minute unerträglicher. Trevisan hatte in seinem Leben schon unzähligen Leichen ins Gesicht blicken müssen. Obduktionen gab es mindestens zwanzig bis dreißig im Jahr und als Leiter des 1. Fachkommissariats blieb es ihm oft nicht erspart, persönlich daran teilzunehmen. Doch an den süßlichen Geruch des Todes würde er sich wohl nie gewöhnen.
    Doktor Mühlbauer legte die blutverschmierte Säge auf den Beistelltisch. Trevisan schwankte und zog sich auf den Stuhl zurück. Heute war wohl nicht sein bester Tag.
    Kurze Zeit später wusch sich der Doktor die Hände im Waschbecken. Schmunzelnd kam er auf Trevisan zu. »Jetzt wollen Sie so schnell wie möglich wissen, was mir der Tote ins Ohr geflüstert hat.«
    »Ich bin ehrlich gesagt für jede Information dankbar, die mich weiter bringt«, entgegnete Trevisan sachlich.
    »Also gut, ich will es kurz machen. Die Liegezeit der Leiche mag etwa zweieinhalb Tage betragen haben. Der Tod trat demnach am vergangenen Freitag ein, wohl so um Mitternacht. Zwei oder drei Stunden hin oder her. Genauer geht das erst nach der Gewebeanalyse. Die Halsschlagader wurde mit einer scharfen Klinge glatt durchtrennt. Um welche Waffe es sich dabei handelte, das vermag ich nicht zu sagen. Sie muss scharf wie ein Skalpell gewesen sein. Außer dieser Verletzung und den Fraßstellen der Vögel gibt es nur noch eine kleine Gewebeeinblutung an der rechten Hand. Die muss ich erst noch mikroskopisch näher untersuchen.«
    »Bis wann habe ich den Obduktionsbefund auf meinem Schreibtisch?«
    »Ich denke, bis Mittwoch.«
    Trevisan verabschiedete sich und verließ den Sektionsraum. Der Geruch war mittlerweile unerträglich geworden. Er spürte einen unangenehmen Druck in der Magengegend.
    Als er das Gebäude verlassen hatte, schnappte er wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft.
    *
    »Hast du schon etwas Wichtiges erfahren?«, fragte Monika Sander sofort.
    Trevisan schüttelte den Kopf. Er fühlte sich immer noch nicht ganz wohl. »Nur die Todeszeit wurde bestätigt. Mehr nicht.«
    Monika bewegte den Wagen zügig durch den Wilhelmshavener Berufsverkehr. Kurz vor der Kunsthalle klingelte ihr Handy. Ihr Ehemann teilte mit, dass die kleine Dana mit 39° Fieber im Bett lag. Monika sollte aus der Apotheke Zäpfchen mitbringen, wenn sie nach Hause käme.
    Als sie in der Dienststelle ankamen, wurden sie schon von Dietmar Petermann ungeduldig erwartet.
    »Wir haben etwas herausgefunden, das uns weiterbringen könnte.« Er schlug den Ordner auf, den er in den Händen hielt. »Gabler arbeitete im Schulamtsbezirk Wilhelmshaven als Grundschullehrer. 1979 ließ er sich auf eigenen Wunsch nach Schortens versetzen. Seine Frau arbeitete ebenfalls dort an der Grundschule. 1989 wurde er erneut versetzt. Diesmal an die Hauptschule nach Aurich. 1992 starb seine Frau im Alter von zweiundfünfzig Jahren. Zwei Jahre später wurde er pensioniert. 1993 lief ein Verfahren wegen sexueller Nötigung gegen ihn. Eine dreizehnjährige Schülerin hat ihn angezeigt.«
    Trevisan griff blitzschnell nach der Akte.
    »Was wurde aus der Sache?«, fragte Monika Sander.
    Dietermann strich sich über seine akkurat sitzende Frisur und räusperte sich. »Das Verfahren war bei der Staatsanwaltschaft in Aurich anhängig, aber es wurde eingestellt. Die Schülerin erwies sich nicht als besonders glaubwürdig

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