Der Tod kommt in schwarz-lila
richtig haltet. Ich bin auch nicht gerade erfreut, hier Stunden vor dem Computer zu verbringen und in den ollen Kamellen zu stöbern«, klagte Monika.
»Carpe diem«, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich sagen.
Erschrocken fuhr sie herum und blickte in das lächelnde Gesicht von Martin Trevisan.
»Dietmar und Alex wollen zurückkommen«, sagte sie und hielt ihm den Hörer hin.
»Wenn sie der Meinung sind, ihre Aufgabe erledigt zu haben, dann sollen sie ruhig kommen«, antwortete Trevisan und zog sich einen Stuhl heran.
Monika wiederholte seine Worte am Telefon. Einen kurzen Moment später legte sie auf.
»Ihr haltet mich wohl für einen Despoten«, scherzte er.
»Es ist nicht leicht, auf die Familie und auf das Wochenende zu verzichten, um einem Gespenst hinterherzujagen«, antwortete Monika und widmete sich wieder dem Monitor.
»Ich weiß, aber es gibt Dinge, die müssen einfach erledigt werden«, sagte Trevisan.
Monika nickte.
»Habt ihr schon etwas?«, fragte er.
»Nichts außer Kopfschmerzen von diesem Flimmerkasten.« Die Missbilligung in ihrer Stimme war deutlich zu hören.
Er verstand ihren Unmut. »Du bist sauer auf mich«, sagte er.
»Sauer, wieso? Ich mache nur meine Arbeit!«
»Monika, sag mir …«
»Was willst du? Wir werden ihn so nicht kriegen. Es passiert, was passiert. Das ist eben Schicksal und weder du noch ich, noch wir alle zusammen können ihn aufhalten.«
»Aber wir sollten es zumindest versuchen, meinst du nicht auch?«, antwortete Trevisan ruhig.
»Und wenn wir nichts finden? Wenn der Kerl die Harpune einfach gekauft hat?«
»Dann wird es schwierig werden. Ich war vorgestern im Internet und habe einfach mal das Wort Harpune in das Suchprogramm eingegeben. Es kamen über 60000 Einträge zum Vorschein. Online-Versandhandel, Sportgeschäfte, Tauchschulen, überall kann man die Dinger herbekommen, ohne auch nur den Fuß vor die Haustür setzen zu müssen. Deswegen glaube ich nicht, dass eine Überprüfung unserer Geschäfte hier im Umkreis Sinn macht. Ich erhoffe mir ehrlich gesagt von den Überprüfungen der Polizeiakten mehr. Was aber nicht heißt, dass wir, wenn du nichts finden solltest, nicht auch diese Möglichkeit in Betracht ziehen müssen.«
»Ich weiß nicht. Es erscheint mir manchmal alles so sinnlos«, sagte Monika.
»Übrigens, ich habe gestern mit Hansens Tochter gesprochen«, erwiderte Trevisan.
Monika Sander blickte ihn mit großen Augen an. »Er hatte eine Tochter?«
»Eine uneheliche. Ein kleiner Seitensprung.«
»Eine Tochter? Das ist ja …?«
»Siehst du, ein bisschen Stöbern schadet nicht«, entgegnete Trevisan und ging hinaus.
Noch bevor er an der Treppe angelangt war, kam Monika Sander hinter ihm her. Sie rannte auf ihn zu und wedelte mit einem Blatt in ihrer Hand.
»Eine Harpune … am Donnerstag, den 13. April … in Aurich«, stammelte sie außer Atem. Sie reichte ihm das Blatt.
Trevisan überflog es. Tatort war ein Tauchsportgeschäft mit dem Namen Nautica mitten in der Auricher Fußgängerzone. Trevisan las laut vor: »Gestohlen wurde eine Harpune mit Vollglasfaserpfeil. Die Spitze ist aus gehärtetem Stahl.« Unter der Rubrik Nähere Sachbeschreibung wurde die Farbe mit Hellblau/Rot angegeben. »Das ist es!«, sagte er.
Monika grinste ihn an. »Carpe diem«, wiederholte er.
»Verzeih mir, ich hatte etwas Ärger zu Hause«, antwortete sie und warf ihm einen entschuldigenden Blick zu.
*
Er weinte. Der Sturm peitschte gegen die Mauern der zerfallenen Villa und das Holz ächzte unter dem Druck des Windes.
»Vater, hilf mir!«, rief er gegen den Wind, doch eine Antwort blieb aus. Er zitterte. Draußen fiel etwas polternd gegen die Hauswand. Er zuckte zusammen. Dann griff er in seine Tasche. Er holte das rosa Haarband hervor und drückte es fest an sich. Um ihn herum versank alles in grenzenlose Gleichgültigkeit. Er schloss die Augen und wartete, bis ihn das kleine blaue Gesicht zu sich holte.
13
Trevisan parkte seinen Wagen in der Bahnhofstraße in Wilhelmshaven. Das Tauchsportgeschäft befand sich auf der gegenüberliegenden Seite. Es herrschte dichter Verkehr und Trevisan musste lange warten, bis er endlich die Straße überqueren konnte.
Nur wenige Kunden stöberten in den Regalen. Er blickte sich suchend um. In einer Ecke entdeckte er, wonach er gesucht hatte. Taucheranzüge in Hülle und Fülle. Bunte Farben bestimmten den diesjährigen Trend. Leuchtendes Gelb, Orange, helles Blau. Es roch streng nach
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